Rezension Rezension (5/5*) zu Monday, wo bist du?: Thriller von Tiffany D. Jackson.

Buchfee

Neues Mitglied
25. Dezember 2020
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Wirklich verstörend

Das Buch hat mich wirklich nachdenken lassen. Zunächst ist zu sagen, dass Tiffany D. Jackson einfach unheimlich packend schreibt. Man kann diese Geschichte, einmal angefangen, nicht mehr aus der Hand legen, so zwingend will man immer weiter wissen, was als Nächstes geschieht.

Gesteigert wird diese Spannung noch dadurch, dass es immer wieder Zeitsprünge gibt: Die Zeit, in der Claudia und Monday noch unzertrennliche Freundinnen waren, die Zeit, als Monday gerade verschwunden ist, und die Zeit "danach" - wonach, ist zunächst nicht ganz klar.

Eines wurde mir beim Lesen ganz deutlich bewusst: Wie achtsam bin ich eigentlich? Klar würde mir auffallen, wenn jemand, mit dem ich jeden Tag zusammen bin, auf einmal weg wäre. Aber wie sieht es mit meinen Nachbarn aus? Arbeitskollegen? Wie schnell oder würde mir überhaupt auffallen, wenn ich jemanden mehrere Wochen oder Monate nicht mehr zu Gesicht bekomme? Würde ich nachhaken oder es doch mit einem Achselzucken abtun, weil es schon irgendeinen Grund geben wird?

Sehr unbequem hält uns die Autorin hier einen Spiegel vor. Und nicht nur das: Wissen wir wirklich, was bei anderen, selbst bei unseren engen Freunden, hinter geschlossenen Türen passiert?

Obwohl das Buch irgendwie "leicht" und gut verdaulich geschrieben ist und gar nicht sehr in die Einzelheiten eingeht, werden hier doch Unfassbarkeiten beschrieben, die man gar nicht in Worte fassen kann. Und doch weiß man: So etwas passiert täglich (vielleicht nicht in allen Einzelheiten, aber doch ähnliche Geschichten mit ähnlichen Ausgängen).

Was da am Ende herauskommt, ahnte ich zwar bereits, aber die Umstände sind einfach unaussprechlich. Da bekommt man einfach nur Gänsehaut beim Lesen.

Tiffany D. Jackson prangert zu Recht Zustände an, die ganz sicher nicht nur in Washington D.C., wo diese Geschichte spielt, so sind, wie sie beschrieben werden. Beängstigend ist, dass es eigentlich auch ganz unterschiedliche Probleme sind, die hier zur Sprache kommen, und die doch alle zusammenhängen können - und welche Folgen die unbedachten und oberflächlichen Handlungen Einzelner in Summe haben können.

Die Autorin hat trotz der lockeren Erzählweise geschafft, mich gedanklich vollkommen in Claudias und Mondays Welt zu versetzen, ich war vollkommen "weg", sobald ich dieses Buch aufgeschlagen habe.

Prekäre und dringende Themen, so zu Papier gebracht, dass es Leser jeden Alters und jeder Couleur zum Nachdenken bringen müsste: Armut und Reichtum, häusliche Gewalt, Mobbing, die Kluft zwischen schwarz und weiß, Gruppenzwang. Es bräuchte noch viel mehr solcher Geschichten, um uns aus unserem Alltagstrott aufzurütteln und uns dazu zu bringen, uns mal bewusst umzuschauen. Und doch scheint das Buch vordergründig zunächst einfach mal ein extrem authentisch geschriebener spannender All-Age-Thriller zu sein, doch es ist auch so viel mehr.

Für mich war das ein absoluter Volltreffer. Vor allem das Ende - auch wenn man glaubt zu wissen worauf alles hinausläuft, wird man am Ende nochmal ordentlich durchgerüttelt. Was für ein Wahnsinn. Dieses Buch empfehle ich jedem und gebe ganz klar 5/5 Sterne.