1. Leseabschnitt: Anfang bis Seite 73

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Wenn man bedenkt, dass es diese Person wirklich gegeben hat. Das wundert mich schon etwas! Ein Mann, der in der damaligen Zeit als Frau auftritt. Sollten die Menschen der damaligen Zeiten, was solches Cross-Dressing betrifft, toleranter gewesen sein und heute ist es verpönter als damals? Oder hat er es nur gut gemacht und es fällt nicht auf? Obwohl, die Stimme???
Dabei wundert mich, dass man vorher noch nie etwas über ihn gehört oder gelesen hat. Also ich zumindest habe dies erst durch Wikipedia erfahren vor, Beginn der Leserunde:rolleyes:
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Wir begleiten in diesem LA den Chevalier d'Eon bei seinen Ränkespielen um Geld, Macht und Anerkennung als (mal mehr, mal weniger) Vertreter des französischen Hofs in London. Wir befinden uns im 18. Jahrhundert. Immer geht es dem Erzähler d'Eon darum, seinen Kontakt und Einfluss mit und auf den König in Paris/Versailles nicht zu verlieren. Und wenn dieser Kontakt einmal dünner wird, dann findet er Mittel und Wege, diesen irgendwie wieder enger und damit seine Macht, Stellung und Einfluss wieder stärker zu gestalten. Hinter all dem gibt es um unseren Erzähler noch ein Geheimnis, nämlich das Gerücht, dass er in Wirklichkeit eine Frau und kein Mann ist. Was ihn aber in keiner Weise davon abhält, in der Macht geprägten Welt der Männer eine führende und aktive Rolle zu spielen.
Was daran interessiert mich? Ich bin ganz ehrlich: NICHTS! Meine Gedanken fliegen mir beim Lesen immer wieder davon. wen er wie für was benutzt, um seine Stellung zu erhalten? Ganz ehrlich: was daran ist interessant? Ich quäle mich allenfalls durch das Buch. Kommt da noch etwas???
Ach, echt? Ich bin von Anfang an gefangen genommen. Auf einmal ist es nicht mehr umsonst, dass wir damals das nicht so prickelnde Buch "Verhängnis" von Janet Lewis zusammen gelesen haben, wo es ebenfalls darum ging, dass in England Pressefreiheit war, in Frankreich jedoch nicht.
Wir haben jede Menge Historizitäten. Die Schmähschrift gegen die Dubarry entsteht. In "Verhängnis" hat der König jeden umgebracht, der diese Schmähschrift besessen hat.
Wir erleben wie es zu Hofe zugeht.
Und das Ränkespiel der Botschafter / Botschaften finde ich auch toll.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ich bin zur Zeit in Frankreich und habe gestern Abend mit Lesen angefangen - so richtig gepackt hat es mich auch nicht, aber das kommt vielleicht noch. Eigentlich interessiert mich das Thema. Ruth Rendell lässt in einem ihrer Krimis eine Frau auftreten, die sich ein Leben lang als Mann ausgibt, nicht weil sie eine Transe ist, sondern einfach weil sie es praktischer findet. In diesem Zusammenhang fällt der Begriff "Eonismus". Mal sehen, wie ich doch noch reinfinde.
Dass es sich um eine Frau handelt, ist noch nicht raus. Es gibt angefertigte Büsten im hinteren Wandschrank. Travestie scheint mir offensichtlicher. Du googelst schon wieder rum.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Ich bin auch nicht sicher, ob mir dieses affektierte Geschreibsel gefällt.

Affektiert mit einen kräftigen süffisanten Note, ohne dabei in die unteren Schubladen abzurutschen.
Auf Seite 39 hielt ich das HErr noch für einen Druckfehler. Aber auf Seite 44 kommt dann noch das Wort GOtt. Ich hoffe ich muss nicht noch irgendwelche Seiten rückwärts lesen, um erleuchtet zu werden

Hmm, das habe ich tatsächlich erst einmal in die Dreckfehlerecke geschoben.... wäre aber geil, wenn das noch Sinn ergibt.
Ist das nicht einfach eine früher übliche Schreibweise? Ich bin mir ziemlich sicher, sie auch in anderen (wesentlich älteren) Romanen schon gefunden zu haben.

Mensch Häsin, Du bist ein wandelndes Lexikon.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Ich mag es sehr, wie der Erzähler hier mit uns Lesern im Kontakt bleibt. "Erzähle ich zu schnell?" (Seite 67). Ich erwische mich dabei, ihm zu antworten.

Die Beziehungskonstellation finde ich äußerst spannend. Eigentlicher Dreh- und Angelpunkt sind Beaumont und Morande. Morande flüchtet sich in Pierre, der die "gleichen Schwären am Mund" zeigt und achtet sogar sorgsam darauf, dass er Beaumont nicht zu nahe kommt. Ich schätze, er weiß sehr wohl um Beaumonts Anziehungskraft. Und Beaumont seinerseits weiß seinen Louis hinter sich und flüchtet sich zum "Wunden lecken" zu Lord X. Ein richtiges Beziehungsvieleck.
 

Wandablue

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Brandenburg
zunächst als Interims-Botschafter, später als so etwas ähnliches. Keine Ahnung, ob man ihn inmitten der hohen Gesellschaft als Prominenten bezeichnen kann. Heutzutage wäre er wohl so etwas wie ein It-Boy, der für seine Partytauglichkeit berühmt ist.
So sehe ich das nicht. D'Eon ist eher eine Art Hochstapler. Als er Botschafter spielt, hat er echten Einfluss. Er veranstaltet Events, die teuer sind, er kauft ein riesiges Haus und richtet es mit kostbaren Möbeln ein. Ein ItBoyGirl hat kein Geld. Er/Sie geht auf Parties, gibt aber keine.
Nur blöde für ihn, dass er eben nur Botschafter auf Zeit sein soll. Als er abgelöst werden soll, ist er zu Recht verärgert. Es ist quasi so, wie wenn Armin L. wieder in die zweite Reihe treten soll. Das tut keiner gern. Also intrigiert er. Den ersten Ersetzer kann er wegekeln, beim zweiten bleibt ihm dieser Erfolg versagt und er fällt in Misskredit bei seinem Herrscher. Der Mordanschläge auf ihn verübt. Kommt mir sehr bekannt vor. Parallelen zu Russland England drängen sich auf. Ich finde das Buch hat akuelle Bezüge.

Was mir normalerweise nicht gefällt, ist, wenn der Autor mit dem Leser spricht. Aber dass hier die Romanfigur mit mir spricht gefällt mir. Sie siezt mich und ich fühle mich geschmeichelt ;-).
 

Sassenach123

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Was mir normalerweise nicht gefällt, ist, wenn der Autor mit dem Leser spricht. Aber dass hier die Romanfigur mit mir spricht gefällt mir. Sie siezt mich und ich fühle mich geschmeichelt ;-).
Mir gefällt außerdem, dass die Autorin ihm Informationen der heutigen Zeit an die Hand gibt, die er uns gegenüber mit seiner Zeit vergleicht. Ein interessanter Kniff, der immer wieder zum nachdenken anregt, sowohl in eine positive als auch in negative Richtungen, je nachdem um was gerade so geht.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Mir gefällt außerdem, dass die Autorin ihm Informationen der heutigen Zeit an die Hand gibt, die er uns gegenüber mit seiner Zeit vergleicht. Ein interessanter Kniff, der immer wieder zum nachdenken anregt, sowohl in eine positive als auch in negative Richtungen, je nachdem um was gerade so geht.
Ah, das stimmt. Das macht es witzig.
 

Wandablue

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Dann ist mir noch die "Radsteuer" aufgefallen. Was für eine wilde Idee! Aber schon damals wurde besteuert, was irgendwie ging.
Frau Dische vermittelt Historisches nebenbei.

Und Abelaerd ist mir auch kein Unbekannter. Er war ein Gelehrter. Da war auch noch ein anderer, Bernhard von Clairevaux. Die Sache mit der Entmannung ist schon heftig, scheint historisch verbürgt. Hm, im Klerus wurden damals heftige Maßnahmen ergriffen, wenn sich jemand sexuell verging, haha, wenn ich da an heute denke. Ob das Eunuchentum nicht das Zölibat ersetzen könnte? (gut, gut, war nur so ein Gedanke).

Im übrigen habe ich über Nacht dazu tendiert, dass unser Chevalier doch eine Frau ist. Dafür spricht das selbstauferlegte Zölibat. Das wäre nicht notwendig gewesen, wenn es sich um einen Mann handelt.

Und habt ihr das Schlafzimmer angesehen? Ich war erstaunt, wie karg es ist. Wie eine Nonnenzelle. Oder ein Mönchszelle. Erstaunlich. Wäre d'Eon eine Frau könnte man sich die Depressionen besser erklären. Ein Leben ständig im Verborgenen. Vllt ist der Diener der Bruder. Oder ein alter uralter loyaler Bediensteter der Familie.
 

Wandablue

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ch schätze, dieser Morande ist das, was man heutzutage einen Boulevardjournalisten bezeichnet. Und seine Schmähschriften waren die Vorläufer von Gala, Bunte, etc.
Ja! Bildzeitung! und außerdem ist Morande hübsch. Das fällt kaum auf, weil von ihm nichts Schönes erzählt wird. Er schlägt sein Baby! Das erkärt vllt d'Eons Schwäche für ihn. Also nicht, dass er sein Baby schlägt.
 
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Wandablue

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...was eigentlich kein Mensch braucht. ODER?
Ja, doch, man verdient damit ordentlich. Guck, Papparazzi - aber die Adligen /Celebrities fordern "es" mit ihrer Lebensweise auch heraus.
Man soll sich fragen, ist der Chevalier jetzt ein Mann oder eine Frau. Ging euch dies auch so?
Ja, klar.

Das damalige Schlank schien kiloweise weit entfernt von dem heutigen Schlank zu sein
Oh, da muss ich doch mal gucken gehen. Ihr alten Googler.

Warum? Weswegen macht Morande dies?
Er scheint ein echt gewissenloser Kerl zu sein. Der aber Bewunderer braucht. Das ist seine Schwäche.
 

Wandablue

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Brandenburg
Jetzt bin ich fertig. Das einzige, was ich nochmals nachlesen muss, ist das Auftauchen von Pierre. Er wurde als hässlich beschrieben. Oder? Was finden Morande und der Chevalier an ihm? Don t know.

Der König muss ein tumber Tor sein. Und die drei ein gewitzes Team.
Morande leiht sich Geld von Pierre. Pierre leiht sich das Geld vom Louis. Und damit bezahlen sie Morande, damit das Pamphlet nicht verbreitet wird?
Aber da war was, was durchaus verbreitet wurde!

Ein klein bisschen zotig wirds auch. Aber witzig zotig. Penisvergleiche. Ihhh.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Im übrigen habe ich über Nacht dazu tendiert, dass unser Chevalier doch eine Frau ist. Dafür spricht das selbstauferlegte Zölibat. Das wäre nicht notwendig gewesen, wenn es sich um einen Mann handelt.
Haha, dir geht es wie mir. Ich dachte auch immer mal ist ein Mann/ist eine Frau. Wirklich interessant gemacht!

Aber da ist es, wer ist schon bei allem vollkommen Frau oder Mann? Oder was macht einen Menschen zu einem Mann oder einer Frau, mal abgesehen vom der körperlichen Ausstattung? Das Gedankengut wird immer mal wieder unterschiedliche Assoziationen bei den verschiedenen Betrachtern auslösen.