Rezension Rezension (5/5*) zu Triceratops von Stephan Roiss.

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Buchinformationen und Rezensionen zu Triceratops: Roman von Stephan Roiss
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Verdichtet. Gelungenes Experiment.

Kurzmeinung: Kurz aber knackig.


Triceratops ist ein kurzer Roman. In literarisch verdichteter Form stellt der Autor eine Tragödie dar. In oft knappen Hauptsätzen schildert er das Familienleben eines heranwachsenden Jungen und dessen unterdrückte Emotionen.

Die verdichtete Erzählform wird aufgelockert durch ein literarisches „wir“. Denn der namenlose Erzähler spricht nur in der Wirform von sich. Wenn gerade mehrere Personen im Raum oder in der Nähe sind, muss man sich erst wieder ins Gedächtnis holen, dass „wir“ in diesem Fall ein „ich“ bedeutet.

Die eigentlich bedrückende Geschichte einer Familie, die gleich mehrere Fälle psychischer Krankheit aufweist, wird durch diese, als charmant empfundene Erzählform abgemildert, andererseits aber auch verstärkt. Das „wir“ muss der Leser selber interpretieren.

Es kann die Sprachlosigkeit angesichts massiver Störungen in der Familie oder auch die Einsamkeit eines sich verschließenden Kindes darstellen, für das es, so oder so, um das psychische Überleben geht.

Um den Druck, der auf ihm lastet, zu mildern, schreibt das Kind Briefe an sich selbst, was eine komische Note hat, was dem Erzähler selber auch durchaus bewusst ist, auch seine übrigen Äußerungen sind häufig lakonisch.

Fazit: Das Experiment des verdichteten Romans ist dem Autor gelungen. Man darf gespannt sein, ob er auch „richtige“ Texte kann, also einen Roman mit fortlaufender, unkomprimierter Geschichte mit "echtem Plot". Der Autor ist längst anderweitig literarisch tätig, er schreibt Hörspiele und Texte für Graphic Novels, etc. Doch Triceratops ist sein erster Roman: Glückwunsch!

Kategorie: Anspruchsvoller Roman
Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2020
Kremayr & Schreriau, 2020

 
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