Thema "Der Fünfte im Spiel" von Robertson Davis

Literaturhexle

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Aber Dunny hat eh keine normale Beziehung zu jemandem. Auch seine Beschäftigung mit Heiligen aus aller Welt ist nicht gerade das, was Männer im besten Alter so treiben.
Ja. Man darf sich den kritischen Blick auf Dunny nicht verstellen lassen. Er ist ganz klar ein Sonderling. Er hat Schwierigkeiten, auch dauerhafte Beziehungen zu Frauen aufzubauen. Und die Heiligen.... strange!
 
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Literaturhexle

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5. Teil: Liesl
Während des 2. Weltkrieges kann Boy in der Nahrungsmittelbranche seinen Einfluss immens ausbauen. Auch sitzt er in der Schulverwaltung von Dunnys Schule, in die auch David geht.
1942 stirbt Leola an einer Lungenentzündung, offenbar hat sie den Tod provoziert. Während die Tochter tobt, stellt David fest, dass es für seine Mutter wohl besser wäre. Bezeichnend. Boy ist ständig unterwegs und kann auch an der Trauerfeier nicht teilnehmen. Dunny kümmert sich um alles. Am Grab trifft er auf Milo Papple, der die große Liebe zwischen Leola und Boy beschwört. Ein Witz.

Während des Krieges musste Dunny die Rektorenstelle an seiner Schule einnehmen. Er würde es gern weitermachen. Leider ist die Verwaltung anderer Meinung: Man will einen Jüngeren. Außerdem ist Dunny als alleinstehender, schrulliger Heiligenverehrer verdächtig... Dieser Dialog mit Boy hat mir sehr gut gefallen, weil wir hier mal einen anderen Blick auf den Erzähler bekommen. Man einigt sich: Dunny wird Konrektor bleiben, also sein Gesicht wahren können, und er bekommt 6 Monate Reisezeit.

Dunny forscht in Guadelupe über das Wesen des Glaubens. Er sitzt stundenlang in einer Basilika, beobachtet die Menschen und langweilt sich mitunter. Er besucht Abendveranstaltungen und entdeckt die Vorführung eines Magiers, für das er sofort Karten bestellt.
Die Show fasziniert ihn in mehreren Beziehungen (ist die Schilderung nicht wunderbar gelungen?!), die Tricks sind nicht neu, allerdings strahlt die Show Würde und Ernsthaftigkeit aus - im Gegensatz zu den Üblichen. Natürlich steckt Paul Dempster dahinter, der sich jetzt Magnus Eisengrimm nennt. Zunächst wird Dunny nicht zum Künstler vorgelassen. Erst als eine große, unattraktive Frau sich für ihn verwendet, kommt er zur Garderobe. Paul ist abweisend. Erneut greift die Frau (Liesl) ein, indem sie Dunny zum Essen am nächsten Tag einlädt. Paul spricht Dunny in mehreren Sprachen an, auf alle kann er erwidern... Auf einmal ist Paul liebenswürdig. Das einst gestohlene Geld zaubert er zurück in Dunnys Börse und steigt damit in dessen Achtung.
Warum ändert Paul seine Meinung über Dunny? Hat Liesl soviel Einfluss auf ihn? Sie scheinen kein Paar zu sein... Weiterlesen!

Herrlich! Bei besagtem Essen wird ausgemacht, dass Dunny als Ghostwriter für den großen Magier eine Autobiografie schreiben soll, für die er gut entlohnt wird. Liesl kennt seine Heiligenbücher, die sie schwer beeindruckt haben und hält ihn für den richtigen Mann. Dunny nimmt an, freut sich auf das Abenteuer, Zauberer hatten ja schon immer einen besonderen Reiz für ihn. Die kleine Truppe plant eine perfekte Illusionsshow. Das Ensemble muss sich auch im Privaten einem strengen Verhaltenskodex unterziehen.

Dunny hat die Truppe nach einem Monat satt, hängt aber auch an ihr. Er gibt den Tipp für eine Illusion mit dem "Ehernen Haupt", das dermaßen perfektioniert wird, dass es der größte Erfolg der nächsten Jahre werden wird. Dunny quält sich: Einerseits ist er zu einer Quasselstrippe mutiert, die schamlos Geheimnisse ausplaudert, andererseits hat er sich in die schöne, rund 30 Jahre jüngere, Faustina verliebt.
Liesl ist eine sehr kluge Frau. Dunny erzählt ihr die wahre Herkunft des Magiers. Von schlechtem Gewissen geplagt, bittet er sie um Geheimhaltung - was diese ablehnt. Ihrer Meinung nach wird man durch das Verschweigen finster und hart. Sie fordert Dunny auf, sich die Geheimnisse von der Seele zu reden:). Außerdem behauptet sie scharfsinnig, dass Dunny außer Pauls Mutter niemanden geliebt habe.
Was seine Liebe zu Faustina betrifft, so kommt er einer Ohnmacht nahe, als er die Schöne im intimen Liebesspiel mit Liesl antrifft:eek:.

Liesl kommt abends zu ihm und teilt ihm ein paar unliebsame Wahrheiten mit. Er habe dem Leben immer nur zugeschaut. Sie nimmt seine Liebe zu Faustina nicht ernst, bietet sich ihm an, mit ihr zu schlafen. Dunny ist entsetzt. Die beiden geraten in einen heftigen, gewalttätigen Streit, bis Liesl schließlich geht...
Danach fühlt sich Dunny erleichtert, hofft bald wieder er selbst zu sein.
Liesl kommt zurück, sie versöhnen sich. Tatsächlich analysiert sie ihn gut:
[zitat]Sie behandelt jeden anständig, außer einen gewissen Jemand, und dieser Jemand ist Dunstan Ramsey.349[/zitat]
Der Dialog liest sich wunderbar, so viele schöne Sätze. Auf S. 351 erfahren wir, was es mit dem Fünften im Spiel auf sich hat. Was eine kluge, einfühlsame Frau diese "hässliche" Liesl doch ist! Letztlich schlafen sie doch miteinander: [zitat]Und doch habe ich nie ein tieferes Entzücken empfunden oder eine heilsamere Zärtlichkeit danach.[/zitat]
Der klopfende Nachbar war eine feine, erheiternde Zugabe:)
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Während des Krieges musste Dunny die Rektorenstelle an seiner Schule einnehmen. Er würde es gern weitermachen. Leider ist die Verwaltung anderer Meinung: Man will einen Jüngeren. Außerdem ist Dunny als alleinstehender, schrulliger Heiligenverehrer verdächtig... Dieser Dialog mit Boy hat mir sehr gut gefallen, weil wir hier mal einen anderen Blick auf den Erzähler bekommen. Man einigt sich: Dunny wird Konrektor bleiben, also sein Gesicht wahren können, und er bekommt 6 Monate Reisezeit.
Dieser Abschnitt hat mich an „ Stoner“ erinnert. Das ist auch ein Mann, der sich engagiert, aber nie die Anerkennung findet, die er verdient hätte.
Auch sieht man hier, dass nicht Leistung zählt, sondern der äußere Schein. Blender kommen meistens weiter.
Einerseits ist er zu einer Quasselstrippe mutiert, die schamlos Geheimnisse ausplaudert, andererseits hat er sich in die schöne, rund 30 Jahre jüngere, Faustina verliebt.
So langsam wird Dunny ein normaler Mensch.
Liesl kommt abends zu ihm und teilt ihm ein paar unliebsame Wahrheiten mit. Er habe dem Leben immer nur zugeschaut. Sie nimmt seine Liebe zu Faustina nicht ernst, bietet sich ihm an, mit ihr zu schlafen. Dunny ist entsetzt. Die beiden geraten in einen heftigen, gewalttätigen Streit, bis Liesl schließlich geht...
Danach fühlt sich Dunny erleichtert, hofft bald wieder er selbst zu sein.
Liesl kommt zurück, sie versöhnen sich. Tatsächlich analysiert sie ihn gut:
Sie behandelt jeden anständig, außer einen gewissen Jemand, und dieser Jemand ist Dunstan Ramsey.349
Der Dialog liest sich wunderbar, so viele schöne Sätze. Auf S. 351 erfahren wir, was es mit dem Fünften im Spiel auf sich hat. Was eine kluge, einfühlsame Frau diese "hässliche" Liesl doch ist! Letztlich schlafen sie doch miteinander:
Eine Schlüsselszene für das ganze Buch.
Es sind zwar immer sonderbare Typen, denen Dunny begegnet, aber die Lebensweisheiten, die sie parat haben, sind allgemein gültig.
Es sind vor allem die Reflexionen und Gespräche, die das Buch so wertvoll machen. Die Figuren wirken dagegen eher wie Karikaturen oder Typen.
 

Literaturhexle

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Die Figuren wirken dagegen eher wie Karikaturen oder Typen.
Das habe ich gar nicht so empfunden. Das mag daran liegen, dass der Erzähler sie uns so bildlich, aufs Äußere bezogen schildert.
Im letzten Drittel verdichtet sich die Geschichte auch. Keine nennenswerten Sidesteps mehr, sehr spannend. Jetzt ran an den letzten Teil:)
 
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Literaturhexle

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6. Teil:Die Soiree der Illusionen

Ich erspare mir die Zusammenfassung des letzten Teils, bin aber ganz geplättet, wie der Autor dieses wunderbare Buch zu Ende gebracht hat. Der Coup, wie Boy zu Tode kommt, ist einfach genial! Bei der ersten Nennung des Steins im Mund war ich noch versucht, dich gleich zu fragen, ob ich etwas überlesen hätte. Habe ich nicht. Die Auflösung kommt auf den letzten Seiten. Er wird ihn hypnotisiert haben, oder? So genial!!!

Auch das Zusammentreffen Boys mit Paul alias Magnus: Großes Kino! Wie gewohnt will sich Boy auf Dunnys Kosten lustig machen, doch der Magier nimmt ihm den Wind aus den Segeln, macht ihn unsicher.
Sein ganzes Leben hat Boy Menschen benutzt und für seine Schuld nicht eingestanden. Man denke nur an Leola, die mit Dunny gewiss glücklicher geworden wäre. Der Erzähler hat während des ganzen Buches nur vom Schneeball gesprochen. Von einem Stein war nie die Rede.
Toll, dass wir das Buch vom SuB befreit haben. Es hat sich sowas von gelohnt!
Wie interpretierst du das Ende? Dunny geht mit Liesl und Magnus mit, oder?
Bin gespannt, wie es dir gefallen hat.
 

RuLeka

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Er wird ihn hypnotisiert haben, oder? So genial!!!
Ja genau, so wird es gewesen sein. Auf die Hypnose bin ich nicht gekommen, nur dass Eisengrimm der Täter war. Ein genialer Mord, den niemand beweisen kann.
„ Er ( Eisengrimm ) betonte, dass man mit Hilfe der Hypnose niemanden zu Handlungen zwingen kann, die den Wunschvorstellungen des Betreffenden zuwiderlaufen, obwohl Leute natürlich Wünsche haben, die sie nicht eingestehen wollen, nicht einmal sich selbst.“
Der Stein ( Granit- ein sehr harter Stein ) macht aus einem harmlosen Schneeball natürlich was anderes. So wird auch verständlich, dass Dunny dem Schneeball alles Elend von Mrs. Dempster zuschrieb.
Die Antwort des „ Hauptes“ auf die Frage, wer Boy Stanton ermordet hat:
„ Er fiel der üblichen Kabale zum Opfer: sich selbst vor allem; der Frau, die er kannte ( Leola? ); der Frau, die er nicht kannte ( Mrs. Dempster?); dem Mann, der ihm seinen geheimsten Wunsch erfüllte ( Eisengrimm?); und dem unvermeidlichen Fünften, der sein Gewissen hütete und den Stein ( Bunny).“
Dunny geht mit Liesl und Magnus mit, oder?
Der Brief von Liesl lässt darauf schließen.
Toll, dass wir das Buch vom SuB befreit haben. Es hat sich sowas von gelohnt!
Ja, unbedingt. Das ist ein Roman, der einem noch lange beschäftigt. Eine Wahnsinnsgeschichte mit faszinierenden Figuren und vielen Reflexionen über Schuld, Verantwortung, ein geglücktes Leben , das Böse in der Welt, Gott und der Teufel . Dazu dieses Ende. Wäre auch ein Buch für einen Lesekreis.
Die Figuren wirken dagegen eher wie Karikaturen oder Typen.
Damit habe ich gemeint, dass alle Figuren bestimmte Eigenschaften bis ins Extreme verkörpern: Dunny ist eine Spur zu altruistisch, Boy ist der Inbegriff des sexbesessenen Frauenhelden, des gierigen Kapitalisten und des schmierigen und verantwortungslosen Politikers, Liesl zu hässlich und monströs usw. Aber Du hast recht, wir bekommen sie ausschließlich aus der Perspektive des Ich- Erzählers geschildert.
 

Literaturhexle

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Ein genialer Mord, den niemand beweisen kann.
Den Stein hätte sich Magnus auch selbst vor seiner Höllenfahrt platzieren können- wenn es ein Selbstmord war. Aber der Erzähler machte uns ja gleich neugierig, weil er betonte, ein Dritter müsse ihn in den Mund gesteckt haben...
der Frau, die er kannte ( Leola? ); der Frau, die er nicht kannte ( Mrs. Dempster?);
Leola hat mit der Sache nichts zu tun. Ich glaube nicht, dass Magnus sie rächen wollte. In beiden Fällen sehe ich Mrs Dempster: er kannte sie definitiv als Kind, hat sie sogar verspottet(!). Als Erwachsener behauptet er aber, sie NICHT zu kennen (was ich als Lüge interpretiere).
Eine Wahnsinnsgeschichte mit faszinierenden Figuren und vielen Reflexionen über Schuld, Verantwortung, ein geglücktes Leben , das Böse in der Welt, Gott und der Teufel . Dazu dieses Ende. Wäre auch ein Buch für einen Lesekreis.
Schön zusammengefasst!
Meine Lesekreise wären bockig wegen der Dicke des Buches;) und weil es gebunden ist. Ein toller Roman!!!
 

RuLeka

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Meine Lesekreise wären bockig wegen der Dicke des Buches;) und weil es gebunden ist. Ein toller Roman!!!
Dicke Bücher gab es bei uns immer über die Sommerpause hinweg. Da hat jeder genügend Zeit und es wäre schade um die vielen guten, aber umfangreichen Bücher. Aber wir hätten auf die Taschenbuchausgabe warten müssen. Das ist seit Anfang an ein ungeschriebenes Gesetz, dass wir ( es gab auch schon Ausnahmen) die günstigere Variante bevorzugen. Aus sozialen Gründen, wobei die Teilnehmer meiner Runde fast alle genügend Geld haben, um mehrmals im Jahr Reisen zu unternehmen, sprich : jeder könnte sich ein gebundenes Buch leisten. ( Außerdem gibt es noch zwei Stadtbibliotheken in der Umgebung.)
 
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Literaturhexle

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Auch toll, dass er "seine " Madonna noch gefunden hat, die ihm im Krieg das Leben rettete. Da sind so viele schöne Szenen drin!
Hast du ad-hoc auf dem Schirm, warum der Erzähler überhaupt seinem Chef diese lange Erklärung gibt? Da muss ich nochmal nach vorne blättern...
 

RuLeka

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Auch toll, dass er "seine " Madonna noch gefunden hat, die ihm im Krieg das Leben rettete. Da sind so viele schöne Szenen drin!
Hast du ad-hoc auf dem Schirm, warum der Erzähler überhaupt seinem Chef diese lange Erklärung gibt? Da muss ich nochmal nach vorne blättern...
Er fühlte sich von ihm verkannt. Er war nicht der leicht vertrottelte Lehrer, als den man ihn hinstellte sondern hatte ein viel reicheres Leben. So habe ich es jedenfalls in Erinnerung.
 
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