Rezension Rezension (2/5*) zu Das Buch eines Sommers: Werde, der du bist von Bas Kast.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Buchinformationen und Rezensionen zu Das Buch eines Sommers: Werde, der du bist von Bas Kast
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Verkappter Lebensratgeber mit Allgemeinplätzen...

Im Sommer seines Lebens hat Nicolas einen Traum. Er will Schriftsteller werden wie sein Onkel. Dann kommt das Leben dazwischen und die Firma seines Vaters, Verantwortung, Termine und lauter Zwänge. Als sein Onkel stirbt, verliert Nicolas den einzigen Menschen, der an ihn geglaubt hat. Doch überraschend findet er am unwahrscheinlichsten Ort den Schlüssel, der ihm hilft, zu dem zu werden, der er wirklich ist.

Ach Mensch. Ich war so neugierig auf den Roman von Bas Kast - dem Mann, dem zuletzt mit 'Der Ernährungskompass' ein Bestseller gelang. Der Klappentext klang vielversprechend, und beim Diogenes Verlag habe ich bislang selten Pleiten Pech und Pannen erlebt. Diesmal aber eben leider doch.

Vorweg verraten: es gab in der Leserunde durchaus auch begeisterte Stimmen zu dem Buch. Aber eben auch solche, die sich enttäuscht zeigten. Und dazu gehöre leider eben auch ich. In jedem Fall scheint das Buch zu polarisieren, was ja irgendwie auch spannend ist...

Es geht hier um Nicolas, verheiratet, einen kleinen Sohn, Firmenchef. Letzteres hatte er ursprünglich gar nicht für sich geplant, aber als sein Vater nicht mehr konnte, fühlte sich Nicolas irgendwie verpflichtet, in dessen Fußstapfen zu treten und sein Lebenswerk fortzuführen. Nur mit dem Stress, dem ständigen Druck, der phasenweise Verzweiflung, wenn nicht alles glatt läuft und dem stetigen Gefühl, in einem Hamsterrad ohne Ausweg zu stecken, hatte er nicht gerechnet. Mittlerweile denkt Nicolas nicht mehr darüber nach - er funktioniert nur noch. Und nicht zuletzt deswegen kriselt auch seine Ehe: er lebt quasi nur noch für die Firma.

Als er vom Tod seines geliebten Onkels erfährt - weshalb nur hat er ihn in den letzten Jahren so selten besucht?! - hat Nicolas das Gefühl, noch nicht einmal Zeit zum Trauern zu haben. Doch seine Frau besteht darauf, dass sie sich - gemeinsam als Familie - auf den Weg machen zur Villa seines Onkels. Dort sind viele Sachen zu regeln, aber vor allem gilt es Abschied zu nehmen. Und bei der Gelegenheit kann man dort vielleicht auch noch einige Tage Urlaub machen? Schließlich hat der Sohn gerade Sommerferien...

Von der Ankunft in der altvertrauten Villa erzählt der Roman, von dem Gefühl von 'Zuhause', der Lücke, die der Onkel hinterlässt, dem Leben, das der Onkel geführt hat, alten Lebenswünschen, die im hektischen Alltag verloren gegangen sind, der Besinnung auf das, was im Leben wirklich zählt und den Überlegungen, was man mit dem Rest seines Lebens anfangen will.

Der Einstieg in den Roman hat mir noch gefallen, aber spätestens ab dem zweiten Drittel war ich raus. Die eigentliche Erzählung wurde immer wieder unterbrochen durch eingestreute Geschichten und Anekdoten, was den Lesefluss doch ziemlich ausbremste. Und schließlich tauchte auch noch ein traumhaft-spirituelles Element auf, mit dem ich persönlich gar nichts anfangen konnte. Spätestens ab dem Zeitpunkt erlebte ich das Buch nicht länger als einen Roman, sondern vielmehr als einen verkappten Lebensratgeber, der zwanghaft und doch recht plump in das Korsett einer Romanform gepresst werden sollte. Es scheint offensichtlich, dass Bas Kast in der Welt der Sachbücher und Ratgeber zu Hause ist. Das Experiment 'Roman' dagegen halte ich für wenig gelungen.

Hinzu kommt, dass die Lebensweisheiten und klugen Ratschläge für mich weder neu noch originell waren, sondern eher als altbekannte Allgemeinplätze rüberkamen. Natürlich ist es nicht schlecht, immer wieder einmal zu bestimmten Themen angestoßen zu werden, aber wenn man sich sowieso häufiger damit beschäftigt, wirkt dieses Buch hier doch recht platt.

Insgesamt geriet das Buch trotz wichtiger Themen zu flach, zu vorhersehbar, zu gewollt, und zu sehr war das Korsett Roman erkennbar, das gewaltsam um altbekannte Weisheiten gezwängt wurde. Und als es Nicolas schließlich gelingt, seine Sichtweise und Lebenseinstellung ein wenig zu verändern, hat auch dies einen unangenehmen Nachgeschmack. Denn egal was er zu ändern beschließt: ausreichend Geld dafür hat er Dank seiner Firma in jedem Fall.

Selbst wenn da autobiografische Anteile beteiligt sein mögen, was ich nicht weiß, kommt die Geschichte an sich dadurch bei mir schräg an. So wirkt es, als ob nur Menschen, die sich keine Sorgen über ihr Auskommen machen müssen, etwas in ihrem Leben verändern können. Schöner hätte ich es gefunden, wenn das ganze glaubwürdig mehr Allgemeingültigkeit gehabt hätte. Aber ob der Autor sich in die Lage arbeitsloser Menschen oder derjenigen versetzen kann, die womöglich noch einen Zweit- oder Drittjob haben, um über die Runden zu kommen? Meine Lebenswelt trifft dieses Buch eher nicht, meinen Geschmack leider auch nicht. Die Erzählung hat mich insgesamt eher genervt als dass sie mich berühren konnte.

Schade. Da hatte ich mir etwas ganz anderes erhofft...


© Parden

 

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