Rezension Rezension (4/5*) zu Wilde Freude: Roman von Sorj Chalandon.

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Gemeinsam rissen sie die Krebsstation nieder und errichteten auf

Gemeinsam rissen sie die Krebsstation nieder und errichteten auf ihren Trümmern eine fröhliche Zitadelle.

"Wilde Freude" ist ein Buch über Frauen, die an Krebs erkranken/erkrankten, die negative Erfahrungen teilen, die zusammenhalten. Der Hauptcharakter Jeanne, eine Buchhändlerin, bekommt die Diagnose und fällt in ein Loch, in ein großes Loch, das Krebs-Loch. Doch sie lernt während der Behandlung drei weitere Frauen kennen, zwei der drei Frauen kennen die Diagnose ebenso, die dritte im Bunde verbindet eine recht negative Vergangenheit mit den anderen. Denn auch das ist etwas was sie alle teilen. Negative Erfahrungen. Jeanne ist hier die Neue, das Nesthäkchen, die bisher eigentlich ganz gut gelebt hat/ganz gut verdrängt hat. Doch die Diagnose lässt ihren Mann die Flucht ergreifen. Und damit stürzt Jeanne in ein weiteres Loch und wird aufgefangen, von diesen drei Frauen.

Der Autor lässt im weiteren Verlauf allen Frauen ihr Loch/ihr Erdulden verschwinden, in dem er die Charaktere handeln lässt. Ich finde der Autor verbindet damit eine Botschaft. Er ist ebenso vor kurzem im realen Leben, gemeinsam mit seiner Frau von einer Krebsdiagnose aus dem Leben geworfen worden, in dieses Loch hineinkatapultiert worden. Er weiß, was so etwas bedeutet, was das mit den Betroffenen macht. Und gerade hier ist eine Stärke gefragt, die bei der Gesundung absolut helfen würde, die aber schwer hervorzuholen ist. Hier in dem Buch lässt er den Frauen diese Stärke zukommen, diese wirkt zwar nicht real, ist deutlich überzeichnet, aber warum auch nicht. Muss denn immer alles real sein? Ich gönne ihnen diese Stärke!

Dazu zitiere ich folgende Stelle vom Klappentext:

"Dies ist die Geschichte von vier Frauen. Sie wagten sich weit vor. In die tiefste Dunkelheit, in die größte Gefahr, in den äußersten Wahnsinn. Gemeinsam rissen sie Krebsstation nieder und errichteten auf ihren Trümmern eine fröhliche Zitadelle."

Von manchen Lesern wurde diese Verbindung kritisiert, Krebs und fröhliche Zitadelle. Doch warum? Jemand, der Krebs hat/hatte braucht vielleicht die fröhliche Zitadelle! Jeder von uns ist anders und geht anders mit gravierenden Dingen um! Die Charaktere und die Menge ihrer negativer Erinnerungen wurde ebenso von manchen Lesern bemängelt. Als ein zu viel des Guten. Warum? Sagt das Schicksal im realen Leben nach einem gravierenden Ereignis stopp? Eigentlich nicht. Und manchmal laufen sich eben Menschen mit wirklich schrecklichen Lebensläufen über den Weg, bleiben aneinanderhängen, weil andere sie auch meistens nicht verstehen. Zumindest ist das etwas, was mir in den Jahren psychiatrischer Arbeit immer wieder begegnet ist. Und von daher erschien mir auch das nicht unreal.

Insgesamt fand ich dieses Buch in seiner Geschichte ganz gut und in seiner Botschaft wunderbar. Der Autor kann schreiben und das merkt man und die Geschichte. Wie gesagt, warum nicht ?!?!

 
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