So ihr Lieben. Ich würde jetzt einfach meine ersten Eindrücke runterschreiben, ohne vorher eure Kommentare gelesen zu haben, damit ich ungefiltert meine Gedanken erst einmal loswerde. Mit der Gefahr, dass sich vielleicht einige Eindrücke mit dem schon von euch Geschriebenen doppeln. Ist das hier im Forum okay?
Zunächst: Wie konnte ich von dieser Autorin bisher noch kein Buch gelesen haben? Ich finde ihren Schreibstil klasse. Sowohl die flüssige Art als auch der Aufbau des Inhalts gefällt mir sehr. Der Spannungsaufbau durch Andeutungen in 2016 mit Blick auf die Vergangenheit, sodass man das Buch am liebsten sofort ganz einsaugen möchte, um alle Zusammenhänge greifen zu können. Toll! Auch wird die Frage ganz stark in mir, wer denn in den Texten immer mal wieder direkt angesprochen wird. Da taucht ja hier und da mal ein "Du" auf. z.B. S. 39: "Dich habe ich nicht absichtlich belogen."...
Genauso gut finde ich, wie Oksanen politische und gesellschaftliche Themen in den Plot einbaut. Die Erwähnung der Grubenunglücke, der Urkrainekrieg, dass "die Separatisten" eben auch nicht schwarz/weiß darzustellen sind, sondern eher aus eigenen Nöten heraus dazu geworden sind. Das wirkt nicht belehrend, sondern schmiegt sich gekonnt in den Plot ein.
Inhaltlich ist es natürlich unvorstellbar, wie diese Industrie der Eizell-Spende aufgebaut ist. Wie die Korruptheit der Länder dem in die Hände spielt. Und wie auch jeder jeden belügt (siehe Ärzte, die für das zwielichtige Unternehmen arbeiten aber selbst ihre Approbation gekauft haben und die Agentur darüber belogen haben). Das staatliche Funktionieren mit gekauften Demonstrationsteilnehmern usw. usf. Hier scheint es keine ehrlichen Parteien (im Sinne von Personengruppen, nicht allein politische Parteien) zu geben. Nur die Mädchen sind "unschuldig" (wie stark auch immer) bevor sie zu Brutmaschinen oder Eierproduzentinnen werden.
Exkurs:
Übrigens beschreibt Deborah Feldman entweder in "Unorthodox" oder "Überbitten" ganz genau, wie die Eier angereichert werden und wie es dabei den Spenderinnen geht. Sie hat das nach der Flucht aus ihrer Religionsgemeinschaft selbst machen müssen, um ihren Sohn und sich durchzubringen. Nach dem (oder sie brauch diesen sogar schon an, weiß ich nicht mehr) erstem Durchgang hat sie dies aufgrund der schweren Komplikationen jedoch (zum Glück) nie mehr gemacht. Die Eierstöcke schwellen dabei wohl auf eine Größe von Orangen (ja, Apfelsinen!) an, weil so viele Eizellen angereichert werden. Das muss wirklich Quälerei sein und ist natürlich in keinster Weise mit der Samenspende eines Mannes vergleichbar.
Ich bin also hellauf begeistert zu Beginn. Nur finde ich (zumindest bisher) das Glossar obsolet. Die russischen Begrifflichkeiten erklären sich vollkommen aus dem Zusammenhang und hätten in vielen anderen Roman kein extra Glossar bekommen. Braucht es meines Erachtens nicht.
Und zuletzt mit Bezug auf meinen Beitrag in der Vorstellungsrunde: Zumindest am Anfang kam ein Hund vor... immerhin. Und dann auch noch ein untypischer Zwergschnauzer.