Dessen Frau war beretis gestorben, wenn ich mich recht erinnere, aber er war ähnlich schräg drauf wie eben jener Herr Schmidt.
Stimmt, aber er war deutlich selbständiger. Ich glaube, er konnte sogar ein bisschen kochen.
Aber ist er wirklich Deutscher oder will er nur den Schein erwecken? Er hat Barbara, offenbar einer Russin, durch strenges Üben den Akzent ausgetrieben. "Stell dir vor, ich wäre nicht so streng gewesen, was wären wir jetzt? (...) Wir wären hier Russen, Barbara.
Ich sehe das auch so, dass auch er Russlanddeutscher oder ähnliches ist, vielleicht aber aus einer Familie kommt, die schon vorher Deutsch gelernt hat. Und nun erklärt er seiner Frau die Welt und die Sprache - er weiß ja, wie es läuft. Männer sind doch für sowas prädestiniert, oder
?
Mitleid mit der Ehefrau oder selbst schuld, weil sie ihrem Walter ein solches Machoverhalten durchgehen ließ und weil manche Frauen ihre Männer regelrecht fernhalten von allen häuslichen Aufgaben, um einen eigenen Machtbereich zu haben? In diesem Fall wahrscheinlich eher Mitleid, weil Barbara sich zu Beginn ihrer Ehe nicht wehren konnte.
Woher weißt Du das? Irgendwo steht, dass sie schon immer stur war. Aber so, wie Herr Schmidt in seiner Rolle steckt und sich vermutlich darin sehr wohl fühlt, hat sie ihre Rolle, die ihr zwar nicht annähernd so gut gefällt, die sie aber so ausfüllt, wie es sich scheinbar gehört; Die Verantwortung für die Familie und den Haushalt zu haben. Dumm ist Barbara nicht, sie liest viel, hat die Sprache wohl perfekt gelernt, aber es fehlte wohl der Mut zum richtigen Widerstand. Ich sehe da durchaus eine Mitschuld bei ihr.
Aber einen Champignon erkennt doch wohl jeder?
Sie Dir da nicht so sicher
In der Kantine meines Lebensgefährten hat ein Mitarbeiter eine Mango komplett mit Schale in den Obstsalat geschnitten, vor nicht allzu langer Zeit. Und wer Champignons nur in Scheiben aus der Dose kennt, wird mit den ganzen Exemplaren wohl nicht so viel anfangen können.
Ich bin bei diesem Buch ein bisschen hin- und hergerissen. Mir geht es wie Vielen, dass ich mich über dieses Ekel Schmidt ärgere, dass zwar übertrieben dargestellt wird, aber doch nicht so fern der Realität ist. Andererseits erkenne ich aber auch gute Züge an ihm und dass seine Unfähigkeiten durchaus herangezogen wurden. Wenn man Männer immer von der Küche fern hält (und das machen verflixt viele Frauen - "mein Reich"), wie soll man sie dann dafür interessieren, wie man kocht? Wenn man immer Alles schluckt und nie widerspricht, keine anderen Auffassungen widergibt und nichts Neues in den Alltag kommen lässt - wie sollen sich dann Einstellungen ändern? Natürlich ist es schön in der Komfortzone, wo man Alles kennt und sofort richtig zu beurteilen weiß. Aber wer sich nicht daraus wegbewegt (und dem Anderen vielleicht einen Tritt dazugibt (einen kleinen
)), der wird alles Unbekannte erstmal rundweg ablehnen. Ist doch schön so!
Die Geschichte erinnert mich ein bisschen an ein Buch von Marina Lewycka:
Auch hier sind die Sympathien schnell verteilt: Alter Mann heiratet junge Ukrainerin, die sich die Brüste vergrößern lässt. Für die Töchter ist klar: Die will nur seine Kohle. Aber ganz so einfach ist es mit der Schuldzuweisung gut-böse dann doch nicht. Und so ähnlich sehe ich das hier auch. Ich bin gespannt, was da noch kommt.