Ich wollte nur mal kurz einen Blick in das Buch werfen - tja, und schwupps hatte ich den ersten Leseabschnitt durch. Jetzt muss ich mich disziplinieren und erst einige andere Dinge erledigen, weil ich fürchte, hängen zu bleiben. Schulman gelingt es mit wenigen Worten und kurzen, prägnanten Szenen ein lebendiges Bild von der Situation des Ich-Erzählers und seiner Familie zu zeichnen. Ich habe die das Bild der geraden und gezackten Linien, das während der Therapie entstand, direkt vor Augen. Es ist klar, dass diese geballte Disharmonie innerhalb der Familie mütterlicherseits, die ständigen Streitereien, der häufige Wechsel zwischen Abbruch und Wiederaufnahme von Kontakten etwas mit allen Beteiligten macht. Sehr gut gefallen hat mir in diesem Zusammenhang auch die Szene der Cousins und Cousinen, die sich treffen, weil sie als Erwachsene erkennen, dass sie nicht verantwortlich für die Streitereien ihrer Eltern waren - trotzdem schwingt bei ihrem Treffen die Familiengeschichte mit.
Der Großvater, ein talentierter, egozentrischer, selbstverliebter, unnahbarer Tyrann, dem es an Empathiefähigkeit mangelt, dem es Vergnügen bereitet, andere zu demütigen. Ganz schlimm finde ich, wie er die Gedichte seines Sohnes ins Lächerliche zieht, aber auch wie er mittels seines Spazierstockes mit seiner Frau kommuniziert. Ich frage mich, ob er bereits vor dem „sexuellen Attentat“, wie er es nennt, so war? Anzeichen dafür, dass er bereits zuvor kein umgänglicher Mann war, sehe ich schon. Seine Schnelllesefähigkeit is enorm - ich vermute ein fotografisches Gedächtnis, eine besondere Begabung, die ihm zugeflogen ist für die er dankbar sein kann - aber es ist nicht sein Verdienst. Ich bin sehr neugierig, die näheren Umstände des Treuebruchs zu erfahren. Wie ich Schulmann kenne, kommt da noch etwas - 70 Jahre lang Alpträume, eine Besessenheit Olof Lagercrantz fertig zu machen - was ist da wirklich passiert?