Rezension Rezension (4/5*) zu Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten von Becky Chambers.

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
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49
Brandenburg
Socializing im All

„Becky Chambers wurde als Tochter einer Astrobiologin und eines Luft- und Raumfahrttechnikers geboren“, sagt Wikipedia. Zuhause wird Becky sicher das eine oder andere aufgeschnappt haben und sich früh für das Universum interessiert haben. Der Blick durch diverse Teleskope in den Sternenhimmel war ihr vorherbestimmt.

Und so führt Becky Chambers nun ihre Leser durch das Universum, wie sie es sich vorstellt und das sie mit vielen bewohnten Planeten und fernen Galaxien erfüllt und mit jeder Menge skurriler und wunderbarer, vernunftbegabter Lebewesen. O Sterne, Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten, ist ein echer Lesespaß!

Dass man sich mit Schiffen durch das All bewegt, ist wohlbekannt, nicht aber, dass man Abkürzungen in die langen Reisen von einem Stern zum anderen mithilfe von Weltraumbohrern machen kann. Jajaja. Das kann freilich nicht jeder. Aber Ashbys Crew auf der Wayfahrer beherrscht die Technik. Und das ist ihr Broterwerb: Tunnel in das All zu bohren. Eines Tages, es kann nicht anders sein, zieht Captain Ashby einen besonderen Auftrag an Land.

Was Becky Chambers Roman, der zu der Wayfarer-Trilogie gehört, so bezaubernd macht, ist sein Personal und die Interaktion zwischen den diversen Spezies. Man ist nicht mehr rassistisch, sondern speziesistisch. Und „Echse“ gehört zu den Vokabeln, die nicht der political correctness entsprechen. Herrlich.

Becky Chambers quält ihre Leserschaft nicht mit unnötigen seitenlangen technischen Details wie man es andernorts gerne im SF-Genre findet. Sie hat eine wunderbare Erfindungsgabe. Aber obwohl sie die Leserschaft nicht mit Formeln oder anderen physikalischen Maschinendetails quält, ist alles logisch. Andere Autoren hätten erklärt wie der Weltraumbohrer funktioniert, Becky lässt ihn einfach nur laut sein! Der Antrieb besteht aus Algen. Darum kümmert sich ein Algaeist, wir müssen viel mehr nicht wissen.

Dafür wird so ganz nebenbei herrrlich philosophiert, meist in spritzigen, kurzweiligen Dialogen, manchmal in einem Halbsatz. „Gefühle sind relativ, und im Grunde sind sie alle gleich, selbst wenn sie aus unterschiedlichen Erfahrungen erwachsen und in verschiedenem Ausmaß existieren.“

Essen, Kleidung, Aussehen, Rituale, Gewohnheiten, eigentlich ist der Roman eine Alltagsgeschichte. Man hätte eine Prise mehr Abenteuer brauchen können, was einen Stern kostet, aber das Socializing in der Zukunft ist einfach atemberaubend phantasievoll. Allerdings müssen wir Menschlinge noch eine Schaufel Toleranz drauf legen, bevor wir für das Weltall, wie Becky Chambers es schuf, fit sind!

Fazit: Science Fiction, die ans Herz geht. Richtig schön.

Empfehlung von Ems: Danke, Ems!

Kategorie: SF, 2017
Verlag: Tor. Aus dem Hause Fischer.

 
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