Mich macht die Geschichte traurig. Wann ist sie verfasst worden, irgendwann inden 1940ern bis 1960ern? Damals sicher kein leichtes Unterfangen, einfach so den Mann zu verlassen. Heut aber auch nicht immer.
Mal unabhängig von der inhaltlichen Diskussion, ich bin hier ganz bei dir, der allgemeine Gedanke in die Runde gestellt: Ich hätte es gut gefunden, wenn irgendwo im Buch die Entstehungsjahre der Kurzgeschichten vermerkt gewesen wären. Oder habe ich sie einfach nicht gesehen? Das kenne ich jedenfalls von anderen Kurzgeschichtensammelbänden von einem Autor oder einer Autorin. Ich bin eine Person, die gern zu einem Werk das Lebensalter der Schriftstellerin ausrechnet und zusätzlich natürlich, wie schon von
@ulrikerabe angedeutet auch den historischen Kontext dazu. Wir wissen, wann die Frau gelebt hat, aber es macht schon einen Unterschied, ob sie die Kurzgeschichte mit 20 oder 50 Jahren geschrieben hat. Vor der eigenen Heirat oder danach.
Habe gerade mal bei Wikipedia nachgeschaut, wo ein paar der Kurzgeschichten gelistet sind und ich mit meinem nicht vorhandenem Portugiesisch wlche zuordnen konnte, die wir schon in diesem ersten Leseabschnitt gelesen haben. Sie liegen eher am Ende ihres (kurzen, da keine 57 Jahre langen Lebens) in den 1970ern! Eine Info, die ich gern im Buch hätte, was ich in Händen halte.
Ich habe bei dieser Geschichte sehr viele Fragezeichen. Diese Frau sitzt zunächst vor dem Spiegel. Der Mann und die Kinder nicht zuhaise. Später verbringt sie ganze Tage im Bett, lässt sich von ihrem Mann keinen Kuss geben.
Diese Geschichte habe ich tatsächlich sehr kafkaesk gelesen und würde gar nicht einschätzen wollen, was davon wirklich passiert ist (inklusive dem Essen im Restaurant) und was nicht. Vielleicht hat die Frau ein durchgängiges Alkoholproblem und fantasiert den ganzen Tag wild vor sich hin?
Ich habe mich gefragt, welche Symbolik der Rosenstrauß verkörpert (traditionell ja Stolz, Schönheit, Unnahbarkeit). Daraus konnte ich mir keinen Reim machen. Zusammen mit dem Streben nach Unscheinbarkeit haben wir hier einen Gegensatz, der Laura offenbar quält...
Ich hatte zwischenzeitlich die Vermutung, dass es eine Metapher vielleicht für ein verlorenes Kind sein könnte. Sie will den Strauß nicht weggeben, hadert mit sich. Es ist ja ihrer. Und im Text gibt es die ein oder andere Stelle, bei der es um ihre Fruchtbarkeit geht, die Kinderlosigkeit. Aber mit der Idee bin ich mir überhaupt nicht sicher.
Es fällt schwer, sich in diese kranke Seele hineinzufinden. Es müssen Depressionen im Spiel sein. Ihre Eierstöcke sind insuffizient. Damit kann sie eine ihrer Hauptaufgaben als Frau nicht erfüllen. Milch als Stärkungs- und Beruhigungsmittel? Psychische Probleme drängen sich auf.
Es werden auch latent die Hochphasen (quasi "over-the-top"), die wohl vor und während ihres Klinikaufenthaltes bestanden. Deshalb kam mir die Idee bezüglich einer bipolaren Störung. Sie hat Hochphasen, in denen sie Bäume ausreißen könnte und auch macht. S. 45 "Nicht mehr dieses Etwas, das sich ihr einmal hell wie ein Krebs über die Seele gelegt hatte." "Genie war die schlimmste Versuchung." etc. Das könnte tatsächlich auf die Überschätzung im Rahmen der manischen Phase abzielen. In einer depressiven könnte sie schon einen (oder mehrere) Selbstmordversuche durchgeführt haben, (Achtung ganz viele wilde Vermutungen jetzt) vielleicht Reinigungsmittel trinken, weshalb der Magen kaputt ist und (wir blicken auf die Entstehungszeit) Milch zur Beruhigung von Magen und Seele getrunken werden soll. Nur die Sache mit dem Insulin bekomme ich nicht ins Bild gerückt...
Als sie sich so schwer von dem Strauß trennen konnte, dachte ich für einen Moment, dass sie schon einmal etwas Schönes hatte fortgeben müssen: ein (totes) Kind? Reine Spekulation.
Ah, jetzt habe ich auch diesen Kommentar von dir gelesen. Also stimmen wir mit unserer Vermutung überein bezüglich des Straußes! ^^
Für mich geht es um das Schöne, Besondere und Außergewöhnliche, also etwas, das dem Bild, das die Protagonistin von sich hat, völlig widerspricht. Dennoch scheint sie eine gewisse Sehnsucht nach diesem Besonderen zu haben.
Wenn ich meine Hypothese zur bipolaren Störung weiter ausschmücke, könnte das der Wunsch nach der "besonderen Zeit" sein, wenn die Manie reinhaut. Personen mit dieser Erkrankung erleben die manischen Phasen als frei von Leidensdruck, das ist die beste Zeit ihres Lebens. Nur für die Angehörigen ist das der viel schlimmere Teil der Erkrankung als der depressive. Die Protagonistin musste die "besondere Zeit" in der Klinik abgeben und hockt jetzt wieder festgefahren in ihren depressiven Symptomen im Hauskleid zuhause den ganzen Tag auf dem Bett.