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Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
edenfalls habe ich dann stattdessen Sortimentsbuchhändlerin gelernt, was im Vergleich mit Musik anscheinend akzeptabel war. ⠀
hahaha. Das Leben als Musikerin ist kein Zuckerschlecken. Ich kenne das Gegenbeispiel. Musikerehepaar zwingt Tochter zum Klavier. Ja, es wurde eine Musikerin aus ihr, aber zu was anderem hatte sie keine Zeit, vor allem nicht zu Freundschaften mit Nichtmusikern.
 
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Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
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Brandenburg
Diese Art Schuldgefühle enstehen aber doch zwangsläufig bei den Überlebenden?

Die Brüderrivalität wurde oft dadurch aufgehoben, dass die Mutter sagte, wir wissen doch, Hermann, dass du das erlebt hast!!

...es gab keine offene, bösartige und missgünstige Rivalität, aber sicherlich starke Neidgefühle und unbewusst eben doch Rivalität, die nach Adolfs Tod bei H. zu Schuldgefühlen geführt haben. Das kann gar nicht anders gewesen sein. Das muss die andere, ubw Seite der Medaille gewesen sein...
 
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Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
wordpress.mikkaliest.de

@Renie⠀

Wer weiß, wie der Vater das dem Bäcker verkauft hat! Vielleicht dachte der arme Mann ja, Hermann hätte schon ein bisschen Erfahrung....⠀

@Literaturhexle⠀

So habe ich es verstanden: er hat sich etwas zusammengemixt, was ihn auf jeden Fall krank machen wird. Vielleicht hat er unterschätzt, wie sehr...⠀

@Wandablue⠀

Ich denke, der Vater hat sich das gedanklich einfach so festgelegt, dass Hermann der Sohn ist, das das berufliche Erbe übernimmt, Punkt. Er scheint niemand zu sein, der sich von einmal getroffenen Überzeugungen so einfach lösen kann.⠀

Ich denke, er wird seine "Werkzeuge" und seinen Bauch vor der Blinddarmoperation schon desinfiziert haben, als Arzt wird er doch alles im Haus haben, was man braucht.⠀

Ich hab ja in meinem letzten Kommentar schon den Mann erwähnt, der sich selber die Hand amputiert hat, und das ganz sicher ohne irgendwelche Mittel zur Desinfektion – der hat auch keine Sepsis entwickelt, das ist dann wohl einfach Wahnsinnsglück...⠀

Mathematiker können auch Träumer sein. Nur sehen die Träume dann anders aus. ⠀

Dass Adolf fällt, muss nicht nur so sein, weil es das Buch realistischer macht – das muss so sein, weil es im echten Leben so wahr! ;-)⠀
 
Zuletzt bearbeitet:

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Eines war anscheinend auch vor der Erfindung der Social Media so: Es reicht nicht, gut zu sein, man muss es auch kommunzieren können. Hermanns Problem ist, dass er nicht selbstbewusst auftritt, dass er sich und seine Pläne und Berechnungen nicht vermarkten kann. Er kann nicht von seiner Idee überzeugen, vielleicht merkt ihm der Konsul nicht einmal an, wie sehr er selbst von seinen Überlegungen überzeugt ist. Csallner erkennt Hermanns Problem von Anfang an: "Es reicht nicht, etwas nur zu verstehen... Man muss auch darüber sprechen können." (S. 56). Für mich ist das ein zentraler Satz des 1. Abschnitts.
 

DanielMellem

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4. August 2020
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Die erste Szene mit dem Büffel fand ich dermaßen eindrücklich, dass ich mich frage, ob sie Deiner/Ihrer Fantasie entspringt und nur zeigen möchte, dass der Wissensdurst Herrmanns im Kleinen und die Forschung im Großen keine Grenzen kennt oder ob diese Szene eine Erinnerung von jemandem ist, die auf einer wahren Begebenheit beruht.

Vielen Dank für die schönen Fragen! Auch @Mikka Liest

In einer Biografie taucht eine Stelle auf, in der der junge Hermann Oberth einen Büffel reizt. Im genaue Ablauf und in der Eskalation stecken aber Freiheiten.

Ich habe weiter unten (so sind meine Rückschlüsse aus dem Gelesenen) schwierige familiäre Beziehungen vermutet und die Schuldgefühle Hermanns nach dem Tod seines Bruders auf die Schuldgefühle des Überlebenden und auf die ambivalenten Gefühlen gegenüber dem kleinen Bruder zu Lebzeiten zurückgeführt. Wolltest Du/Wollten Sie das so rüberbringen, weil es so war oder entspringt das der schriftstellerischen Freiheit?

Ich finde es total interessant, zu erfahren wo da die Grenze verläuft. Wo man als Schriftsteller einfach weiter assoziiert, phantasiert, träumt... wo und wann man die Grenze zwischen Realität und Fiktion überschreitet, wann man beginnt, Lücken zu schließen...

Hierzu vielleicht grundsätzlich: Ich kann leider nicht pauschal sagen, wo die Grenze zwischen Fakt und Fiktion verläuft. Was ich erfinden, dramaturgisch verdichten, auslassen möchte, musste ich für mich in jedem Kapitel, jeder Szene, im Grunde jedem Satz neu verhandeln und ausloten, wie es im Sinne der literarischen Figur passt und was ich über sie erzählen möchte. Ein weiteres Problem: Nichts kann reiner Fakt sein, alles durchläuft den Filter des Erzählers. Das gilt zum Beispiel schon für den ersten Satz: "Der Schäßburger Sommer des Jahres 1899 war heiß wie immer." Selbst, wenn es faktisch so ist, dass die siebenbürgischen Sommer sehr heiß sind, ist die Aussage fiktional aufgeladen. War der Sommer in jenem Jahr wirklich genau so heiß wie die anderen? Hat ihn die Figur, aus deren Sicht erzählt wird, auch so wahrgenommen? Und so weiter. Über manches kann ich aber sagen, dass es an Fakten angelehnt ist, mit denen ich gearbeitet habe. Dazu gehören auch die OPs.

Zu den Schuldgefühlen: Ich glaube, das passt in die Fazitdiskussion, da kann ich dann ein bisschen mehr zu meiner Sicht auf die Figur schreiben.
 

Mikka Liest

Bekanntes Mitglied
14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
wordpress.mikkaliest.de
@SuPro⠀

Ich glaube nicht, dass Hermann sadistisch veranlagt ist! Ich vermute, da liefen einfach zwei Dinge zusammen: Kinder fassen Dinge, die sie interessieren, einfach gerne an, und wie du später sagst, Hermanns Wissbegierde kennt keine Grenzen. ⠀

Die Mutter ist eine recht blasse Frau, oder? Sie steht immer im Schatten des Vaters. Ich würde gerne mehr über sie erfahren.⠀

@DanielMellem⠀

Danke für die interessanten Antworten!
 

SuPro

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28. Oktober 2019
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Diese Art Schuldgefühle enstehen aber doch zwangsläufig bei den Überlebenden?

Die Brüderrivalität wurde oft dadurch aufgehoben, dass die Mutter sagte, wir wissen doch, Hermann, dass du das erlebt hast!!
Die Schuldgefühle entstehen oft zwangsläufig, aber entscheidend ist das Ausmaß...
Dass bzw. ob die Brüderrivalität nur durch mütterliche Bemerkungen aufgehoben wird ist fraglich...eher kurzzeitig abgemildert...
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Hermann wusste aber auch selber nicht recht, wohin mit sich. Er hatte keinen Plan. Das ist sein Verhängnis.
Ja. Er wusste zwar, was sein Ziel ist:der Bau einer Weltraumrakete mit Zwischenziel Bau einer Rakete als Kriegswaffe.
Aber er wusste den Weg dorthin nicht. Irgendwann wollte er zwar Physik studieren, aber das Fach schien es so richtig für sein Bedürfnis noch nicht zu geben und In den Vorlesungen später wurden ja teilweise für ihn irrelevantes Zeug gelehrt.
Dass Adolf fällt, muss nicht nur so sein, weil es das Buch realistischer macht – das muss so sein, weil es im echten Leben so wahr! ;-)⠀
Genau. Da gibt es keine schriftstellerischen Freiheiten.
Hermanns Problem ist, dass er nicht selbstbewusst auftritt, dass er sich und seine Pläne und Berechnungen nicht vermarkten kann. Er ka
Stimmt. Sehr wichtiger Hinweis. Typen wie Valier, die den Zeitgeist treffen und sich gut anbringen können, sind im Vorteil. Da nützt oft alle Qualifikation nichts.
 

SuPro

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Vielen Dank für die schönen Fragen! Auch @Mikka Liest

In einer Biografie taucht eine Stelle auf, in der der junge Hermann Oberth einen Büffel reizt. Im genaue Ablauf und in der Eskalation stecken aber Freiheiten.



Hierzu vielleicht grundsätzlich: Ich kann leider nicht pauschal sagen, wo die Grenze zwischen Fakt und Fiktion verläuft. Was ich erfinden, dramaturgisch verdichten, auslassen möchte, musste ich für mich in jedem Kapitel, jeder Szene, im Grunde jedem Satz neu verhandeln und ausloten, wie es im Sinne der literarischen Figur passt und was ich über sie erzählen möchte. Ein weiteres Problem: Nichts kann reiner Fakt sein, alles durchläuft den Filter des Erzählers. Das gilt zum Beispiel schon für den ersten Satz: "Der Schäßburger Sommer des Jahres 1899 war heiß wie immer." Selbst, wenn es faktisch so ist, dass die siebenbürgischen Sommer sehr heiß sind, ist die Aussage fiktional aufgeladen. War der Sommer in jenem Jahr wirklich genau so heiß wie die anderen? Hat ihn die Figur, aus deren Sicht erzählt wird, auch so wahrgenommen? Und so weiter. Über manches kann ich aber sagen, dass es an Fakten angelehnt ist, mit denen ich gearbeitet habe. Dazu gehören auch die OPs.

Zu den Schuldgefühlen: Ich glaube, das passt in die Fazitdiskussion, da kann ich dann ein bisschen mehr zu meiner Sicht auf die Figur schreiben.
Danke für die ausführliche Rückmeldung!
 
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DanielMellem

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4. August 2020
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Was ich konkret meine: Ein "heiß wie immer" ist faktisch gar nicht verifizierbar. Bei welcher Temperaturabweichung kann man von einem "wie immer" sprechen? So eine Aussage liegt in der Wahrnehmung der Figur.

Zu der Diskussion um die Blinddarm-OP: Das ist natürlich die Erinnerung eines Fünfjährigen - ob die OP überhaupt so ablaufen kann, dahinter kann man ein großes Fragezeichen setzen. Vom Nachmachen sei abgeraten. :D