1. Leseabschnitt: Beginn bis Kapitel 5 (Seite 9 bis 87)

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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aber auch misstrauisch gegenüber der Autorin, die ja eine Zen-buddhistische Priesterin ist und uns vielleicht "nur" ihre Lehren näher bringen will.
Ja, das ist (leider) auch zwischenzeitlich mein Eindruck. Ich finde, der Roman hat ganz deutliche "Buddha"-Vibes - auch wenn ich nicht die Religionsexpertin bin. Gleich zu Beginn die Idee mit den "wohlgesonnenen" und den "wütenden" Schuhen (oder so ähnlich) hat mich da schon eingestimmt und dann kam die "Magic Cleaning" by Marie Kondo Variation.

Ich bin mir fast sicher, das wird ein Roman übers "Loslassen"...Das meine ich (zumindest) im Augenblick (noch) gar nicht negativ, ich habe ja nur bekanntermaßen eine kleine Allergie gegen spürbare Didaktik in Romanen für Erwachsene. Da gehen bei mir immer ganz sanfte Warntöne an ;)
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Ich finde den Roman bis auf die oben genannten didaktischen Einlassungen bisher interessant und vor allem von der Idee mit dem lebendigen, sprechenden Buch her sehr eigenwillig und gut gemacht. Mich hatte der Abschnitt "Am Anfang", kurz und knapp wie er ist, sehr begeistert, da war ich - genauso wie in dem Augenblick als das Buch zum ersten Mal spricht - fast schockverliebt und richtig in Stimmung für etwas Besonderes.

Für mich schwebt der Roman zwischen Magie und Märchen (ich finde gerade sprachlich hat der Roman märchenhafte Anklänge) und (genau wie bei der Didaktik) finde ich beides eher schwer verdaulich in Romanen für Erwachsene, hier ist es aber so liebevoll und fantasievoll gemacht, dass ich es nicht wirklich hinterfrage. Mir gefällt die Kreativität hinter der Buchperspektive, die leichte Wichtigtuerei und Überheblichkeit die man spürt und vom Buch (und seiner Lebenswelt) würde ich tatsächlich gerne viel mehr hören. Auch Bennys Entwürfe finde ich klasse - es erinnert mich an "Die Braut des Prinzen" (Film und Roman sehr lohnenswert ;)).

Zwischen Mutter und Sohn herrscht viel Einsamkeit und Sprachlosigkeit. Die Mutter wirkt sehr überfordert, sie ist in ihrem Schmerz und ihrer Furcht gefangen, aber sie scheint sich ja auch generell nicht unbedingt durch Tatkraft auszuzeichnen: ein bisschen weltfremd, versponnen und bis zu Kenji immer abhängig und schlecht behandelt von den falschen Männern. Und in der Beziehung mit Kenji: da frage ich mich, was sie überhaupt gemacht hat, außer Bilderbücher vorzulesen und Lieder zu singen...alles andere hat ja Kenji in die Hand genommen. Ihren Glauben/Wunsch/Bedürfnis, sich immer noch ausgiebig um ihren Sohn kümmern zu müssen, obwohl dieser sich bereits deutlich anschickt, dem Mutti-kümmert-sich-Alter zu entwachsen, kann ich tatsächlich irgendwie nachvollziehen, in dem Prozess stecke ich auch gerade ;)

Die Idee, dass meine Weihnachtsbaumkugeln schreien könnten, wenn ich sie zerdeppere, finde ich fürs Ausmisten nicht gerade hilfreich. Aber tröstlich, dass sie am nächsten Morgen mit dem Schreien aufgehört haben.

Der erste feuchte Traum gehört wohl im Entwicklungsroman dazu.
Ja, aber mir ist das viele Körperliche (Benny; angedeutet wenn Annabelle allein ist und zwischen Annabelle und Joe) trotzdem sehr aufgefallen und eigentlich passt es für mich bisher nicht so recht in die Anlage des Romans. Aber lassen wir uns überraschen.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Buddha"-Vibes - auch wenn ich nicht die Religionsexpertin bin
Ich habe wegen des Romans den Wikipedia-Eintrag zu Zen-Buddhismus gelesen und zwar nicht alles verstanden, aber immerhin, dass es sich per Definition dabei gar nicht um eine Religion handelt (anders als der Buddhismus), da die Lehre von ihren Anhänger:innen keinen Glauben fordere und keine Transzendenz kenne. Das hat mich überrascht.
 

luisa_loves-literature

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dass es sich per Definition dabei gar nicht um eine Religion handelt (anders als der Buddhismus), da die Lehre von ihren Anhänger:innen keinen Glauben fordere und keine Transzendenz kenne. Das hat mich überrascht
Das wusste ich auch nicht. Das überrascht mich auch - vor allem weil die Autorin ja „Priesterin“ ist - da war ich sofort bei Religion. Den Eintrag lese ich mir auch mal durch :)
 

Literaturhexle

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eine kleine Allergie gegen spürbare Didaktik in Romanen
Oh ja, das empfinde ich sehr ähnlich. Zum Anfang des zweiten LA kommt nochmal eine fette Zen-Didaktik, dann entspannt sich mein Juckreiz wieder;)
trotzdem sehr aufgefallen und eigentlich passt es für mich bisher nicht so recht in die Anlage des Romans.
Jaja. Ich mag es generell nicht. Deshalb halte ich mich mit Kritik zurück, sonst hält man mich hier zunehmend für ein Spießerle...
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Das Buch beweihräuchert sich ja selbst, dass es schöne Geschichten erzählen kann. Du meinst also, es hat bewusst überzogen? Wäre ich sehr einverstanden, das Blumige nagt an mir.

Ich habe es auch so verstanden, dass das Buch extra viel ausschmückt, nachdem es von Benny kritisiert wurde.

Ich bin zu pragmatisch für solchene Bücher, Himmelsbrückenmädchen, Linden Hills, jetzt dieses. Hoffentlich sind nicht alle künftigen Bücher so surreal. Wenn am Ende aufgeräumt wird, versöhne ich mich mit dem Anfang.

Hmm, aber das mit den Stimmen usw. geht doch aus dem Klappentext eindeutig hervor. Wieso hast du dich denn für diese Runde angemeldet? :p
 

milkysilvermoon

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Dieser Roman ist schon etwas anders als das, was wir hier sonst lesen. Das war für mich aber anhand des Klappentextes sehr klar. Ich bin sonst gegenüber Fantasy und derartigem recht skeptisch. Ich vertraue da aber einfach mal dem Verlag, der normalerweise ein gutes Händchen hat. Und Stimmen müssen per se nichts Surreales oder Übernatürliches sein, sondern können in eingebildeter Form für eine psychische Störung stehen, was in Bennys Fall aufgrund der Trauer kein unwahrscheinliches Szenario wäre.

Ich muss gestehen, dass der Roman bei mir einen Nerv trifft. Einerseits finde ich die Geschichte bisher wirklich bewegend. Andererseits beschäftige ich mich gerade mit dem Thema Aussortieren und Reduzieren von Krempel, weil mir unser Umzug vor Augen geführt hat, wie viel unnötiges Zeug wir besitzen. Fun Fact am Rande: Es ist ein Mango-Entkerner aufgetaucht, obwohl bei uns niemand frische Mango kauft oder gerne isst. :rofl

Ich kann mich grundsätzlich nur schwer von Dingen trennen und hoffe, dass mir der Roman vielleicht noch den einen oder anderen Stupser gibt.

In sprachlicher Hinsicht löst der Roman bei mir bis jetzt keine Begeisterungsstürme aus. Einige kluge Sätze sind mir allerdings positiv aufgefallen.
 

Lesehorizont

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Der erste Abschnitt war schnell gelesen.
Ich mag Bücher mit mehren Ebenen ja gerne, insbesondere dann wenn eine vom Buch selbst ausgeht. Sehr originell!
Man spürt die Schwere der Trauer, die Bennys Leben durcheinanderwirbelt. Seiner Mutter scheint die Kontrolle über den Alltag und damit verbundene Pflichten zu entgleiten. Das lässt Benny seinen Vater nur noch mehr vermissen.
Benny betont ja, dass es sein Buch ist, aber trotzdem denke ich, wird es immer wieder Rückblicke zu den Eltern und der Entwicklung der Beziehung / Ehe geben.
Bisher bin ich vom Erzählstil sehr angetan und ich hoffe, es bleibt auch so.
 

Lesehorizont

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Ich fürchte, ich habe für diese überspannten Personen wenig übrig ... mal sehen, ob sie mich dennoch irgendwie für sich einnehmen können.
Ich habe selbst schon im engeren Umfeld mitbekommen, dass Menschen in der Trauerphase nur noch um sich kreisten und zudem Schmerz mit Konsum versuchten zu lindern. Ich glaube, so etwas ist gar nicht selten.
Bzgl. des Ordnung haltens gebe ich Dir Recht- theoretisch. Es klingt leicht und machbar, aber die praktische Umsetzung kann für manche schwierig sein.
 

Irisblatt

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Puhh, ein seltsames Buch …. ich weiß noch nicht, ob mir das gefällt. Es liest sich locker leicht (manchmal schon etwas zu banal). Einige Szenen mochte ich gerne: z.B. die Beerdigung, die Quitscheentenszene mit Annabelle und der Müllsucherin, den Mondglobus, der wieder flackert, aber auch den Archiv-Wahnsinn (Tüten voller alter Zeitungen). Bei letzterem habe ich mich gefragt, wieso Annabelle diese Ensorgungs-/Achivierungsaufgabe einfach so hinnimmt. Es wäre doch so einfach: Sie bekommt morgens Zeitungen geliefert und die Zeitungen vom Vortag werden zurück zur Firma in den Archivraum transportiert. Aber klar, dass Annabel da nicht drauf kommt und nicht nachhakt - sie ist überfordert. Genau genommen hätte ihr Arbeitgeber aber auch darauf kommen können. Benny tut mir leid. Dass er Stimmen hört, bedrückt mich, finde ich für den Fortgang der Geschichte aber interessant. Genervt bin ich von anderen Szenen: z.B. der Beschreibung wie das Tidy Magic Book seinen Weg zu Annabelle findet - das ist mir zu gewollt. Auch die Erzählperspektive des Buches, das die Liebe zwischen Kenji und Annabelle schmalzig erzählt, fand ich anstrengend zu lesen. Obwohl ich die Idee dahinter verstehe, war mir das Rumgesülze zu viel - und vor allem fand ich es laaaangweilig. Ich versuche es positiv zu sehen: Immerhin hat das Buch für Benny (bis auf die kleineren Details, über die er sich beschwerte) alles richtig gemacht - es hat ihm gut getan.
 

Irisblatt

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Auch von Müll scheint sie magisch angezogen zu werden wie man bei den Quietscheentchen sieht. Etwas das sie im Grunde gar nicht gebraucht hätte,
Hihi, das kann ich total gut verstehen. In meiner Kindheit/Jugend gab es noch richtige Sperrmülltermine für die Gemeinden. Ich habe es geliebt in den weggeworfenen Sachen zu stöbern und jedesmal tolle Dinge ergattert. Jetzt gibt es das nicht mehr, aber ich gucke immer neugierig in die Kisten, die hier die Nachbarn zum verschenken rausstellen, auch wenn ich inzwischen nur selten etwas mitnehme.
Ich bin gespannt was Annabelle nun macht wenn sie wegen der kürzeren Arbeit nun immer weniger Geld bekommt. Wird sie einen neuen Job suchen?
Das macht mir Sorgen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich rechtzeitig um eine Alternative bemüht.
Als besonders gelungen habe ich die gesamte Beerdigungsszene empfunden - die Musik, das Laub, die Menschen dort - sehr gelungen.
Das war bisher eine meiner liebsten Szenen - richtig toll!
Ich bin noch recht misstrauisch. Misstrauisch gegenüber dem Buch, welches mit uns und mit Benny spricht (habe mir wirklich den Bleistift ans Ohr gehalten, die Augen geschlossen... nichts passiert),
Dazu habe ich momentan - wahrscheinlich durch meine erst kurze Zeit zurückliegende Lektüre von "Die Spiegelreisende" - einen guten Zugang. Dort gibt es Personen mit besonderen Fähigkeiten - einige können Dinge mit ihren Händen lesen. In dem sie einen Gegenstand anfassen, erleben sie die Empfindungen und Gedanken der Menschen nach, die den Gegenstand zuvor berührt haben - das geht zurück bis zum Herstellungsprozess. Da bin ich voll dabei - die Vorstellung, dass Gegenstände eine Art Gedächtnis haben, finde ich durchaus interessant.
aber auch misstrauisch gegenüber der Autorin, die ja eine Zen-buddhistische Priesterin ist und uns vielleicht "nur" ihre Lehren näher bringen will. Die Szene im Bastelladen mit dem Tidy-Magic-Buch lässt mich aufhorchen.
Das war mein persönlicher Tiefpunkt im Roman.
Annabells Problem mit der Ordnung kann ich nachvollziehen
Ich auch - vor allem, weil sie diese zusätzlichen Unmengen von Zeitungen noch unterbringen muss.
Die Sprache bringt mein Leser-Herz nicht gerade auf Hochtouren, ist aber auch nicht unangenehm.
Die finde ich auch nur so lala ...
So z.B. dass Geschichten rückwärts gelebtes Leben sind oder dass es schwer zu entscheiden ist „wo das Buch einer Mutter endet und das ihres Kindes beginnt“.
Das hat mir sehr gut gefallen.
Natürlich ist es keine so große Sache, einen kleinen Haushalt in Schuss zu halten, einzukaufen, zu kochen usw. Trotzdem gibt es Menschen, die damit überfordert sind.
Es funktioniert nur, wenn Dinge regelmäßig erledigt werden. Gerade das schafft Annabelle nicht - hat sie vielleicht noch nie geschafft. Kenji scheint viel Haushalt übernommen zu haben.
Benny spürt, dass er von seiner Mutter keine Hilfe erwarten kann. Er versucht allein mit den Stimmen, die ihn bedrängen, klarzukommen. Armer Kerl!
Ja, armer Kerl.
Es wird mir schwerfallen für dieses Buch Sympathie aufzubringen, aber ich gebe mir Mühe! Wenn man Stimmen hört, stimmt was nicht mit einem. Leider habe ich mehr als einen Bekannten gehabt, der/die Stimmen hörte. Das ist schwierig! Stimmen hören ordne ich deshalb sofort als psychisch krank ein. Ohne zu werten, aber normal ist es nicht. Die Mutter ist furchtbar. Annabell, ach Annabell, ... ist ist doch eine Messie. Messies finde ich noch schwieriger als Stimmen hören.
Stimmen hören ist schwierig, da gebe ich dir recht. Aber warum findest du das in einem Roman schwierig? Wir lesen doch ständig von Verhaltensweisen, Leben, die uns fremd sind. Das ist zumindest für mich das Interessante an Literatur.