2. Leseabschnitt: Seite 66 bis 139

Barbara62

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In Per Pettersons "Pferde stehlen" war der Vater des Helden im norwegischen Widerstand gegen die Besatzer. Edvards Vater war als deutscher Soldat in Norwegen stationiert. Das spielt eine zentrale Rolle und an dieser Stelle fließen auch meinerseits autobiographische Elemente in den Roman ein.
Oh, wie schön! Dieses Thema interessiert mich brennend, seitdem ich verschiedene norwegische Romane gelesen habe, in denen es eine Rolle spielt. Während es bis vor etwa 10 Jahren in norwegischen Romanen vor allem um den norwegischen Widerstand ging, beschäftigt sich Simon Strangers Roman "Vergesst unsere Namen nicht" mit einem Kollaborateur (norweg. Buchhändlerpreis 2018). Ich kann den Roman, der wie ein Lexikon aufgebaut ist, nur wärmstens empfehlen! Beide Seiten zusammen geben ein rundes Bild. Und Roy Jacobsens "Die Unsichtbaren" spielt zum Teil auch in dieser Zeit, auch sehr empfehlenswert. Ihr habt doch hoffentlich alle Lesezeit übrig? ;)
 
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RuLeka

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ulrikerabe

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Das trifft es auch für mich ziemlich gut.
Mit der Vokabel (un)sympathisch für literarische Figuren habe ich sowieso meine Probleme, weil sie sich ja nur auf das Äußere bezieht. Hier bekommen wir viel vom Innenleben der zerrissenen Alva mit. Insofern kann sie einem kaum un sympathisch sein. Ihre Probleme stecken im Inneren, in der Psyche. Sie kann nicht anders und man hofft auf Entwicklung und Besserung.
Du hast vorhin Borderline erwähnt. Ich würde Alva auch so einordnen. Alva ist nicht "unsympathisch". Alva hat jedenfalls eine psychische Erkrankung. Aber es stimmt natürlich, dass es schwerfällt, solche Personen zu mögen. Da muss man sehr nahestehen und sehr viel aushalten können.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Du bist nicht allein, kenne es leider auch nicht. Aber es macht neugierig, wenn da nur ein wenig mehr Zeit wäre........
Ich habe irgendwie das komische Gefühl, dass demnächst (ein dehnbarer Begriff :p:D) eine Runde für dieses Buch fällig ist und von unserem kompetenten Moderatorenteam angelegt wird, gell @Literaturhexle :D!?
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Sie beschrieb die Frau des Mannes immer wieder als schön, fast schon, als beneidete sie sie.
Mir kam der Gedanke, dass sie sehr gerne so wäre wie diese Frau. Und wenn sie nun mit ihrem Mann Sex hat, wäre es fast ein bisschen als wäre es das so. Ich glaube, es lag ihr nichts ferner, als jemanden zu verletzen.
Oh, es wäre Zeit für ein Re-Read. Ich fand das Buch wunderbar, habe aber kaum noch Erinnerung daran:(
Wie @kingofmusic kam mir auch gleich der Gedanke: Na, wenn das nicht eine der nächsten Leserunden gibt ;)
 

parden

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13. April 2014
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Wow, hier ist schon so viel zu dem Abschnitt geschrieben worden... Der Roman hat einen ganz eigenartigen Sog, düster und melancholisch bisher, doch die beiden Charaktere versuchen sich an die Oberfläche der dunklen Tiefen zu strampeln. Alva macht es niemandem leicht, sie zu mögen, nicht ihrem fiktiven 'Vater' Edvard, nicht dem Leser. Aber die Verletztlichkeit und tiefe Verzweiflung, die da immer wieder aufblitzen, lassen einen auch zögern, sich einfach abzuwenden. Immerhin wartet sie auf dem Flohmarkt auf Edvard. Ich bin gespannt, wie sich die Geschichte weiter entwickelt. Edvard jedenfalls ist ziemlich blauäugig losgespurtet auf der Suche nach seinem nun über 90jährigen Vater, der im Grunde überall und nirgends sein könnte - und wer sollte ihn wohl kennen, den er zufällig fragen könnte?
 

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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In diesem Abschnitt habe ich ein paar Mal gedacht, dass Alva aus Sicht von Edvard manchmal wirkt wie eine ganz andere Person... Und ich war sehr überrascht, dass Alva gar nicht ihr echter Name ist – aber gleichzeitig auch wiederum nicht.

@Barbara62

Eine Freundin von mir hatte nach der Geburt ihres zweiten Kindes eine postpartale Depression. Das hat sie eine Weile mit sich rumgetragen, bis es irgendwann aus ihr rausgeplatzt ist: sie könne N. einfach nicht lieben. ⠀Und das, obwohl sie Kinder liebt und mit Kindern arbeitet! Sie hat unsäglich darunter gelitten, aber was sie später darüber erzählte, klang dem, was wir von Alva mitkriegen, nicht unähnlich – nur dass sie sich schnell therapeutische Hilfe suchte und darüber dann auch einen Zugang zu ihrem Sohn fand. ⠀

Vielleicht kann ich Alva daher auch nicht verurteilen, obwohl ihr Verhalten zum Teil furchtbar kalt klingt.⠀

Ich glaube, es ist so tief in Edvard verwurzelt, dass er positive Gefühle ausdrückt, indem er sich kümmert, dass er auch die vage Hilfsbereitschaft einer Fremden gegenüber so zum Ausdruck bringt.⠀

Ich vermute ja, dass der Vater auf seinen häufigen Reisen eine andere Frau kennengelernt hat, vielleicht sogar eine ganze zweite Familie irgendwo hatte.⠀

@Sassenach123

Diese Aktion mit dem Wildfremden hätte ich Alva vorher gar nicht zugetraut! Aber die Frage ist, ob sie daran wirklich Spaß hatte, oder ob es eine Form der Selbstbestrafung ist, oder wie Barbara62 angesprochen hat, der Versuch, das Leben zu spüren?⠀

@MRO1975

Irgendwie glaube ich (noch), dass er wirklich seinen Vater gesehen hat, nur dass der das Flugzeug vielleicht für sein Kind aus einer neuen Familie gekauft hat... Vielleicht hat der Vater ja immer noch einen Beruf, bei dem er viel rumkommt.⠀

Alva ist rätselhaft, ich finde sie schwer einzuschätzen!⠀

@RuLeka

Ja, genau, Edvard kann wahrscheinlich gar nicht aus seiner Haut. Sie spricht ein Vatergefühl in ihm an, und das löst direkt das Bedürfnis aus, ihr zu helfen und sich um sie zu kümmern – da muss er gar nicht drüber nachdenken.⠀

Vielleicht will Alva ihre Kindheit hinter sich lassen und hat ihren Namen daher abgelegt? Kann ich nachvollziehen... ⠀

@Literaturhexle

Bei ihrer Aussage, sie habe keine Angst davor, sich mit was anzustecken, habe ich auch erstmal geschluckt. Da gibt es ja doch einige sehr unerfreuliche Dinge...⠀

Und diese Berechnung, dass sie mit Jo schläft, damit er zufrieden ist und sie mit positiven Gefühlen ziehen lässt, spricht auch Bände.⠀

Die Mutter nutzt Edvards Persönlichkeit so gnadenlos aus... Was hat sie erlebt, dass sie dazu gebracht hat, bei ihrem Sohn die Unterstützung zu suchen, die normalerweise nicht die Aufgabe eines Kindes wäre?⠀

@Yolande

Stimmt, da sind Edvard und Alva krasses Gegensätze: der eine kümmert sich zu viel, die andere zu wenig. Mal gucken, ob sie miteinander ein gesundes Mittelmaß finden können.⠀

@Die Häsin

Mir tut Alva leid, es muss einen Grund dafür geben, dass sie es nicht schafft, ihr Kind so zu lieben, wie sie das selber gerne würde. Oder dass sie sich mit Musik abschotten muss vor der Realität. ⠀

@Alexander Häusser

Ich mag Alva eigentlich, aber ich mache mir Sorgen um sie (obwohl ich natürlich weiß, dass sie nur eine literarische Figut ist) und finde nicht alles gut, was sie tut. ⠀

Ich denke nicht, dass Figuren immer sypathisch sein müssen, die besten Charaktere haben oft Abgründe. ⠀

Mir fällt da gerade ein Charakter von Friedrich Ani ein, der pädophil ist (also genau das, was wohl die meisten Menschen verachtenswert finden) aber mit sich selber kämpft, um nicht nach dieser Neigung zu handeln. Krasser kann man gar nicht zeigen, dass ein guter Charakter auch den Willen der Leser strapazieren kann, ihn oder sie zu mögen.⠀

Ah, der Vater war in Norwegen stationiert? Das rückt ja alles in ein ganz anderes Licht! Da spitze ich doch direkt die Ohren, da ich auch nicht auf der Welt wäre, hätte meine norwegische Großmutter kein Lebensborn-Kind geboren...⠀
 
12. Januar 2021
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www.alexanderhaeusser.de
Ah, der Vater war in Norwegen stationiert? Das rückt ja alles in ein ganz anderes Licht! Da spitze ich doch direkt die Ohren, da ich auch nicht auf der Welt wäre, hätte meine norwegische Großmutter kein Lebensborn-Kind geboren...⠀
"Lebensborn" - ich war vor vielen Jahren auf einer Recherche Fahrt in Norwegen in einem ehemaligen Lebensborn-Heim, dem jetzigen Stalheim-Hotel und konnte noch mit einer Zeitzeugin sprechen. Was für Tragödien sich dort abgespielt haben!