Hier sind auch meine ersten Eindrücke zu diesem Buch.
Direkt bei den ersten Seiten muss ich schmunzeln. Peter und Rahel sind sicherlich über die Jahre zu einem eingespielten Team geworden. Dennoch werde ich den Eindruck nicht los, dass die Autorin das Zusammenleben des Ehepaares zu einer zu perfekten kultivierten Ehe-Idylle arrangiert hat und sich gleichzeitig über soziokulturelle Errungenschaften unserer Gesellschaft lustig macht. Es finden sich viele Klischees, die mich ständig grinsen lassen. Akademiker-Ehepaar, Altbauwohnung, es wird Wein getrunken, HightechTrecking Material für einen Urlaub in den Bergen (fußstabilisierende Socken
etc. etc. Vielleicht ist es auch einfach die Liebe zum Detail, die sich in Daniela Kriens Erzählweise finden lässt und bei mir diesen Eindruck hervorruft. Auf jeden Fall amüsiere ich mich köstlich.
Das Ehepaar ist in ihrer Ehe an einem Punkt angelangt, an dem es für die beiden nicht mehr weitergeht. Die Beiden sind gegensätzlich. Rahel gehört vermutlich zu den Frauen, die lange überleben müssen, wenn man sie nach ihrem Alter fragt - nicht aus Eitelkeit, sondern weil das Alter für sie nur eine Zahl ist. Sie scheint mit beiden Beinen im Leben zu stehen, ist aktiv und energiegeladen und erwartet noch einiges vom Leben. Wohingegen Peter derjenige ist, der sich "festgelebt" hat. Er hat einen Status erreicht, in dem es sich bequem leben lässt, Veränderungen sind irritierend und schwer zu handhaben für jemanden, der keine Energie aufbringen will, aus seiner eingelebten Komfortzone herauszukommen. Es ist doch alles gut so, wie es ist. Deshalb wird Peter mit dieser neumodischen Political Gendering Correctness völlig überfordert. Und dann noch Social Media.
Eigentlich führen die Beiden eine ganz normale Ehe. Ich kenne viele Paare, die diese Aufteilung haben. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Die meisten scheint es nicht zu stören, sondern sie akzeptieren eher die Andersartigkeit des Partners und seine Macken. Doch bei Rahel und Peter sieht die Sache anders aus. Zumindest bei Rahel macht sich Widerwillen breit. Die Szene in der Peter akribisch sein Essen auf dem Teller arrangiert war lustig. Und ich schätze, dass dieser Moment, indem einen Ehepartner solche Macken nerven, obwohl er sich vielleicht tausende Male zuvor darüber amüsiert hat, derjenige Moment ist, an dem eine Beziehung den Bach runtergeht.
Rahel und Peter können also nicht mehr miteinander, was natürlich traurig und ernst ist. Aber trotz aller Ernsthaftigkeit sorgt Daniela Krien für Situationskomik: der Sturm auf die getrennten Zimmer, nachdem Ruth weg ist; Peter, der Pferdeflüsterer, der sich wie verrückt um die Viecher kümmert, damit er sich nicht mit Rahel beschäftigen muss; das Spinnennetz im Schambereich der Skulptur; Peter, den es nicht erregt, wenn sich ihm das Wild vor die Flinte legt.