Der Autor geht ganz besonders mit der Sprache um. Da passt jedes Wort . Z.B. „...sein Zimmer betrat, das immer das Kinderzimmer geblieben war, das nie für ihn gewachsen war, das ihn ein Leben lang klein gehalten hatte...Sein beleidigtes, besserwisserisches Zimmer, das es Edvard nie verziehen hatte, erwachsen geworden zu sein.“
Die Sprache ist Hammer! Eine solch "realistische Poetik" habe ich selten gelesen. Sie gibt Figuren, Stimmungen und auch Gegenständen ein eigenes Leben und beschreibt sie auf wunderbare Weise. Das Kinderzimmer ist ein Beispiel, aber auch die Antiquitäten im Schuppen (S.55) und vieles andere... Man muss die Sätze richtig auf der Zunge zergehen lassen und auch zweimal lesen. Ich liebe das
!
Während ich Edvards vertrakte Lage verstehen kann, fehlt mir die Empathie für Alva fast völlig. Ich empfinde sie hochgradig verantwortungslos. Sie setzt ein Kind in die Welt, kümmert sich aber nur rudimentär darum und wie es ihr in den Zeitrahmen passt. Ab und zu ein bisschen heile Welt spielen, dann die Kopfhörer auf und abtauchen. Für mich ist sie emotional schwer gestört. Ihre Mutter mag zwar die Schwester vorgezogen haben, allerdings ist dies Alvas Perspektive und die meisten Kinder fühlen sich den Geschwistern gegenüber benachteiligt... Ob wir noch eine Ursache für ihre Bindungsschwäche erfahren? Die Musik ist doch eine Macke: immer dieselben Songs, die sie wieder zu sich holen und beruhigen. Arme Lina! Wirklich. Auch Alvas Anrufe kommen zur Unzeit. Alva müsste sich nach den Bedürfnissen des Kindes richten und nicht nach ihren eigenen.
Hier gibt es keine Klischees oder Plattitüden, jedes Wort sitzt, die Personen sind mehrdimensional und authentisch. Ich bin bisher sehr angetan, es macht mir richtig Spaß!
Besser kann man das nicht sagen. Mir gefällt es auch sehr.
die Mutter scheint mir ziemlich manipulativ, sie wollte die Liebe und Aufmerksamkeit Edvards nicht teilen. Interessanterweise hat sie aber das Sparbuch versteckt und nicht weggeworfen. Also wollte sie, dass Edvard es nach ihrem Tod findet.
Edvard ist ein sehr gründlicher Charakter. Er hat morgens immer alles gerichtet und sich nach dem weggehen nochmal umgedreht. dadurch fällt ihm gleich auf, dass sich im Raum etwas verändert hat. Ich nehme an, seine Mutter wusste, dass er das merken würde.
Sie hat das Geld aus lauter Stolz nicht angerührt, vermute ich, wollte es ihrem Sohn aber auch nicht vorenthalten. Was ja an sich ein fairer Zug ist.
Ich finde es jedenfalls interessant, in Romanen auf unvollkommene Charaktere zu stoßen - und dass es hier eine Entwicklung geben wird, deutet ja schon der Klappentext an..
Große Literatur handelt von beschädigten Menschen, sagte mal eine gebildete Frau zu mir
. Sie geben literarisch in der Regel einfach mehr her als Otto Normalverbraucher.
Momentan verfolgt sie eine Idee für einen Film und hofft dafür auf eine Festanstellung, um endlich finanziell unabhängig zu sein.
Ich bin zwar überzeugt, dass sie das wirklich vorhat. Doch wirkt sie sehr unstet, unzuverlässig und sprunghaft auf mich. Ich traue ihr im Moment keine ernsthafte Tätigkeit zu, wenn ich ehrlich bin.
[zitat]Mit den magischen Orten käme Ordnung in ihr Leben - Ordnung und Geld, und sie würden auch gemeinsam Urlaub machen können, wie es alle taten. S. 46[/zitat]
Sie ist sehr extrem in ihren Stimmungen: Himmelhochjauchzend-zu Tode betrübt. Sie hat zu hoch geschraubte Hoffnungen, da kann sie nur scheitern.
Tom hatte wahrscheinlich Recht, dass sie professionelle Hilfe braucht (S. 51)