1. Leseabschnitt: Beginn bis einschl. Kapitel Drei (bis Seite 63)

RuLeka

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30. Januar 2018
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Sogar die Fußballclubs sind katholisch oder protestantisch. Ist das nicht irre? Man sollte meinen, die Leute hätten genug "richtige" Probleme und sie vertrödeln ihre Zeit mit der Einteilung in christliche Glaubensrichtungen?
Oftmals hat das wenig mit der Religion zu tun, sondern mit Klassenzugehörigkeit oder politischer Einstellung.
 
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milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Auffallend ist, dass die Figuren in ihrer Sprache sprechen, es wirkt auch in der deutschen Übersetzung authentisch. „Unterschichtsprache“, die teilweise sehr derb ist.

Es war sicher nicht leicht, diesen Roman zu übersetzen.

Die Übersetzung dieses Slangs empfand ich anfangs als enorm sperrig. Es hat gebraucht, bis ich mich eingelesen habe. Dennoch macht es das Ganze authentischer und schafft eine sehr stimmige Atmosphäre.

Das habe ich in anderen Besprechungen schon gelesen. Komischerweise geht es mir gar nicht so. ich kann es gut verstehen und empfinde die Übersetzung als stimmig.

Ich habe gehört, dass der schottische Dialekt und derbe Slang-Ausdrücke im Original sehr oft auftauchen. Deshalb habe ich mich nicht an die englische Ausgabe getraut und auf die deutsche Übersetzung gewartet. Ich habe in ersten Besprechungen schon Kritik daran gelesen, wie diese Passagen übersetzt sind. Ich stelle es mir jedoch auch schwierig vor, solche Formulierungen zu übertragen. Klar, es klingt manchmal etwas komisch in der Übersetzung. Ich wüsste aber auch nicht, wie man dieses Problem anders lösen sollte. Mich stört es bisher nicht.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Gibt es in Großbritannien keine Jugendämter? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Deutschland möglich wäre, auch nicht vor 30 Jahren.
Da bin ich weit weniger optimistisch! Das Elternrecht ist tief verwurzelt. Bis sich das Jugendamt kümmert (und die Kinder in Pflegefamilien gibt), muss es schon sehr sehr schlimm sein. Hier sieht man bislang nur Verwahrlosung, aber keine Gewalt.

Es ist für die Gesellschaft/die Behörden sehr schwer, Kindern in Armut WIRKLICH zu helfen. Die Politiker überschlagen sich gerade im Wahlkampf, wer die besten Angebote hat. Würde Shuggies Familie 200 Pfund mehr bekommen im Monat....
Bekäme er dann neue Kleidung, Musikunterricht, Nachhilfe... oder würde sich Agnes erstmal ein neues Kleid kaufen und Filterzigaretten???
Am Besten hilft man Kindern in diesem Milieu durch gute Kitas, Ganztagsschulen, Schulbegleiter und Jugendsozialarbeit. Geld, das die Eltern bekommen, kommt bei den Kindern leider Gottes selten an.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Doch, gab es. Warum dies nie auffällig geworden ist weiß ich allerdings auch nicht. In diesen Vierteln ging es den meisten schlecht, da hat man sich gegenseitig nicht angeschwärzt. Wahrscheinlich wusste das Jugendamt nichts von diesen Zuständen, oder sie hatten eh genug zu tun, dass sie die Augen davor verschlossen haben. Darüber nachdenken darf man allerdings nicht
 

Barbara62

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19. März 2020
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Da bin ich weit weniger optimistisch! Das Elternrecht ist tief verwurzelt. Bis sich das Jugendamt kümmert (und die Kinder in Pflegefamilien gibt), muss es schon sehr sehr schlimm sein. Hier sieht man bislang nur Verwahrlosung, aber keine Gewalt.
Ich denke weniger daran, dass Shuggie aus der Familie hätte genommen werden müssen/können, sondern daran, dass doch ein 16-Jähriger bei uns nicht alleine leben dürfte? In der Schule müsste das zumindest auffallen.
 
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Barbara62

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19. März 2020
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Oftmals hat das wenig mit der Religion zu tun, sondern mit Klassenzugehörigkeit oder politischer Einstellung.
Aber sie sind alle gleich arm und wählen wahrscheinlich alle nicht Thatcher und ihre Konservativen. Muss man innerhalb dieser Gruppe auch noch spalten? Waren sie nicht alle in einer gemeinsamen Gewerkschaft? Zweifellos schwächt das die Gruppe.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich denke weniger daran, dass Shuggie aus der Familie hätte genommen werden müssen/können, sondern daran, dass doch ein 16-Jähriger bei uns nicht alleine leben dürfte? In der Schule müsste das zumindest auffallen.
Wird das nicht erklärt? Dass die pakistanische Vermieterin es nicht so eng sieht mit den eigentlich notwendigen Formalien? Ich bin mir da gar nicht sicher, ob so etwas in Brennpunktschulen auffällt. Dort sind sie Kummer gewöhnt und Unterschriften kann man fälschen...
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich habe nun auch die ersten Kapitel gelesen und mag das Buch bisher sehr gerne. Bis jetzt habe ich auch genau das bekommen, was ich erwartet habe.

Mir importiert, wie gut Shuggie als 16-Jähriger zurechtkommt. Klar, er muss das auch, um zu überleben. Aber er meidet Alkohol und Drogen, geht arbeiten und zur Schule, so oft es geht. Das ist per se schon nicht selbstverständlich für einen Teenager, der alleine lebt, erst recht nicht für jemanden mit einer schwierigen Kindheit.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Wird das nicht erklärt? Dass die pakistanische Vermieterin es nicht so eng sieht mit den eigentlich notwendigen Formalien? Ich bin mir da gar nicht sicher, ob so etwas in Brennpunktschulen auffällt. Dort sind sie Kummer gewöhnt und Unterschriften kann man fälschen...

Ich glaube, sie meint, dass es in der Schule nicht auffällt. Er fehlt oft, ist ärmlich gekleidet und hat eine merkwürdige Adresse. Und braucht er nie mal die Unterschrift der Eltern? Will niemand mal die Eltern wegen seiner Noten sprechen? Ich habe mich das auch gefragt.
 
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Helmut Pöll

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9. Dezember 2013
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Sogar die Fußballclubs sind katholisch oder protestantisch. Ist das nicht irre? Man sollte meinen, die Leute hätten genug "richtige" Probleme und sie vertrödeln ihre Zeit mit der Einteilung in christliche Glaubensrichtungen?
Ja, das ist völlig irre. Aber gegen aufgeschaukelte Emotionen hatte die Vernunft immer einen schweren Stand.

Vielleicht wird dieser endlose religiöse Kampf auch immer wieder durch den ungelösten Nordirland-Konflikt geschürt. Allerdings gab es diese Unversönlichkeit auch bei uns. Ich erinnere mich, dass mir die Mutter eines Schulfreundes erzählt hat, dass sie mit ihrer Familie gebrochen hat bzw. rausgeworfen wurde, weil sie einen Katholiken geheiratet hat. Das war zwar nicht 1990, sondern 30 Jahre früher, aber Jahrhunderte ist das auch nicht her. Und vor allem spielte sich dieses Drama Anfang der 1960er Jahre in einer Familie des Bildungsbürgertums ab.
 

Barbara62

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Ja, das ist völlig irre. Aber gegen aufgeschaukelte Emotionen hatte die Vernunft immer einen schweren Stand.
Eigentlich sollte der Kampf gegen den gemeinsamen Feind - die Konservativen - diese Gräben zuschütten. So spielt es diesen genau in die Hände, denn eine gespaltene Arbeiterschaft schwächt sich selbst. In meiner Erinnerung waren die britischen Gewerkschaften dieser Zeit immer sehr vereint, aber vielleicht waren es auch lauter Einzelgewerkschaften, die ich nur von außen als vereinte Bewegung wahrgenommen habe?
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Aber sie sind alle gleich arm und wählen wahrscheinlich alle nicht Thatcher und ihre Konservativen. Muss man innerhalb dieser Gruppe auch noch spalten? Waren sie nicht alle in einer gemeinsamen Gewerkschaft? Zweifellos schwächt das die Gruppe.
Ich verstehe es auch nicht, glaube aber, dass es nicht so viel mit der Religion zu tun hat ( früher vielleicht mal).
 
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Xirxe

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19. Februar 2017
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Gibt es in Großbritannien keine Jugendämter? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Deutschland möglich wäre, auch nicht vor 30 Jahren.
sondern daran, dass doch ein 16-Jähriger bei uns nicht alleine leben dürfte? In der Schule müsste das zumindest auffallen.
Vergiss nicht, es war Thatcher-Zeit, da wurden als Erstes im sozialen Bereich Gelder zusammengestrichen, was natürlich auch die Jugendämter betraf.
Wenn ich diese Fotoreihe anschaue, ist es noch verständlicher.
Muss man innerhalb dieser Gruppe auch noch spalten? Waren sie nicht alle in einer gemeinsamen Gewerkschaft?
In meiner Erinnerung waren die britischen Gewerkschaften dieser Zeit immer sehr vereint, aber vielleicht waren es auch lauter Einzelgewerkschaften, die ich nur von außen als vereinte Bewegung wahrgenommen habe?
In Schottland gibt es den Scottish Trades Union Congress, ein gewerkschaftlicher Dachverband mit 39 (!) Gewerkschaften. Und Glasgow war jetzt nicht wirklich ein Hort der Konservativen, ein 'Feind' also schlecht auszumachen. Aber was vereint denn eine Gruppe mehr als ein gemeinsamer Gegner? Dann muss ihn sich halt auf anderem Wege suchen.
 
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Naibenak

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Mal kurz was anderes: habe eben eine Rezi zu Shuggie gelesen, die mich echt geflasht hat. Aber eher in irritierender Weise ;) Eine so komplett andere Wahrnehmung ein und derselben Geschichte! Alles, was dort vermisst wird, habe ich im Überfluss beim Lesen gefunden und erfahren. Krass! o_O Aber das kenne ich schon von anderen Büchern und ich finde das immer wieder sehr faszinierend! Bin schon jetzt gespannt, wie es hier weitergeht :D
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Alles, was dort vermisst wird, habe ich im Überfluss beim Lesen gefunden und erfahren
Ich habe manchmal aber gerade bei dicken Büchern das Gefühl, dass die Leute das Buch gar nicht gelesen haben und nur Allgemeinplätze loslassen. Oder eben nur anlesen und sich dann ein negatives Urteil aus den Fingern saugen...
Für mich sind die ersten Seiten sehr aussagekräftig und ich würde wetten, dass ich dieses Buch lieben werde:)

Aber natürlich darf es auch negative Stimmen geben. Nur komisch, dass diese eine vermisst, was du im Überfluss gesehen hast :confused:
 

Naibenak

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2. August 2021
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Ich habe manchmal aber gerade bei dicken Büchern das Gefühl, dass die Leute das Buch gar nicht gelesen haben und nur Allgemeinplätze loslassen. Oder eben nur anlesen und sich dann ein negatives Urteil aus den Fingern saugen...
Für mich sind die ersten Seiten sehr aussagekräftig und ich würde wetten, dass ich dieses Buch lieben werde:)

Aber natürlich darf es auch negative Stimmen geben. Nur komisch, dass diese eine vermisst, was du im Überfluss gesehen hast :confused:
Ich sehe ja ein, dass jeder Mensch mit seinem eigenen Hintergrund auch "anders" liest und wahrnimmt. Das ist schon normal eigentlich. Aber wenn es dann so krass ist, dann frag ich mich immer, wie das sein kann :D :D :D Als hätte man ein anderes Buch gelesen...
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ja, das ist völlig irre. Aber gegen aufgeschaukelte Emotionen hatte die Vernunft immer einen schweren Stand.

Vielleicht wird dieser endlose religiöse Kampf auch immer wieder durch den ungelösten Nordirland-Konflikt geschürt. Allerdings gab es diese Unversönlichkeit auch bei uns. Ich erinnere mich, dass mir die Mutter eines Schulfreundes erzählt hat, dass sie mit ihrer Familie gebrochen hat bzw. rausgeworfen wurde, weil sie einen Katholiken geheiratet hat. Das war zwar nicht 1990, sondern 30 Jahre früher, aber Jahrhunderte ist das auch nicht her. Und vor allem spielte sich dieses Drama Anfang der 1960er Jahre in einer Familie des Bildungsbürgertums ab.
Das kenn ich auch. Meine selige Mam hatte einen Haufen Schwestern. Also Tanten sind das von mir gewesen. Eine davon durfte keinen Katholiken heiraten, einige Jahre später durfte die Jüngste sogar einen Italiener !!!!!!! heiraten. Da waren die anderen sauer! Haha, Fortschritt wird nicht immer positiv bewertet. Ob die, die den Katholiken wollte (ich weiß nimmer welche das war) ihren Eltern je verziehen hat, ist mir auch nicht bekannt. Immerhin gehörte es zur Familiensaga.
 
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milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Abweichende Meinungen müssen nicht daran liegen, dass einer das Buch nicht gelesen hat. Manchmal ist die Wahrnehmung eben komplett anders. Andere Bücher wiederum polarisieren. Das stellen wir hier in den Leserunden doch auch regelmäßig fest. Ich wundere mich nur manchmal, wie gut manche Romane auf anderen Seiten wegkommen, die wir hier einheitlich total verrissen haben. :D
 
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