1. Leseabschnitt: Beginn bis Seite 97 (Teil I.)

Literaturhexle

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Diesbezüglich ist, was Putin betrifft, ja auch Einiges bekannt.
Da zwingt sich ein Zitat aus dem Poschenrieder Roman auf: "Jeder ist alles, und aus jedem kann alles werden."
Auch Hitler war mal ein unschuldiges Baby...
Allerdings entschuldigen die schwierigen Umstände auch nicht alles. Irgendwann muss man Verantwortung für seine Taten selbst übernehmen.
 

Christian1977

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Ich habe es doch gar nicht böse oder angriffslustig gemeint. Ich wollte dir nur Mut zusprechen und an deine Geduld appellieren
Sorry, so streng wie das vielleicht klang, war es gar nicht gemeint. ;) Ich wollte damit eigentlich eher noch einmal unterstreichen, dass ich dass Buch - trotz des "Etikettenschwindels" - bisher gern lese, aber dies und das daran kritisiere.

Das mit den von mir angegebenen 20 Jahren stimmte übrigens gar nicht, das war ja die Wohnzeit von Stefan Hertmans und nicht die von Willem.
 
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RuLeka

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Aber er hat Glück. Er trifft auf gute Leute, Leute die ihm Gutes wollen. Die Frauen. Aber er hat auch Pech. Er trifft auf Leute, die Revolutionäre sind und Aufwiegler.
Der Autor hat das super hingekriegt. Wie er Willems bewegtes Leben in unter 100 Seiten darstellt, ist großartig. Trauer. Männliches Leben. Auflehnung. Trotz. Arbeit. Geltungsdrang. Politik. In Belgien ist man von dem Spannungsfeld zwischen Flamen und Franzosen nie unbetroffen. Diese Politik bestimmt das Leben der Einzelnen. Der einen mehr, der anderen weniger
Das hat der Autor sehr gut dargestellt. Die Figur des Willem wird sehr differenziert dargestellt. Mit dem Kind hat man Mitleid, der Erwachsene Mann gibt Rätsel auf. Nicht nur mir, auch seiner Frau damals. Das politische Gemengelage finde ich auch sehr interessant, über Flandern weiß ich kaum was.

Mich erinnert der Erzählstil an das andere Buch von Hertmans. Dort begibt er sich auf die Spurensuche nach seinem Großvater und erzählt von dessen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg. Auch dort sind immer wieder Photos in den Text gestreut. Das gibt dem Ganzen eine stärkere Authentizität und Chat eindeutig klar, dass es sich nicht um Fiktion handelt.
Das macht dieses Buch nicht weniger interessant, es ist aber nicht-fiktiv und sollte als solches auch verkauft werden.
Heute wird das meiste als Roman verkauft, weil es das ist, was die Leute kaufen. Erzählbände z.B. liegen wie Blei in den Buchhandlungen.
Mich stört das nicht. Der Autor nähert sich seinem Thema als literarischer Schriftsteller und nicht als reiner Biograph.
Hätte ich mich für dieses Buch interessiert und angemeldet, wenn ich gewusst hätte, dass es kein Roman ist? Ehrlich gesagt vermutlich nicht. Habe ich es bereut? Nee, auch nicht, dafür liest es sich zu gut und flüssig. Ein bisschen sauer bin ich trotzdem.
Dann ging die Rechnung doch auf. So greifen viel mehr Menschen zu dem Buch und das ist gut so.
Die Definition, was einen Roman ausmacht, ist weit gefasst.


literarische Gattung erzählender Prosa, in der [in weit ausgesponnenen Zusammenhängen] das Schicksal eines Einzelnen oder einer Gruppe von Menschen (in der Auseinandersetzung mit der Umwelt) geschildert wird

passt doch!
So nüchtern und sachlich finde ich den Stil gar nicht, das Persönliche steckt ja in den Anekdoten und Fotos. Und auch in den Situationen, in denen er sich auf die alten Wege begibt, die alten Orte besucht.
Ja genau. Der Autor berichtet keineswegs nur die Fakten. Erstens ist interessant, was er auswählt und dann, wie er es schildert.
Ich lese keine Biografien,
Schade! Warum nicht? Da gibt es sehr gut lesbare.

Nochmal zum Thema Roman oder Biografie. Colm Tóibín hielt sich in seinem Roman „ Der Zauberer“ auch genau an die Fakten. Trotzdem war es ein Roman über Thomas Mann.
kam es fast so vor, als ob der irreparable Schaden erst dadurch entstanden ist. Welch ein Glück, dass seine Mutter ein Einsehen hatte und die zweite Prozedur unterbunden hat.
Eine gruselige Szene!
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Schade! Warum nicht? Da gibt es sehr gut lesbare.
Weil mich die Personen, die dahinter stehen, nicht interessieren. Irgendwann lese ich vielleicht mal Reich-Ranicki, Heinz Rühmann oder Otfried Preußler. Wir haben in der VHS mal ein Semester Biografien (und autobiografische Romane) gelesen und das war eher abschreckend. George Sand war dabei (ein Winter auf Mallorca- gähn!) und Umberto Eco (Als ich schreiben lernte oder so ähnlich - das war so literarisch, dass einschlägige Studenten ins Schwitzen gekommen wären). Liegen habe ich noch Erich Kästners "Als ich ein kleiner Junge war". Das soll nett sein, ich hatte es mal meiner Mutter geschenkt.
Der Zauberer war das erste Positivbeispiel. Und dieses Buch hier finde ich auch nicht schlecht. Es interessiert mich eben nur nicht so sehr bis jetzt. Aber da kann das Buch nichts für.
 

RuLeka

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Erich Kästners "Als ich ein kleiner Junge war". Das soll nett sein,
Erich Kästner liebe ich. Er hatte eine sehr spezielle Beziehung zu seiner Mutter.
Oliver Hilmes schreibt tolle Biografien. Du scheinst die falschen Bücher gelesen zu haben.
Autobiografie und Biografie- beide unterscheiden sich stark.
Die von Marcel Reich- Ranicki lohnt sich sehr.
 

RuLeka

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Teile daraus waren sicher toll, aber insgesamt. Er war früh auf sich selbst gestellt, fast ohne Anleitung durch Erwachsene.
Wahrscheinlich verstand man damals was anderes unter einer schönen Kindheit. Er musste nicht Hunger leiden, nicht früh arbeiten gehen, die Eltern waren nicht brutal, im Gegenteil, die Mutter war sehr liebenswert. Er hatte ziemlich viel Freiraum, war stolz, auf seine Streiche. Ich denke, im Rückblick war das keine schlechte Kindheit, bis auf den frühen Tod der Mutter. Aber auch das war früher nicht ungewöhnlich.
 

Querleserin

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Wadern
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Nochmal zum Thema Roman oder Biografie. Colm Tóibín hielt sich in seinem Roman „ Der Zauberer“ auch genau an die Fakten.
Da musste ich auch öfters dran denken. In diese/n Roman/Biographie - wie auch immer ;), fließt jedoch auch noch die eigene Geschichte des Autors bzw. seine Beziehung zu dem Haus mit ein. Zudem schildert er, wie er überhaupt darauf gekommen ist, über Willem Verhulst zu schreiben, während "Der Zauberer" ausschließlich von Thomas Mann handelt und der Autor völlig zurücktritt.
Da ich inzwischen schon weitergelesen habe, muss ich sagen, dass mir die Geschichte sehr gut gefällt - gerade der Wechsel zwischen der eigenen Geschichte und der von Willem Verhulst und seiner Familie und der des Hauses.
 

luisa_loves-literature

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Was soll ich sagen? Ich fühle mich ein bißchen wie bei "Der große Fehler". Wieder ein biographischer Roman und dann leider über eine Person, die mich bisher gar nicht beeindrucken kann. Natürlich ist die Verankerung in der Geschichte und der Realität spannend und interessant, aber Willem Verhulst reizt mich bisher leider nicht. Das bleibt alles sehr nichtssagend, nicht besonders. Dazwischen wird ambivalent der fiktionale Raum geweitet, immer wieder etwas hinzuerfunden, an anderen Stellen darauf hingewiesen, dass man das nicht weiß - also bleibt es vage und an wieder anderen Stellen verzichtet der Autor auf die Interpretation der Handlungen ganz - fast als sei es ihm zu mühsam...Dann diese Schwemme an Leuten, die nur kurz auftauchen und dann wieder verschwinden...Hoffentlich wird das noch besser und interessanter.
Bis jetzt ist es noch nicht so richtig meins.
Ich dachte schon, ich bin hier allein!
Auch dort sind immer wieder Photos in den Text gestreut. Das gibt dem Ganzen eine stärkere Authentizität
Ja, darum geht es hier! Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob Hertmans nicht mit uns spielt. Suggeriert Authentizität und Fakten und erfindet dann doch so einiges dazu. Die Grundfrage ist ja sowieso: wie wahrhaftig ist Erinnerung (siehe Poschenrieder) und kann ich diese im Nachgang als Außenstehender überhaupt wieder herstellen?

Hinzu kommt, dass Biographien letztlich Interpretationen von Lebenswegen sind - auch da schwingt also schon ein fiktionales Element mit. Hertmans "Roman"-Betonung auf dem Cover könnte daher auch ein "Spiel" sein oder auch ein Weg, der Fehler oder falsche Auslegung verzeihbar macht.
Ja genau. Der Autor berichtet keineswegs nur die Fakten. Erstens ist interessant, was er auswählt und dann, wie er es schildert.
Genau, das sehe ich auch so.
 

Literaturhexle

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Wieder ein biographischer Roman und dann leider über eine Person, die mich bisher gar nicht beeindrucken kann. Natü
Danke! Ich kritisiere schon 3 Leseabschnitte und der Gegenwind braust mir um die Ohren (zum Glück:)). Es tut gut, nicht alleine zu sein.
Mir ist die Figur Wilhelm Verhulst nicht wichtig genug, als dass ich von ihm lesen will. Derlei Geschichten kennt man. Es ist interessant zusammengepuzzelt und gekonnt geschrieben - nur interessiert es mich nicht.

Hertmans "Roman"-Betonung auf dem Cover könnte daher auch ein "Spiel" sein oder auch ein Weg, der Fehler oder falsche Auslegung verzeihbar macht.
Ich fühle mich da ein bisschen betrogen. Hätte ich genau gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich definitiv nicht mitgelesen. Es mag formal ein Roman sein. Landläufig würde man es aber eher als Biografie bezeichnen oder mindestens als biografischen Roman...
Aber ich bin jetzt ruhig. Ich möchte denen, die das Buch mögen, die Lektüre nicht verderben;)
 

Wandablue

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Ich möchte denen, die das Buch mögen, die Lektüre nicht verderben
Verschiedene Meinungen sind doch gut!
Biografischer Roman trifft es gut.
Man muss sich nicht schlecht fühlen, wenn einem etwas nicht so gut gefällt. Es gibt keinen Gruppenzwang.
Die Kindheitsgeschichte Willems hat mich sofort eingenommen für seine Person. Wenn diese nicht gewesen wäre, wäre es mir vllt genau so gegangen.
 

luisa_loves-literature

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Es ist interessant zusammengepuzzelt und gekonnt geschrieben - nur interessiert es mich nicht.
Mich leider auch gar nicht - und bisher bin ich noch nicht einmal vom Schreibstil angetan - ich wünschte, es wäre anders ;) . Es ist einfach nichts Besonderes für mich, da kommt leider so gar nichts bei mir an. Ich habe bei den Fotos mildes Interesse - aber dann...Wenn es mehr Mientje wäre, dann vielleicht noch eher.
 

Literaturhexle

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Es ist einfach nichts Besonderes für mich, da kommt leider so gar nichts bei mir an. Ich habe bei den Fotos mildes Interesse - aber dann...Wenn es mehr Mientje wäre, dann vielleicht noch eher.
Das unterschreibe ich genau so! Heute Abend habe ich ein anderes Buch gelesen. Wie wohltuend, wenn einen das Gelesene mitnimmt und interessiert...
 

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Danke! Ich kritisiere schon 3 Leseabschnitte und der Gegenwind braust mir um die Ohren (zum Glück:)). Es tut gut, nicht alleine zu sein.
Mir ist die Figur Wilhelm Verhulst nicht wichtig genug, als dass ich von ihm lesen will. Derlei Geschichten kennt man. Es ist interessant zusammengepuzzelt und gekonnt geschrieben - nur interessiert es mich nicht.
Da sind wir doch schon zu dritt, denn mir geht es genauso. Den Namen hatte ich vorher noch nie gehört. Ist das eigentlich eine Bildungslücke? Und nein, die Geschichte von Willem fesselt mich auch nicht- jedenfalls nicht, so wie das Buch erzählt ist. Grundsätzlich interessiere ich mich zwar für diese Zeit, aber da erwarte ich dann schon eine tiefere psychologische Auseinandersetzung mit den Charakteren und der Frage, warum sie agiert haben, wie sie es taten. Das ist aber nicht das Ziel des Autors.
 

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Verschiedene Meinungen sind doch gut!
Biografischer Roman trifft es gut.
Ja, das mag sein.
Aber dann denke ich sofort an Knausgard und Burnside, die eine ganz andere "Klasse" haben, was autobiographische Erzählung betrifft. Hier handelt es sich natürlich um eine biographische Erzählung. Sie ist sehr viel distanzierter und irgendwie auf eine gewisse Art emotionslos. Das mag ich nicht so.
 

Literaturhexle

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tiefere psychologische Auseinandersetzung mit den Charakteren und der Frage, warum sie agiert haben, wie sie es taten. Das ist aber nicht das Ziel des Autors.
Eben das würde es für mich zu einem "Roman" machen. Hertmans hält sich offenbar ganz dicht an die biografischen Fakten, von dem ihm zugegebenermaßen unglaublich viele vorliegen (hier hat ja fast jeder Memoiren oder Tagebücher geschrieben!). Er unterstreicht die Authentizität mit Bildern und Fotografien. Das macht die Geschichte sehr nüchtern, erinnert mich an eine Reportage (es passierte das, dann das...). Das würde bei mir nur dann fruchten, wenn mich die Figur Willem interessieren würde. Tut sie aber nicht. Er war ein Nationalist, ein Kolloborateur, der andere von der Schreibstube aus ans Messer geliefert hat. Davon gab es Tausende. Offenbar auch in Belgien. Das nehme ich davon mit;)
 

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Eben das würde es für mich zu einem "Roman" machen. Hertmans hält sich offenbar ganz dicht an die biografischen Fakten, von dem ihm zugegebenermaßen unglaublich viele vorliegen (hier hat ja fast jeder Memoiren oder Tagebücher geschrieben!). Er unterstreicht die Authentizität mit Bildern und Fotografien. Das macht die Geschichte sehr nüchtern, erinnert mich an eine Reportage (es passierte das, dann das...). Das würde bei mir nur dann fruchten, wenn mich die Figur Willem interessieren würde. Tut sie aber nicht. Er war ein Nationalist, ein Kolloborateur, der andere von der Schreibstube aus ans Messer geliefert hat. Davon gab es Tausende. Offenbar auch in Belgien. Das nehme ich davon mit;)
Reportage trifft es gut. "Freiwillig" lese ich so etwas eher nicht...
 
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