Rezension Rezension (4/5*) zu Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise: Roman von Jean-Paul Dubois.

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Buchinformationen und Rezensionen zu Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise von Dubois, Jean-Paul
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Ein Roman, der zum nachdenken animiert

Ein Roman, der zum nachdenken animiert

Jean-Paul Dubois setzt schon mit dem Titel seines Romans ein Statement. "Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise" ....wie recht er damit hat.

Paul Hansen, der als Erzähler durch sein Leben fungiert, sitzt in einem Gefängnis in Montreal. 2 Jahre hat er bekommen, und die will er ohne Verkürzung absitzen. Ersteht zu seiner Tat, zeigt auch keine Reue diesbezüglich. Direkt zu Beginn drängte sich mir die Frage auf, was Paul verbrochen hat? Doch ich wurde auf eine harte Probe gestellt, denn erst fast am Ende wurde dieses Geheimnis gelüftet.
Auch wenn mich die Antwort brennend interessiert hat, gab es vieles in dem Buch, was mir das warten bis dahin versüßte.
Da ist zum einen die Konstellation der Zellengenossen. Paul, der keiner Fliege etwas antun kann, und ein hartgesottener Kerl namens Patrick, teilen sich eine Zelle. Vor Patrick, dem Biker, haben scheinbar alle anderen Angst, aber er und Paul kommen gut miteinander aus. Die Erzählungen aus diesem Bereich von Pauls Leben sind sehr humorvoll angelegt.
Im weiteren Verlauf beschreibt der Erzähler recht nüchtern, wie es war als Kind eines dänischen Pastors und einer Französin, die ein Kino betrieb, aufzuwachsen. In diesem Lebensbereich schildert der Autor teilweise schon zu detailgetreu den Aufbau von Autos usw. Dies hat mich manchmal ein wenig gestört, da mich diese Thematik nicht sonderlich interessiert, das mag bei anderen Lesern sicher anders sein.
Nach der Scheidung wandert Pauls Vater Johannes nach Kanada aus, und Paul folgt ihm. Er muss erleben wie sein Vater scheitert.
Als dann bald seine zukünftige Frau und ein Hund in sein Leben treten, ist Paul glücklich. Die Arbeit in dem Appartmenthaus, in dem er als Hausmeister arbeitet, erfüllt ihn obendrein. Doch als das Schicksal dann plötzlich zuschlägt, gerät Paul in eine Abwärtsspirale mit schwerwiegenden Folgen.

Dieser Roman hat einen außergewöhnlichen Stil, der mich begeistern hat. Ich wollte von Anfang soviel wie möglich über diesen Menschen erfahren. Natürlich ist es schwierig objektiv über alles zu urteilen, da wir nur die Sicht von Paul kennenlernen. Doch ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass es sich hier um einen verlässlichen Erzähler handelt, und dieses Gefühl ist bis zum Schluss geblieben.
Am Ende blieb mir nur ihm zu wünschen, dass er die restliche Zeit seines Lebens glücklich ist. Paul, der immer ein offenes Ohr für die Probleme der anderen hatte, der half wo er nur konnte, hat es verdient in Ruhe alt zu werden. Und diese Lebensphilosophie ist es, die der Roman vermittelt. Diese Botschaft, verpackt zwischen der Lebensgeschichte von Paul Hanssen, hat zurecht den Prix Goncourt 2019 gewonnen!

 

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