1. Leseabschnitt: Anfang bis Seite 73

Renie

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jetzt zappel ich am Angelhaken.

Ich habe erst die Hälfte des ersten Abschnitts, bin aber schon versunken in die Ränkespiele des Adels, die Beziehungen Frankreichs zu England, die politischen Unterschiede,
Das ging mir ganz genauso.
aber dank Klatsch und Tratsch, fällt es mir als Frau nicht schwer.;)
Ich schätze, dieser Morande ist das, was man heutzutage einen Boulevardjournalisten bezeichnet. Und seine Schmähschriften waren die Vorläufer von Gala, Bunte, etc.
 

Renie

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haha, den Detektiv kenn ich :)

Ich bin über zwei Passagen gestolpert, auf die ich mir keinen Reim machen kann.
Auf Seite 39 hielt ich das HErr noch für einen Druckfehler. Aber auf Seite 44 kommt dann noch das Wort GOtt. Ich hoffe ich muss nicht noch irgendwelche Seiten rückwärts lesen, um erleuchtet zu werden. :)
Ich habe neulich einen zeitgenössischen Roman gelesen, in dem der Autor auch diese Schreibart angewandt hat. Alles, was in irgendeiner Form mit Gott und der Bibel zu tun hatte, wurde von dem Autor genauso geschrieben: Die ersten beiden Buchstaben immer groß. Dieser Autor wollte damit die Ehrfurcht vor Gott betonen. Da es in diesem Roman um eine religiöse Gemeinschaft mit strengen Glaubensregeln, ähnlich einer Sekte ging, hat der Autor es aber bewusst auf die Spitze getrieben, dass man sich nur noch darüber amüsieren konnte. Bei D'Eon ist das anders. Ich glaube, dass er tatsächlich gläubig war, immerhin gehört die Bibel zu seiner Lektüre. Diese Schreibweise verbinde ich bei ihm aber auch mit Ehrfurcht.
 
G

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Ich gehöre zu denjenigen, denen dieses Buch sehr gefällt. Ich habe das Buch gestern angefangen und muss sagen, dieses Buch ist mit einen riesigen Lesesog versehen. Wow! Habe mir heute gleich das neue Buch von Irene Dische genehmigt, nachdem die Madonna so bei mir einschlug.

Die Schreibe ist interessant, etwas eigen, erinnert an manch anderes Historienschmankerl. In Buch-, aber besonders in Filmform, ich denke da besonders an "Casanova". Der Humor, der immer wieder durchblitzt, ist interessant, fast schon etwas sarkastisch, gefällt mir sehr.

Eigentlich könnte man diesen Leseabschnitt auch als eine gewisse Gesellschaftskritik verstehen. Die Erzählstimme verkündet ihr Wirken und im Erzählen blinkt so eine gewisse Abwertung manch politischen Kalküls durch. Die Erzählstimme ist mit vielen Herangehensweisen in der Politik vertraut und kritisiert diese auch. Der Chevalier d’Eon de Beaumont scheint sich mit diesen ganzen Intrigen und Verwirrspielen gut auszukennen, ein cleveres Bürschchen sozusagen. Und irgendwie charmant, aber auch undurchsichtig.

Wenn man bedenkt, dass es diese Person wirklich gegeben hat. Das wundert mich schon etwas! Ein Mann, der in der damaligen Zeit als Frau auftritt. Sollten die Menschen der damaligen Zeiten, was solches Cross-Dressing betrifft, toleranter gewesen sein und heute ist es verpönter als damals? Oder hat er es nur gut gemacht und es fällt nicht auf? Obwohl, die Stimme???

Obwohl irgendwie ja auch der Chevalier selbst mit seinem Geschlecht spielt und auch die Autorin immer mal etwas irreführende Äußerungen betreibt. Man soll sich fragen, ist der Chevalier jetzt ein Mann oder eine Frau. Ging euch dies auch so?
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ich fand es sehr ausdrucksvoll, wie der Erzähler auf S.29 seine "Teufel" schildert. Heute würde man wohl von depressiven Verstimmungen sprechen. Er hat auch eine gute Methode gefunden, damit umzugehen, und scheint diese Zustände als Teil seiner Persönlichkeit zu akzeptieren. Alle Achtung.
Das fand ich auch interessant. Scheint für ihn ein gangbarer Weg zu sein. Aber was soll er und jeder andere Betroffene auch tun. Johanniskraut wird ja schon bekannt gewesen sein. Aber sonst?
 

Renie

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Man soll sich fragen, ist der Chevalier jetzt ein Mann oder eine Frau. Ging euch dies auch so?
Momentan ist er für mich mehr Mann als Frau. Doch eigentlich ist es egal. Mich wundert nur immer, wie sehr sich Schönheitsideale über die Jahrhunderte verändern. Wenn ich mir die Porträts von D'Eon ansehe, finde ich weder die mehrfach erwähnten blonden Locken, genauso wie die Engelsaugen. Dann hatte er eine schlanke Gestalt. Das damalige Schlank schien kiloweise weit entfernt von dem heutigen Schlank zu sein. ;)
 
G

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Ich bin auch nicht sicher, ob mir dieses affektierte Geschreibsel gefällt.

Was es mit dem Geschlecht auf sich hat, wissen wir eigentlich noch nicht. ein Mann, der sich gelegentlich als Frau ausgibt. Eine Frau, die sich gelegentlich als Mann ausgibt. Oder einfach nur ein Chamäleon, dass sich je nach Situation die überzeugendste und gewinnbringendste Rolle aussucht. Wie sind die biologischen Merkmale. Ist er/sie sich selbst nicht im Klaren?
Ich hatte auch den Eindruck, dass der Hauptcharakter nicht nur seiner Umgebung etwas vormacht.

Affektiertes Geschreibsel, ... köstlicher Ausdruck, aber ja, passt vollkommen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Aber auch die deutschen Worte bieten viel Süffisanz, Spott und treffende Ironie ("Zirkel der Zipfelhirne).

Ich bin wirklich überrascht, wie dicht die Informationen in die Sätze gepackt wurden, wie kompakt das Geschehen ist... ich muss mich konzentrieren, aber dank Klatsch und Tratsch, fällt es mir als Frau nicht schwer.;)
Ja, der Humor kommt hier nicht zu kurz. Eine modern wirkende Vergangenheit, hier ist nichts verstaubt. Finde ich gut. ;)
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

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Nach dem ersten LA bin ich von dem Chevalier d’Éon de Beaumont fasziniert. Seine Fähigkeit sich jeder Situation anzupassen und seinen Platz in jeder Konstellation zu finden, ist bemerkenswert. Nicht umsonst dient er dem französischen König als Spion, und trotz seiner Fehltritte, wurde ihm „verziehen“.

Zum Zeitpunkt kann ich seine fast krankhafte Zuneigung für Morande nicht nachvollziehen. Auch die Rivalität zwischen d`Eon und Morande um die Gunst von Pierre Caron kommt mir rätselhaft vor.

Bisher haben wir ganz wenig über d`Eons Vorliebe für Frauenkleider erfahren. Lediglich der doppelte Kleiderschrank und die Zeit als Lea de Beaumont bei der Elisabeth von Russland wurden erwähnt. Ich hoffe, dass es noch mehr darüber erzählt wird.
Eine faszinierende Person, sicher, wer in dieser Zeit mit solchen Vorlieben an recht mächtigen Positionen war, muss jemand Besonderes und ungeheuer schlau gewesen sein.

Der Chevalier, Morande und Pierre, ein Dreiergespann, welches wohl voneinander fasziniert war, wenn nicht mehr. Sie haben sich nur unterschiedlich unter Kontrolle. So denke ich zumindest.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

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"Affektiertes Geschreibsel" - Dankeschön, dieser Ausdruck hat mir gefehlt.
Der Schreibstil macht den Einstieg nicht einfach. D'Eon ist eine Plaudertasche und überflutet den Leser mit seinen Memoiren, die sich aber scheinbar nur auf einen Teil seines Agentendaseins beschränken. Er tummelt sich in England, im Auftrag seiner Majestät (der französischen), zunächst als Interims-Botschafter, später als so etwas ähnliches. Keine Ahnung, ob man ihn inmitten der hohen Gesellschaft als Prominenten bezeichnen kann. Heutzutage wäre er wohl so etwas wie ein It-Boy, der für seine Partytauglichkeit berühmt ist.
Apropos heutzutage: mir gefallen die Vergleiche und Parallelen, die er zu unserer heutigen Zeit zieht. Gleich die ersten Sätze des Kapitels "Vorspruch" haben es mir angetan. Ich konnte nicht anders, als diese Sätze als Seitenhieb auf das derzeit beliebte "Gendern" zu verstehen.

Was mich in den ersten Sätzen verblüfft hat, war der Hinweis, dass es in der damaligen Zeit nicht unüblich war, dass Männlein als Weiblein oder umgekehrt unterwegs war. Dadurch bleibt offen, ob D'Eon einfach nur Spaß daran hat, Frauenkleider anzuziehen oder ob er ein Transgender ist. Vielleicht ist er sich selbst seiner Sache nicht sicher. Warten wir es ab.
Plaudertasche - Ja, absolut treffend und ein Selbstdarsteller.
Da es Bilder von ihm gibt, denke ich schon, dass er recht bekannt war. Heute wäre er auf FB und IG und hätte sicher massenhaft Follower. :p:D
Die Parallelen ins Jetzt sind interessant, ja, recht kritisch, ja.
Das Männlein als Weiblein unterwegs war finde ich für damals recht ungewöhnlich, wenn ich mir den heutigen Ruf von Transgendern bei manchen Mitbürgern anschaue, nun ja. Da frage ich mich wie dies wohl früher war. Wenn ich mir manches Gebaren der katholischen Adligen in der "Bartholomäusnacht" anschaue, bzw den Ruf der Königin Margot, wundere ich mich auch, hätte ich auch nicht so gedacht.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ich sehe diese Verbindung als Zweckgemeinschaft. Beide profitieren voneinander und haben beide kein Problem damit, den anderen auszunutzen.
Stimmt definitiv, aber etwas mehr war da in meinen Augen auch noch. Irgendeine Faszination von Beaumont für Morande wird ja beschrieben und Morande nutzt diese gnadenlos aus. Warum? Weswegen macht Morande dies?