Rezension Rezension (3/5*) zu Judith und Hamnet: Women's Prize for Fiction 2020 von Maggie O'Farrell.

sursulapitschi

Aktives Mitglied
18. September 2019
645
1.568
44
Schmalzige Liebesgeschichte

Über Shakespeares Privatleben ist nicht viel bekannt. Maggie O’Farrell möchte da nachhelfen und erdichtet aus den wenigen Randdaten eine handfeste Familiengeschichte. Dabei legt sie den Focus auf seine Frau Agnes.

In der Theorie ist die Idee sehr hübsch, wäre Agnes selbst eine interessante historische Figur. Da sie das aber leider nicht ist, bekommt sie hier einen magisch-mysteriösen Anstrich verpasst, der dem Buch einen wundersamen Touch verleiht. Sie hat einen Falken und seltsame Vorahnungen, kennt sich mit Kräutern aus, ist ein Naturkind, das heimlich das Haus verlässt, um ihr erstes Kind zu gebären, im Schatten eines entwurzelten Baumes, auf einem Bett aus Kiefernnadeln…

Shakespeare ist eigentlich nur eine Randfigur, ja, er wird noch nicht einmal benannt, ist wahlweise der Sohn, der Lateinlehrer, der Bräutigam, der Ehemann, der Vater. Das ist ein geschickter Schachzug, ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir uns dennoch hauptsächlich für ihn interessieren und dass es so eine verhuschte Agnes nicht schafft, uns davon abzulenken.

Man liest hier eine Liebesgeschichte, die sehr ausführlich und mit Herzblut geschrieben wurde, in die man sich fallen lassen kann, wenn man offen ist für einigen Kitsch und große Gefühle. Nüchternere Gemüter könnten auch von Weitschweifigkeit und Pathos berichten. Die Autorin ergeht sich seitenlang in schmückenden Details.

Das Buch arbeitet geschickt mit verschiedensten Rückblenden, das Kennen- und Liebenlernen der beiden behandelt, während aktuell Hamnet in Sorge um seine kranke Schwester ist. Die Idee, dass der Gemahl vielleicht ein besonderer Mensch sein könnte, vermittelt es leider nicht. Er ist ein nachdenklicher junger Mann und ein weitgehend abwesender Ehemann. Keine große Sache. Was wir eigentlich lesen wollten, wie lebt es sich an der Seite eines Genies, kommt hier nicht vor.

Ich bin sehr enttäuscht von diesem Buch. Ich habe unterhaltsame Kunsthistorie erwartet, was man hier bekommt ist leider eher beliebiger Schmalz, hübsch erzählt, dennoch Schmalz.


 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.383
21.201
49
Brandenburg
Die verhuschte Agnes *hust* - soo ein Buch ist das. Schade.
Und dann prämiert! Ich fass es nit.

Nüchternere Gemüter könnten auch von Weitschweifigkeit und Pathos berichten.

Immerhin kann ich bei der Rezension ein bisschen kreischen. Danke, Sursu, das les ich dann also nicht. Obwohl ich froh bin, "das" von den Äpfeln erfahren zu haben. Also wie man Äpfel richtig lagert. Das ist wohl das Wichtigste im Buch!
 

sursulapitschi

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18. September 2019
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Die verhuschte Agnes *hust* - soo ein Buch ist das. Schade.
Und dann prämiert! Ich fass es nit.

Nüchternere Gemüter könnten auch von Weitschweifigkeit und Pathos berichten.

Immerhin kann ich bei der Rezension ein bisschen kreischen. Danke, Sursu, das les ich dann also nicht. Obwohl ich froh bin, "das" von den Äpfeln erfahren zu haben. Also wie man Äpfel richtig lagert. Das ist wohl das Wichtigste im Buch!
Ja, ich frage mich ernsthaft, wer denn da prämiert hat. Es ist eine Schnulze, ja, aber eine ausgesprochen gut geschriebene, dennoch SCHNULZE mit ganz, ganz viel Kitsch.
 
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Reaktionen: Literaturhexle

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.250
49.187
49
Gerade las ich den Namen der Autorin...
Vor ein paar Jahren ein Zufallsfund in der Bücherei
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Ich habe es schon mehrfach hier angepriesen, weil es richtig gut ist, nur das Cover so vollkommen daneben.
Es sieht nämlich aus wie seichte Frauenliteratur ;), ist es aber nicht.
 

sursulapitschi

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Gerade las ich den Namen der Autorin...
Vor ein paar Jahren ein Zufallsfund in der Bücherei
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Ich habe es schon mehrfach hier angepriesen, weil es richtig gut ist, nur das Cover so vollkommen daneben.
Es sieht nämlich aus wie seichte Frauenliteratur ;), ist es aber nicht.
Danke, das hätte ich nie im Leben auch nur angesehen.