Rezension Rezension (5/5*) zu Die langen Abende: Roman von Elizabeth Strout.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die langen Abende: Roman von Elizabeth Strout
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Ich liebe Olive!


Olive Kittridge ist wieder hier und sie ist alt geworden. In Crosby, Maine vergehen die Tage und vor allem die Abende langsam. Doch nach dem Tod ihres ersten Ehemannes Henry hat Olive in dem ebenfalls verwitweten Jack Kennison einen neuen Gefährten gefunden.

Die langen Abende heißt das Sequel zu Mit Blick aufs Meer. Elizabeth Strout hat auch in diesem Roman einzelne Episoden aus dem Alltag der Menschen in der kleine Stadt Crosby lose aneinandergehängt. Was die kleinen alltäglichen Geschichten verbindet, ist die mehr oder weniger starke Präsenz der ehemaligen Lehrerin Olive Kittridge.

„Diese langen Abende, sie waren so lang und schön, es könnte einen verrückt machen.“, sagt Jack und genießt das Abendrot.

„Die Abende nahmen dieser Tage kein Ende, dabei wusste sie noch, wie sie die langen Abende immer geliebt hat.“, so denkt Olive, als sie allein durch ihr Haus stromert.

„Olive again“ heißt dieses Buch mit dem Originaltitel. Ein Titel mit zwei Gesichtern. Ja, da ist eine große Freude beim Lesen, Olive ist wieder da. „Schon wieder Olive!“, mögen viele Bewohner Crosbys denken.

Und – meine Herren - Olive hat nicht nur ein Gesicht. Sie ist so ein vielschichtiger Charakter. Nach außen hin schroff, süffisant, manchmal fast ein bisschen bösartig. Aber trotz aller Schubladen, in die sie gerne fein säuberlich ihre Mitmenschen steckt, sie kennt ihre Fehler, mit dem Altern immer mehr. Aber genau dort, wo keiner hinschauen mag, ist Olive tatkräftig vorort, stellt sich gegen das Unglück, gibt Beistand oder redet einfach nur mal Tacheles.
Das Leben hat so viele Facetten. Elizabeth Strout schreibt so nahe am Menschen. Olive ist so nahe an mir selbst, dass es beim Lesen oft schmerzt.

„Olive, könntest du bei mir bitte nicht ganz so olive-ig sein, auch wenn du‘s bei andern dann umso mehr bist? Weil ich dich liebe und uns nicht mehr viel Zeit bleibt.“

Diese langen Abende sind gefüllt mit Wehmut und Witz. Die Liebe im Alter ist kein schmachtiger Kitsch. Da geht es schon mal um dicke Bäuche und Inkontinenz. Die verstorbenen früheren Ehepartner nehmen noch Raum ein. Persönliche, finanzielle, politische „Altlasten“ werden nicht einfach so aufgegeben.

Im Grunde ist das Fazit zu diesem Buch ganz einfach: ich liebe Olive Kittridge!




von: Sasha Filipenko
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