1. Leseabschnitt: Anfang bis Seite 86

Renie

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So rotzfrech redet doch niemand, der gerade solches Grauen erlebt hat?
Es gibt solche und solche. Emmas Art hat für mich viel mit positivem Denken und Verdrängung zu tun. In solch einer Situation lebt es sich besser, wenn man sich nicht vom Kummer unterkriegen lässt, sondern ihm die Stirn bietet und positiv bleibt. Die Verarbeitung wird irgendwann kommen, wenn Zeit dafür ist.
 
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Renie

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19. Mai 2014
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Also hat Carola 1939 eher nicht von "Deutschland" gesprochen.
Das ist mir egal. Ich betrachte es eher umgangssprachlich. Deutscher ist Deutscher und Russe ist Russe (auch wenn es streng genommen die Sowjetunion war). Für die Handlung ist diese Unterscheidung doch irrelevant. Viel aufregender finde ich, dass wir uns in Bayern befinden, mit seinem eigenen politischen Trubel.
 
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Bartie

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Bisher gefällt mir das Buch, weil ich die Lebensgeschichte von Carola Neher spannend finde.

Wir sind noch am Anfang und viele Fragen bleiben offen. Die spannendste ist wohl, warum gerade Carola vom Leutnant Kusnezow verhört wurde, welche Ziele der NKWD-Offizier befolgt?

Kusnezow denkt über einen bestimmten Mann nach, der in dem Schicksal der beiden bedeutende Rolle gespielt hat: damals in München gegen die Konterrevolution kämpfte, Kusnezow zum NKWD holte und Carola vors Gericht stellte. Spielt dieser Zufall eine Rolle? Ist es für Kusnezow von Bedeutung? – jedenfalls ist er mit seiner „Entdeckung“ sehr zufrieden.

Kusnezow hört Carola aufmerksam zu und beobachtet sie genau. In seinem Notizbuch hält er seine Eindrücke fest (S.72). Ich denke, dass er sie schon richtig einschätzen kann und dass sie mit ihrer Taktik viel riskiert.

Die Szenen aus der Gefängniszelle in Butyrka kommen mir auch unglaubwürdig vor. Vor allem das Verhalten der Frauen, die ein schweres Schicksal hinter sich haben und jetzt unbeschwert ihre Haft „genießen“ erscheint mir unrealistisch.

Insgesamt könnte das Buch etwas spannender geschrieben sein, die bisherigen Gespräche mit Kusnezow und Carolas Geschichte lesen sich wirklich wie ein Mädchentagebuch.
 

Bartie

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Die nationalsozialistische Machtergreifung hat sie in die Sowjetunion gespült, der stalinistische Verfolgungswahn in dessen Lager
Ich hoffe, dass wir im Verlauf der Geschichte mehr Details darüber erfahren. Bisher wurde nur einiges angedeutet. Auch das, dass Carola ihren Sohn vermisst, sein Schicksal nicht kennt.
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Das nehme ich ihr sogar ab und sehe es in diesem Fall nicht als Klischee. Etwas Anderes als ihren Charme kann sie nicht einsetzen. Letztendlich testet sie ihre Möglichkeiten aus und fängt erst mal mit dem an, was sie am Besten kann: Männer bezirzen, nur dass sie außer Acht lässt, dass sie weit entfernt von der strahlenden Erscheinung ihrer Bühnenzeit ist.
Wobei sie dies ja nur nutzt, weil ihre Bekannte ihr dazu geraten hat. Aber es stimmt schon, mehr hat sie tatsächlich nicht. Und zumindest lässt der Leutnant sich ja darauf ein, so ein Verhör kann definitiv auch anders geführt werden
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Warum zeigt er dieses Interesse an ihr?
Irgendwo, finde es nicht mehr wieder, muss aber so die Zeit gewesen sein, als sie zum Theater ging, steht, dass Carola Menschen kennengelernt hat, die verantwortlich sind, dass der Leutnant seinen jetzigen Posten hat. Vielleicht hängt es damit zusammen, und er hat nicht nur die Order sie zu befragen, sondern in ihrem Fall auch ein persönliches Interesse
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Das habe ich anders verstanden. Nur an einigen Stelle in der alten Zelle konnte man nicht aufrecht stehen., da wo irgendwelche Rohre, oder Träger oder so verliefen, worauf noch weitere SChlafstätten gelegt worden sind. Carola war als Bühnenmensch auch Tänzerin und machte täglich Gymnastik, trotzdem es verboten war. Ihre Mitgefangenen haben den Wärterinnen dabei die Sicht versperrt. Unterernährt wird sie gewesen sein, aber dennoch hat sie sich ihre Körperhaltung bewahrt.
Auf Seite 8 heißt es: "Sport zu treiben ist, wie lautes Reden oder aufrechtes Stehen, streng verboten".

Selbst wenn sie es heimlich trotzdem ab und an gemacht hat, da spaziert man nach Monaten nicht aufrecht aus der Zelle.
 
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Emswashed

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9. Mai 2020
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Kusnezow denkt über einen bestimmten Mann nach, der in dem Schicksal der beiden bedeutende Rolle gespielt hat: damals in München gegen die Konterrevolution kämpfte, Kusnezow zum NKWD holte und Carola vors Gericht stellte. Spielt dieser Zufall eine Rolle? Ist es für Kusnezow von Bedeutung? – jedenfalls ist er mit seiner „Entdeckung“ sehr zufrieden.

Stimmt! Vor lauter Viekantschlüsselgeklimper hatte ich das schon fast wieder vergessen.
Das ist mir nicht aufgefallen, aber stimmt. Von jetzt an habe ich ein Auge darauf.

Kannst die Augen wieder zumachen, frühzeitiger Alarm! Aber die Kleidung wird noch eine einnehmende Rolle spielen... seufz.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Die ständigen Wiederholungen der Befehle und des Klappern des Vierkantschlüssels an der Koppel haben schon was Jinglemäßiges.
Das wird mir auch viel zu häufig wiederholt und bekommt dadurch einen "Füllcharakter". Ich weiß, was auf dem Transparent steht, ich weiß, dass sie mit dem Gesicht zur Wand warten muss und dass der gutaussehende Leutnant meist beschäftigt tut.
Die Verhöre, die dazu dienen, dass wir Karolas Leben kennenlernen, sind *seufz* genau so taub
Der Aufbau ist einfach zu simpel und dann fehlt in den angeblichen Verhörteilen - wie von @Emswashed richtig bemerkt - die Stimme von Carola.
Interessant ist doch, was sich Kusnezow alles über Carola notiert.
Ja, das ist auch der Part der meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Ich hätte einen literarisch anspruchsvolleren Stil bevorzugt.
Dem kann ich nur zustimmen und vor allem einen spannenderen Aufbau.
Aber es stimmt schon, mehr hat sie tatsächlich nicht.
Ich bin auch nicht sicher, dass sie mehr draufhat. Zumindest in Bezug auf Gellner war ja auch genau das ihre Taktik. Manipulation über Weiblichkeit - ich denke das wars.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Die ersten drei Seiten fand ich sehr vielversprechend und erwartete Düsternis, Erschrecken und Furcht. Stattdessen bekommt man nun eine recht freundlich gefärbte Gefängnisrahmenhandlung, in der die Gefangenen sozusagen ausschlafen dürfen und sogar Zeit, Muße und Material für Weihnachtsdekoration haben. Dieser fast schon idyllisch anmutende Alltag wird durch die Gespräche der Protagonistin mit ihrem Verhör-Offizier unterbrachen, die aber stilistisch eher dem fluffigeren neuen historischen Roman entsprechen. Der Aufbau wird vom stringenten Wechsel der beiden Ebenen geprägt, leider auch das nicht sonderlich innovativ.
Was beide Ebenen gemein zu haben scheinen, ist, dass es sich bei Carola Neher schon um einen ziemlichen Vamp gehandelt haben muss. Das ist mir in der Darstellung etwas simpel - auch wenn ich es nicht glaube, hoffe ich, dass die Figur noch mit etwas mehr als naivem Sex-Appeal gefüllt werden wird. Ebenso stört mich, dass die Männer im Augenblick als einfach gestrickte Wesen gesehen werden, die nur auf die junge Frau in Nöten reinfallen (sollen).

Ich lese es nicht ungern, aber mir fehlt der Gehalt und Anspruch, das Eckige und Kantige und die eine oder andere Überraschung.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Die Frauen aus der Butyrka haben alle schlimme Erfahrungen aus anderen Gefängnissen hinter sich und treffen sich in der Butyrka wie "alte Freundinnen" auf dem Jahrmarkt. Sie besitzen Nähzeug um ihre Klamotten auszubessern?
Das erscheint mir auch viel zu geschönt.
Die Verhöre, die dazu dienen, dass wir Karolas Leben kennenlernen, sind *seufz* genau so taub wie dummer Frager und Antworter
Sie versucht sich auf Anraten der Zellenältesten als Sherazade. Aber die Butyrka ist kein Märchenschloss.
Wäre sie berechnend naiv, wäre das eine interessante Taktik, aber ich habe den Eindruck, sie hat tatsächlich nicht mehr drauf.
ja
Ich bin überrascht, wie leicht sich das Buch liest, aber mir ist es zu leicht und zu glatt bisher.
und ja
Interessant ist doch, was sich Kusnezow alles über Carola notiert.
Der Mann hat etwas vor mit ihr. Ich kann mir vorstellen, dass er ihr Schauspieltalent abcheckt, um Carola zu seinen oder den Zwecken der Partei zu benutzen. Und sie merkt nicht dass sie gerade als Agentin gecastet werden soll.
Kusnezow denkt über einen bestimmten Mann nach, der in dem Schicksal der beiden bedeutende Rolle gespielt hat: damals in München gegen die Konterrevolution kämpfte, Kusnezow zum NKWD holte und Carola vors Gericht stellte.
An dem Satz bin ich auch hängengeblieben.

Noch lese ich das Buch in der Erwartung auf etwas mehr Gehalt. Die Politik ist derzeit nur ein Hintergrundrauschen.
 

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