1. Leseabschnitt: Anfang bis Kapitel 7 (Anfang bis S. 73)

MRO1975

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11. August 2018
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Ein toller Start, der mich ganz unverhofft, total reingezogen hat. Das hatte ich nicht erwartet.

Die Story spielt sich bislang ausschließlich im Besprechungszimmer der Therapeutin Sandy ab. Ihre Patienten sind Charlotte und Steve, ein Ehepaar, das getrennt lebt, aber einen letzten Versuch unternehmen will, seine Ehe zu retten. Dafür scheint es allerdings zu spät zu sein. Charlotte scheint froh, sich endlich von Steve befreit zu haben und ist in einen Kollegen verliebt. Sie macht die Therapie offenbar nur, weil sie wegen der Trennung ein schlechtes Gewissen den Kindern gegenüber hat.

Steve scheint echt bemüht, die Ehe retten zu wollen. Ich galube, er liebt Charlotte wirklich noch und hat realisiert, was er verliert. Er tut mir leid. Aber ich bin mir sicher, dass die Wahrheit nicht so einfach ist. Charlotte wird sicherlich einen guten Grund haben, dass sie so sauer auf ihn ist. Die Affäre ist wahrscheinlich nicht der einzige Grund. Den ganzen Abgrund werden wir wohl erst im Laufe des Romans erkennen.

Die Sorge um die Kinder ist ein kritisches Thema. Charlotte will nicht, dass die Kinder so oft bei Steve sind. Sie macht sich Sorgen, dass er nicht richtig für sie sorgt. Außerdem hat Steve immer sehr viel gearbeitet und sich wenig um die Kinder gekümmert. Eine weitere Erklärung könnte der kurz erwähnte Beinaheunfall sein.

Charlottes Beziehung zu ihrem Kollegen Bill ist seltsam. Bill ist verheiratet und betrügt seine Frau (nicht zum ersten Mal). Als seine Geliebte wirkt Charlotte damit einem Betrug mit, den sie als selbst betroffene Ehefrau zutiefst verabscheut und im Fall von Steve zum Anlass für eine Trennung genommen hat. Die „Erklärung“, dass Bill sich keine weitere Scheidung leisten kann, ist für beide nur eine Ausrede für das Versteckspiel. Beiden ist es wahrscheinlich einfach nicht ernst genug. Charlotte redet sich das schön, was klar wird, als sie sagt, dass alles anders wäre, wenn Bills Frau tod wäre. Das kann nicht erst gemeint sein. Bill könnte sich von seiner Frau einfach trennen. Die damit verbundenen Folgen wären für alle besser als der Tod der Ehefrau. Auch Charlotte scheint diese Ungereimtheiten zu spüren. Sie hat nämlich durchaus berechtigte Zweifel, ob das geplante Wochenendes mit Bill in NY richtig ist.
 
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Querleserin

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@MRO1975 hat das Wesentliche gut zusammengefasst. Ich möchte noch ergänzen, dass wir die Therapiesitzungen aus der Sicht der Therapeutin mit erleben. Ihre Gedanken werden erzählt, während wir über Charlottes und Steves Beweggründe noch rätseln oder spekulieren.
Mich hat der Roman auch direkt in seinen Bann gezogen. Ich finde die Gespräche sehr authentisch und Sandys Herangehensweise interessant - über ihre Gedanken muss ich sogar manchmal lachen...freue mich aufs Weiterlesen.
 

Literaturhexle

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Als seine Geliebte wirkt Charlotte damit einem Betrug mit
Ja, das hat wirklich was von Doppelmoral und man spürt, dass Charlotte mit der Situation, dass Bill seiner Frau noch nichts gesagt hat, unzufrieden ist.
Ihre Gedanken werden erzählt, während wir über Charlottes und Steves Beweggründe noch rätseln oder spekulieren.
Du hast mich schon geschult, Querleserin ;)
Diese interessante Erzählperspektive ist mir auch aufgefallen. Dadurch, dass wir die Gedanken der Therapeutin kennen, bekommen viele Aussagen der Eheleute gleich noch einen "doppelten Boden".

Was hat die geltungsbedürftige Mutter von Sandy für eine Bedeutung? Eine reiche, willensstarke Frau, die ein ebenso volltönendes Auto wie Steve fährt, ihrer Tochter öffentlichkeitswirksam ein Haus geschenkt hat und nun endlich im Pflegeheim ("Hochsicherheitsgefängnis für reiche Unruhestifter") festgesetzt wurde.
Dazu gehört der geheimnisvolle Obdachlose, der heute ausnahmsweise nicht an seinem Platz ist.

Das Buch ist schon durch die Paartherapie sehr gut und spannend zu lesen, aber diese Sidesteps geben eine zusätzliche Würze.
 

Renie

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Ein toller Start, der mich ganz unverhofft, total reingezogen hat. Das hatte ich nicht erwartet.
Ja, merkwürdig. Ging mir genauso. Und ich kann noch nicht einmal sagen, warum das so ist. Ein Ehepaar mit Problemen bei einer Paartherapeutin. HIer geht es ausschließlich um die Gespräche in der Dreier-Konstellation (auch mal Zweier-Konstellation). Der Schauplatz ist immer derselbe. Osborns Sprache ist ansprechend, aber nicht spektakulär. Hier wird sich ausschließlich auf die Gesprächsinhalte konzentriert. Liegt der Reiz dieses Buches an eventuellen Wiedererkennungseffekten?
 
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Reaktionen: parden und Leseglück

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Nun bin ich auch gestartet, und kann sagen, dass mir der Roman auch sehr gut gefällt.
Sandys Gedanken sind sehr aufschlussreich. Manchmal frage ich mich allerdings, ob sie ihren Job wirklich gern macht. Sie wirkt manchmal ein wenig zynisch. Auch das Verhältnis zu ihrer Mutter ist noch ziemlich undurchsichtig.
Nach Sandys Einschätzung werden die beiden nicht wieder glücklich miteinander. Ist das ihre ernstgemeinte Einschätzung, oder will sie Steve und Charlotte anspornen ihr das Gegenteil zu beweisen? Unterschwellig habe ich das Gefühl, dass die beiden noch nicht ganz reif für eine dauerhafte Trennung sind. Können sie ihre Differenzen in den Griff bekommen? Ich bin echt gespannt wie es weitergeht.
 

Leseglück

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7. Juni 2017
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Das ist schon möglich. Ich hatte zwischdurch das Gefühl selbst Therapeutin zu sein und habe nach den Ursachen für die Probleme gesucht.

Ich finde auch die Interventionen und Gedanken der Therapeutin interessant. Ihr Rat, fast Befehl "...dann finde ich sie sollten Charlotte die kompletten zweihunderttausend geben." ist sehr ungewöhnlich. Ich denke, dass nur sehr wenige Therapeuten einen so eindeutigen Ratschlag geben würden. Dass sich Steve darauf einlässt, zeigt schon wie wichtig ihm die Ehe mit Charlotte ist.
Aus der Sicht der Balance in der Ehe hat Steve etwas gut zu machen ( u.a. Seitensprung) da kann er mit dem Geld ein positives Zeichen setzten.

In welche Richtung interveniert die Therapeutin sonst noch? Sie will von Charlotte, dass sie besser für sich sorgt. Mit Charlottes Aussage: Ich wollte eigenständig sein, das hat mir Steve nie erlaubt! zeigt sie, dass sie sich nicht abgrenzen kann von Forderungen oder vermeintlichen Forderungen anderer.
Die Therapeutin will die Kommunikation der Eheleute verbessern. Insbesondere Steve soll lernen genau zuzuhören, was seine Frau meint, wirklich zu hören wie es ihr geht.

Ich habe den Eindruck, dass die Therapeutin Sandy ihrem Klienten Steve helfen möchte, die Ehe zu retten. Allerdings weiß sie aus Erfahrung, dass das sehr schwer sein wird.
 

parden

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13. April 2014
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www.litterae-artesque.blogspot.de
Auch ich habe nun den ersten Abschnitt endlich beendet und bin froh, wie eingängig und leicht die Lektüre vonstatten geht. Mir ging es ähnlich wie anderen hier: trotz des eher trockenen Settings bin auch ich vom Geschehen gebannt, harre der Abgründe, die da womöglich noch offengelegt werden. Die Therapeutin hat offensichtlich ein eigenes Thema mit ihrer Mutter, was immer wieder mit einfließt, aber im Wesentlichen konzentriert sich das Geschehen auf Ausschnitte der Beratungsstunden. Lachen musste ich, als Steve wissen wollte, wie viele Ehen sie gerettet hat und Sandy lapidar entgegnete: 'Zwei'. Das Gesicht von Steve hatte ich geradezu vor Augen... :D
 
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milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Mit einiger Verspätung bin ich jetzt auch in das Buch gestartet. Man wird gleich mitten in die Therapiesituation katapultiert, aber der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht. Die Kapitel lesen sich schnell hintereinander weg. Durch die viele wörtliche Rede wirkt das Ganze sehr lebhaft. Ich finde es interessant, dass wir die Gedanken der Eheberaterin mitgeliefert bekommen. Ich musste schon einige Male schmunzeln.

Die Situation von Steve und Charlotte ist sehr vertrackt. Viele Verletzungen und Misskommunikation haben das Vertrauensverhältnis zerstört und großen Schaden angerichtet. Ich kann Sandys Skepsis daran, dass die Ehe noch zu retten ist, verstehen. Aber ich habe das Gefühl, dass es noch einige Überraschungen geben könnte.

Ein wenig habe ich das Gefühl, dass es Sandy nicht so sehr darum geht, die Ehe zu retten. Finde ich etwas komisch. Lebt sie nicht davon, dass so etwas immer mal wieder gelingt?
 
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