Was daran interessiert mich? Ich bin ganz ehrlich: NICHTS!
Um ehrlich zu sein: Geht mir genau so
Ich schätze, dieser Morande ist das, was man heutzutage einen Boulevardjournalisten bezeichnet. Und seine Schmähschriften waren die Vorläufer von Gala, Bunte, etc.
Aber das, was hier zu Sprache kommt, ist auch nicht sooo viel besser. D'Eon schreibt zwar nicht, um jemanden zu verunglimpfen, aber letzten Endes ist es doch nur Oberflächliches über diese Beziehungen und diese Gesellschaft.
Ich sehe diese Verbindung als Zweckgemeinschaft.
Aber zu welchem Preis? Morande scheint deutlich mehr herauszuholen als D'Eon, während letzterer in fast schon krankhafter Weiser an seinem 'Freund' hängt. Nachdem dieser ihn so schmählich behandelte und plötzlich so tut, als täte ihm alles leid, meint D'Eon:
"... ich gebe zu, dass ich in Wahrheit überglücklich war. (...) Ich liebte ihn."
Himmel hilf!
Wenn ich mir die Porträts von D'Eon ansehe, finde ich weder die mehrfach erwähnten blonden Locken, genauso wie die Engelsaugen. Dann hatte er eine schlanke Gestalt. Das damalige Schlank schien kiloweise weit entfernt von dem heutigen Schlank zu sein.
Es war das Ende des Barock, da waren etwas fülligere Figuren die wahren Schönheiten.
Um das eigene unbefriedigende Leben mit etwas Glanz zu erfüllen. Wenn schon nicht in den eigenen vier Wänden, dann doch zumindest auf dem Papier
Ich mag es sehr, wie der Erzähler hier mit uns Lesern im Kontakt bleibt. "Erzähle ich zu schnell?" (Seite 67). Ich erwische mich dabei, ihm zu antworten.
Ja, das geht mir ähnlich. Er versteht es, schnell eine Vertraulichkeit mit den Lesenden aufzubauen. Aber es hat den Nachteil, dass ich mich umso mehr über sein bescheuertes Verhalten ärgere, das er mir nicht erklärt
Weshalb ist er diesem Morande beispielsweise fast schon hörig?
Aber da ist es, wer ist schon bei allem vollkommen Frau oder Mann? Oder was macht einen Menschen zu einem Mann oder einer Frau, mal abgesehen vom der körperlichen Ausstattung?
Schön gefragt! Ich denke, es sind in erster Linie die Erwartungen, die jemanden zu dem oder der machen. Wenn jemand denen nicht entspricht, wird es die Person schwer haben, also geht man lieber den leichten Weg. Und zack - hat man seine Rolle weg
Meine Begeisterung hält sich nach diesem ersten Leseabschnitt in Grenzen. Die Figuren bleiben oberflächlich, selbst der Ich-Erzähler wartet nicht mit großen Überlegungen auf. Warum handelt er so bescheuert? Er hat durchaus ein reges und buntes Leben geführt, aber letzten Endes ist das Schickimicki von vor 250 Jahren, die sich nicht so sehr von dem heute unterscheidet.
Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, mich ein bisschen über die Personen zu informieren und musste feststellen, dass die Figur des Pierre mich deutlich mehr interessieren würde. Was für ein unglaublich vielseitig talentierter Mensch und welch ein Lebensweg. Aber wer weiß, vielleicht hat D'Eon ja doch noch mehr zu bieten als die immerhin amüsant erzählten, aber ziemlich oberflächlichen Geschichten.