Rezension Rezension (4/5*) zu Der weiße Abgrund: Ein Heinrich-Heine-Roman von Henning Boëtius.

Serapion

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5. Juli 2014
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Im Süden
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Heine für Nicht-Lyriker

Gleich vorweg: Ich bin kein Lyrikfreund und kenne damit auch kaum etwas von Heine oder wusste etwas von seinem Leben. Und dennoch hat mich "Der weiße Abgrund" von der ersten Seite an fasziniert. Zuerst einmal inhaltlich: Die letzten Jahre Heines, sein langes Sterben, aber auch der Rückblick aus sein vorheriges Leben, das Künstler- und Bohèmeleben im Paris des 19. Jahrhunderts... Das alles ist spannend erzählt und trotz der Kürze des Buches wirkt das alles sehr lebendig und plastisch. Henning Boëtius' Roman erwähnt dabei so viele bekannte Personen, z.B. Flaubert, Berlioz, Chopin, um nur einige zu nennen, und mit diesen Personen zusammenhängende Ereignisse, und Werke. Aber - und das macht den Reiz dieses Romans aus - nichts wirkt nur angerissen, nicht ganz ausgeführt, sondern alles ist stimmig, macht Lust auf mehr, auf Nachschlagen, Recherchieren, weiter damit Beschäftigen. Denn das Buch ist natürlich keine Biografie, sondern großes Fabulieren mit viel Wahrheit und viel "es könnte sein".

Aber vor allem ist das sprachlich außergewöhnlich geschrieben. So viel Witz, so viel Körperlichkeit (vom Sex bis zur Darmentleerung), so viel Tiefe und Ernsthaftigkeit und so viel lyrisches Formulieren auf knapp 200 Seiten - großes Kino!

"Und doch haben wir uns einmal geliebt, auch wenn es nur ein flüchtiger Augenblick war." - "Wie ist es denn zu diesem Augenblick, wie Sie sagen, eigentlich gekommen?" - "Ganz einfach. Sie waren betrunken, und ich war gelangweilt. Eine treffliche Mischung für derlei Begebnisse."


 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Ich mag Heinrich Heine ganz gerne, auch wenn ich keins seiner Gedichte auswendig kenne :D.
Ich habe auch noch eine (Roman-) Biografie über ihn auf dem SuB:

Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
. Danke für die Vorstellung des Buches hier; kommt auf meine Wunschliste ;).
 
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Reaktionen: Serapion

KrimiElse

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26. Januar 2019
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buchmafia.blogspot.com
Das klingt sehr interessant für mich, Heine aus einer anderen Perspektive kennenzulernen. Seine Lyrik war bei uns Unterrichtsthema, sozialistisch interpretiert, und über Heines Leben weiß ich im Prinzip auch nur die Sachen, die ich unter dem Banner des revolutionären Lyrikers in der Schule vermittelt bekam. Ich mag Lyrik auch nicht besonders gerne, und da du das explizit betonst, dass es eben nicht (nur) um Lyrik geht, wandert das Buch auf meine Wunschliste.
Danke für den Tipp.