Rezension Rezension (4/5*) zu Sterben im Sommer von Zsuzsa Bánk.

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Buchinformationen und Rezensionen zu Sterben im Sommer von Zsuzsa Bánk
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Ein intensives, poetisches, intimes Buch über Abschied u.Trauer

Seinen letzten Sommer verbringt der Vater am Balaton, in Ungarn, der alten Heimat. Noch einmal sitzt er in seinem Paradiesgarten unter der Akazie, noch einmal steigt er zum Schwimmen in den See. Aber die Rückreise erfolgt im Rettungshubschrauber und Krankenwagen, das Ziel eine Klinik in Frankfurt am Main, wo nichts mehr gegen den Krebs unternommen werden kann. Es ist der heiße Sommer des Jahres 2018, und die Tochter setzt sich ans Krankenbett. Mit Dankbarkeit erinnert sie sich an die gemeinsamen Jahre, mit Verzweiflung denkt sie an das Kommende. Sie registriert, was verloren geht und was gerettet werden kann, was zu tun und was zu schaffen ist. Wie verändert sich jetzt das Gefüge der Familie, und wie verändert sie sich selbst? Was geschieht mit uns im Jahr des Abschieds und was im Jahr danach? In »Sterben im Sommer« erzählt Zsuzsa Bánk davon..

Schon der Klappentext verrät, dass dies kein leichtes Buch ist. Aber bereits mit ihrem Buch "Weihnachtshaus" hat Zsuzsa Bánk bewiesen, dass sie das Thema 'Trauer' sensibel und zart-melancholisch behandelt ohne sentimental zu werden, und so wurde ich neugierig.

Hier schildert die Autorin das letzte Jahr im Leben ihres Vaters, im Januar die Diagnose, dass der besiegt geglaubte Krebs zurückgekehrt ist, unheilbar. Noch einmal will die Familie einen Sommer in Ungarn genießen, der Heimat der Eltern, aus der sie 1956 geflohen sind. Heiße, flirrende Tage am Balaton, Schwimmen am See, das Sommerhaus der Familie, ein kaltes Soproni in der Hand. Doch wird der Vater vor Ende des Urlaubs mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen, das Sterben beginnt - mit einer Odyssee an Krankenhausaufenthalten aber auch mit liebevollen Momenten.

Dieses Buch ist ein Erfahrungsbericht, eine Familiengeschichte, eine Liebeserklärung, eine Trauerverarbeitung, eine zart gewobene Komposition aus überwältigenden Gefühlen, zermürbendem Alltag, kleinen Inseln der Ruhe, Rückblenden in die Vergangenheit, biografischen Anteilen, sehr persönlichen Einblicken. Es endet nicht mit dem Tod des Vaters, sondern zeigt auch das Jahr danach, das erste Trauerjahr.

Eine durchaus schwere Kost, die ich oft nur in kleinen Häppchen lesen mochte, die mich aber durch die poetische Note immer wieder in den Bann zog. Wer wie ich selbst schon Eltern verloren hat, wird sich in vielen Punkten wiedererkennen, vergleichen: wie war es bei mir, bei uns? Auch dafür brauchte ich Pausen bei der Lektüre.

Aber die Stärke Zsuzsa Bánks ist tatsächlich, dass sie Gefühle einerseits klar transportiert, dass die poetische Sprache jedoch andererseits ein Überbordern der Gefühle verhindert. Dadurch entsteht zwar ein Berührtsein, jedoch ohne Überschwemmung mit Trauer, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit.

Ein eindringliches, poetisches, intimes Buch über Abschied und Trauer, das sicher Menschen in ähnlichen Lebenssituationen oder mit ähnlichen Erfarhungen anspricht. Für mich ein ganz besonderes Buch.


© Parden

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