1. Leseabschnitt: Anfang bis Seite 62 (1. Teil bis Kapitel III.)

Literaturhexle

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2. April 2017
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Hier diskutieren wir den ersten Leseabschnitt bis einschließlich Kapitel III. des Ersten Teils (Seite 62).
 

MRO1975

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11. August 2018
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Das Buch beginnt mit einem Brief des Autors an seine Frau Stella Ford. Der Autor berichtet ihr, wie der Roman entstanden ist. Wir erfahren dabei, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt, die dem Autor von Hauptmann Edward Ashburnham erzählt worden ist. Ursprünglich hieß der Roman The saddest Story. Da der Verleger meinte, unter diesem Titel sei der Roman in Kriegszeite kaum verkäuflich, schlug der Autor im Scherz als Titel The good Soldier vor. Unter diesem Titel wurde der Roman erstveröffentlicht. Bei dem „guten Soldaten“ handelt es sich um den Hauptmann, der eine tragende Rolle in der Geschichte einnimmt. Das sind schöne Hintergrundinformationen, die den Einstieg in die eigentliche Geschichte erleichterten.

Die Geschichte selbst wird von einem Ich-Erzähler erzählt, der mit dem Autor aber nicht identisch ist. Der Ich-Erzähler kündigt an, die allertraurigste Geschichte erzählen zu wollen. Worum es dabei geht, bleibt zunächst im Dunkeln. Der Erzähler berichtet von sich und seiner verstorbenen Frau Florence. Florence litt an einem Herzleiden, weshalb das Paar jährlich einige Wochen in Naunheim zur Badekur verbrachte. Dort lernten sie das Ehepaar Ashburnham kennen, mit denen sie regelmäßig viel Zeit in Naunheim verbrachten. Bis zum Tod von Florence dauerte die Bekanntschaft neun Jahre.

Worum geht es nun bei diese allertraurigsten Geschichte? Ich weiß es noch nicht. Der Autor macht viele Andeutungen und es scheint um eine Affäre von Florence mit dem Hauptmann zu gehen. Man kann gespannt bleiben.

Leider ist die Geschichte bislang nicht leicht zu lesen. Der Autor schweift immer wieder ab. Die Sätze sind teils mehrfach ineinander verschachtelt, sodass es mir schwer fiel zu folgen. Hoffentlich gewöhne ich mich daran noch.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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@Literaturhexle hatte in den Begleitinfos zum Buch schon den Begriff "unzuverlässiger Erzähler" eingeführt und das ist bei der bisherigen Lektüre dieses ersten Teils für mich wirklich dasCharakteristische an dem Buch. John, der Ich-Erzähler ist selbst mittendrin in der beschriebenen 4er Beziehung und versucht uns als Leser einen Eindruck von den Charakteren und ihren Besonderheiten zu geben und er erzählt dies auf eine Art, dass ich ihm wirklich kein einziges Wort glaube. Nicht weil er sich widerspricht und in Lügen verwickelt (auch das tut er wohl), sondern weil seine Haltung zum Geschen dieses Unglaubwürdige einfach dick und fett unterstreicht. Für mich wird damit die Lektüre sehr spannend und interessant. Komme ich ihm auf die Schliche? Werde ich erkennen, was wirklich geschah, trotz dieses Erzählers? Ich bin gespannt.
 
S

Sylli

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Der Autor macht viele Andeutungen und es scheint um eine Affäre von Florence mit dem Hauptmann zu gehen.
So hätte ich das auch interpretiert, und viel mehr kann man zum bisherigen Geschehen eigentlich noch nicht sagen.
und er erzählt dies auf eine Art, dass ich ihm wirklich kein einziges Wort glaube.
Wie kommst Du darauf? Ich glaube ihm alles - und wüsste bisher auch nicht, was ich nicht glauben soll.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Mir gefällt, dass der Erzähler den Leser sehr direkt in die Geschichte mit einbezieht. Es wirkt, als würde sie mir von einem vertrauten Freund erzählt. Durch diese Vertrautheit muss der Erzähler sich nicht verstellen, er kann mir seine Vermutungen und Gedankengänge nahe bringen. Zum jetzigen Zeitpunkt tappe ich aber noch im dunkeln was wirklich zwischen den Vieren passiert ist, oder besser gesagt, was bis vor kurzem nicht bekannt war.

Der Erzählstil strengt ein wenig an, es liest sich nicht schnell.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Wie kommst Du darauf? Ich glaube ihm alles - und wüsste bisher auch nicht, was ich nicht glauben soll.
Wie siehst du seine Beziehung sowohl zu Florence und als auch zu Leonora? Er gibt zu sich immer den Eindruck wieder, als hätte er mit den Beziehungskonflikten /-verwirrungen nichts aber auch gar nichts zu tun. Einmal liebt er die eine, dann hasst er sie, dann fühlt er nach seinen Worten keinerlei erotische Anziehung zu ihr. So bleibt er zu seiner eigenen Rolle vollkommen im Dunkeln und spielt gleichsam mit dem Leser. Und alles, was sich da so im noch wesentlich unausgesprochenen zwischen den 4 Personen abspielt, soll anscheinend mit ihm gar nichts zu tun haben. Er gibt sich den Anschein des rein außenstehenden Erzählers, obwohl er doch mittendrin sitzt in dem Netz der Beziehungen. Und deshalb ist er für mich "unzuverlässig" und "unglaubwürdig" auf eine literarisch sehr interessante Art und Weise.
 
S

Sylli

Gast
Wie siehst du seine Beziehung sowohl zu Florence und als auch zu Leonora?
Ehrlich gesagt, seh ich noch gar nicht viel. Er umsorgt seine herzkranke Ehefrau, und hat in Bad Nauheim ein anderes nettes Ehepaar kennengelernt. Aus seinen Andeutungen lässt sich herauslesen, dass Florence und der Hauptmann wohl eine Affaire gehabt haben könnten. Dass er davon nichts wusste, wäre auch möglich. So soll es Betrogenen ja öfter ergehen, dass alle Welt schon alles durchschaut hat, außer den Gehörnten selber.
Oder war er etwa auch kein Heiliger? Aber das wäre zum jetzigen Zeitpunkt noch reine Spekulation.
Jedenfalls hast Du ganz recht, die Geschichte gibt Rätsel auf und verspricht spannend zu werden.
 

MRO1975

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11. August 2018
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So bleibt er zu seiner eigenen Rolle vollkommen im Dunkeln und spielt gleichsam mit dem Leser. Und alles, was sich da so im noch wesentlich unausgesprochenen zwischen den 4 Personen abspielt, soll anscheinend mit ihm gar nichts zu tun haben. Er gibt sich den Anschein des rein außenstehenden Erzählers, obwohl er doch mittendrin sitzt in dem Netz der Beziehungen.
Schöne Beobachtung! Gleich im ersten Satz erweckt er den Eindruck, nur eine Geschichte zu erzählen, die er gehört hat, an der er also nicht unmittelbar beteiligt war. Dabei steckt er mitten drin.
 

Literaturhexle

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Er gibt sich den Anschein des rein außenstehenden Erzählers, obwohl er doch mittendrin sitzt in dem Netz der Beziehungen.
Das ist mir auch aufgefallen und genau mit diesem versuchten Anschein macht er sich auch irgendwie verdächtig. Lange schwadroniert er darüber, dass er ja nichts anderes zu tun hat, als auf seine kranke Frau aufzupassen. Er will sich ein betont passives Image verschaffen, als ob mit ihm nur Dinge passieren, er selbst also nicht tätig wird. Entsprechend hat er Zeit zum Beobachten und lenkt uns mit Beiläufigkeiten ab. Interessant, doch macht es das auch schwer, der Geschichte (von der man ja noch wenig weiß) zu folgen.

Mir gefallen manche sprachliche Wendungen. Vor allem die Charakterisierungen der Menschen sind sehr bildlich und gut vorstellbar. Die kleinen Widersprüche scheint der Erzähler bewusst auszulegen- als macht er sich lustig; worüber bleibt mir noch unklar.

Der Erzähler legt ganz bewusst Köder aus, die auf eine Affäre zwischen Florence und Edward hindeuten. Zum Ende des Abschnitts ist Leonora angesichts einer Berührung der beiden fast verhext...- ehe sie wieder die Alte wird.

Es ist partiell schon spannend, jedoch auch sehr anstrengend zu lesen. Ich kann mir noch keine rechte Meinung bilden.
 

Literaturhexle

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Putzig finde ich, dass die Stadt Marburg mit ihrem Landgrafenschloss, das über der Stadt thront, nicht genannt wird. Die Stadt wird nur M... genannt. Durch die Schilderung des geschlängelten Weges, den Bezug zur Heiligen Elisabeth, dem Blick auf die Lahn und Beschreibung des Lutherzimmers kann man ziemlich leicht darauf kommen. Warum nennt er dann die Stadt nicht beim Namen? Bad Nauheim benennt er ja auch.
 

Sassenach123

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Putzig finde ich, dass die Stadt Marburg mit ihrem Landgrafenschloss, das über der Stadt thront, nicht genannt wird. Die Stadt wird nur M... genannt. Durch die Schilderung des geschlängelten Weges, den Bezug zur Heiligen Elisabeth, dem Blick auf die Lahn und Beschreibung des Lutherzimmers kann man ziemlich leicht darauf kommen. Warum nennt er dann die Stadt nicht beim Namen? Bad Nauheim benennt er ja auch.
Gute Frage.....eventuell erfahren wir noch brisante Dinge, die der Erzähler mit der Stadt in Verbindung bringt, daher vielleicht das geheimnisvolle?
 
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Mir gefällt, dass der Erzähler den Leser sehr direkt in die Geschichte mit einbezieht
Ich fand das einerseits auch schön, andererseits habe ich mich auch wage manipuliert gefühlt. Wenn er schreibt: Wahrlich, sie dürfen es mir glauben...Auf mein Wort! usw. Einmal nennt er uns den stummen Zuhörer auf der anderen Seite des Kamins.
Von der Info zu dem Buch wissen wir ja von Anfang an, dass der Erzähler ein sog. "unzuverlässiger Erzähler" ist. Da muss man ja dann immer auf der Hut sein, wenn wir direkt angesprochen werden.

Er gibt sich den Anschein des rein außenstehenden Erzählers, obwohl er doch mittendrin sitzt in dem Netz der Beziehungen. Und deshalb ist er
Das ist mir nicht so bewusst geworden aber jetzt wo ihr es ansprecht, ja das stimmt. Ich hab noch mal zum ersten Satz zurück geblättert: Tatsächlich, da steht: Dies ist die allertraurigste Geschichte die ich je gehört habe. Als ob er selbst keinen aktiven Anteil hatte. Was aber seine Motive sind oder waren, das ist mir noch unklar, vielleicht soll es auch unklar bleiben.
 

Mikka Liest

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Leider ist die Geschichte bislang nicht leicht zu lesen. Der Autor schweift immer wieder ab. Die Sätze sind teils mehrfach ineinander verschachtelt, sodass es mir schwer fiel zu folgen. Hoffentlich gewöhne ich mich daran noch.

Ich muss zugeben, irgendwie fand ich das sehr amüsant, dieses Abschweifen, weil man ständig merkt, dass er sich widerspricht oder seine eigenen Aussagen anzweifelt... Mal sind die Ehepaare total dicke und die allerbesten Freunde, und dann habe ich wieder den Eindruck, das da ganz viel unterschwelliger Groll ist.

Ich habe das Gefühl, er versucht, sich die Welt doch noch schön zu reden, obwohl ja anscheinend irgendetwas Schlechtes / Schlimmes passiert ist.
 

Mikka Liest

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@Literaturhexle hatte in den Begleitinfos zum Buch schon den Begriff "unzuverlässiger Erzähler" eingeführt und das ist bei der bisherigen Lektüre dieses ersten Teils für mich wirklich dasCharakteristische an dem Buch.

Wenn du mir ein Buch verkaufen willst, musst du nur das Stichwort "unzuverlässiger Erzähler" fallenlassen – das ist eines meiner allerliebsten Stilmittel, wenn es gut gemacht ist!

...und er erzählt dies auf eine Art, dass ich ihm wirklich kein einziges Wort glaube. Nicht weil er sich widerspricht und in Lügen verwickelt (auch das tut er wohl), sondern weil seine Haltung zum Geschen dieses Unglaubwürdige einfach dick und fett unterstreicht. Für mich wird damit die Lektüre sehr spannend und interessant. Komme ich ihm auf die Schliche? Werde ich erkennen, was wirklich geschah, trotz dieses Erzählers? Ich bin gespannt.

Jaaa, ganz genau! Ich glaube allerdings manchmal, dass er vor allem versucht, sich selber zu überzeugen, um ein Weltbild nicht loslassen zu müssen – aber eigentlich weiß er, dass er sich nur in die Tasche lügt...
 
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