Geliebte Tochter

RuLeka

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30. Januar 2018
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Was für eine haarsträubende und ärgerliche Geschichte. Was will uns Schlink damit sagen? Ohne Männer geht es nicht?
Und um diese unglaubwürdige Erzählung zu unterfüttern, muss er die Bibel, Thomas Mann und Max Frisch als Zeugen auftreten lassen. Ich bin gespannt auf eure Sichtweisen.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Ich bin bei dieser Geschichte auch etwas ratlos, aber nicht ärgerlich wie @RuLeka. Ich kann sie auch nicht mit dem Thema Abschied zusammenbringen und halte mich deshalb hier einfach mit Worten zurück. Stürze mich lieber in die nächste Geschichte.
 
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Literaturhexle

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Hm. Wir können jetzt alle wortlos bleiben, aber worin liegt dann der Sinn einer Diskussionsrunde?!

Mir hat die Geschichte eigentlich bis zu ihrer Wende recht gut gefallen. Bastian und Theresa bekommen das Leben als Patchwork Familie mit Mara sehr gut hin. Verwundert war ich, dass Mara recht großen Einfluss auf die Hochzeitsfeierlichkeiten der Eltern bekommt. Das soll vielleicht die wichtige Stellung symbolisieren, die sie im Leben des Paares innehat. Bestätigt wurde das durch die Tränen an Maras Hochzeitstag: "Sie ist weg." - so ein Unsinn! Das Mädchen lebte doch schon lange nicht mehr zu Hause und ging seiner eigenen Wege. Theatralik pur... (Die Geschichte heißt aber ja GELIEBTE Tochter; - auch das ist eine Facette dieser Liebe).

Bastian wird als sehr vorbildlicher und toleranter (Stief-)Vater charakterisiert. Er nimmt sich Zeit für das Mädchen, spielt mit ihr, liest vor, berät sie in wichtigen Fragen. Er hat ein absolut gesundes Vater-Verhältnis zu ihr. Nirgends wird etwas anderes angedeutet. Das wird mit der einseitigen Aktion am Skiort von Mara missbraucht. Zumindest sie weiß, was sie tut, und das ist nicht richtig, auch wenn es lediglich dem Ziel dient, schwanger zu werden.

Ich nehme Bastian ab, dass er nicht Herr seiner Sinne war, dass er Mara für Theresa gehalten hat. Wer käme auch auf sowas !?! Dass ihn das nachhaltig beschäftigt, kann ich nachvollziehen. Auch die Tragik, dass er seinem Sohn nie sagen darf, dass er sein Sohn ist, kann ich verstehen. Das passt nicht mit Bastians Definition des Vater-Seins zusammen.
muss er die Bibel, Thomas Mann und Max Frisch als Zeugen auftreten lassen. Ich bin gespannt auf eure Sichtweisen.
Ich verstehe diese Geschichte als Anti-These der benannten.
Bei Frisch ist Faber ja der Womenizer gewesen, der bewusst das Verhältnis mit der deutlich jüngeren Frau angefangen hat, die sich allerdings erst später als seine Tochter herausstellte und worunter er litt. Die beiden anderen Bezüge habe ich nicht genau parat. Auf alle Fälle hofft Bastian, dass aus dem Falschen (denn so versteht er die Tatsache, dass er mit Mara Sex hatte und ein Kind daraus entstand) doch etwas Richtiges werden kann.
Ich kann sie auch nicht mit dem Thema Abschied zusammenbringen
Da habe ich auch Schwierigkeiten. Abschied vom Sohn, der nicht seinen Namen trägt und einen Vornamen hat, den er selbst hasst. Er hat kaum Einfluss auf dieses, sein Kind. Kaum ist es da, muss er sich als Vater verabschieden und es als Opa (der er nicht sein will) annehmen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Mir erscheint hier einfach so vieles unglaubwürdig. Die Patchwork- Idylle kann ich nachvollziehen, wobei Mara schon eine sehr dominante Rolle einnimmt. Doch das mag mit der Kinderlosigkeit des Paares zusammenhängen.
Unglaubwürdig und ärgerlich war für mich der letzte Abschnitt der Geschichte. Ich weiß nicht, wie betrunken man sein muss, um Mutter und Tochter zu verwechseln. Aber dass Mara nach dieser einen Nacht gleich schwanger wird, obwohl sie so viele ergebnislose Versuche hinter sich hatte und auch der Ich- Erzähler bisher nicht durch seine große Zeugungsfähigkeit beeindruckt hat ( beide Ehen von ihm sind kinderlos geblieben), mag glauben, wer will.
Auch an eine Komplizenschaft von Mutter und Tochter kann ich nicht glauben.
 

Literaturhexle

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Ich weiß nicht, wie betrunken man sein muss, um Mutter und Tochter zu verwechseln
Da müssten wir vielleicht einen Mann fragen :D:D:D
Aber du hast schon Recht: Meiner Kenntnis nach nimmt die Potenz mit steigendem Alkoholkonsum eher ab als zu... Dann wiederum kann er sooooo betrunken auch nicht gewesen sein...
Aber dass Mara nach dieser einen Nacht gleich schwanger wird, o
Da wiederum hatte ich (eher aus Klatschzeitschriften denn fundiert) vernommen, dass der "normale" Weg erfolgreicher sein soll als der "künstliche"... Deine Kritik aus der anderen Richtung (Bastians Zeugungsfähigkeit)ist aber gerechtfertigt ;)
Auch an eine Komplizenschaft von Mutter und Tochter kann ich nicht glauben.
Auf keinen Fall! Das sehe ich eher als Hypothese des Erzählers, der ja Bastians Sichtweise vertritt (Ist er dann ein personaler Erzähler?).

Wieder mal spannend, wie unterschiedlich wir dieselbe Geschichte aufnehmen.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Mir hat der Ton dieser Erzählung nicht gefallen, sie ist bisher, die von der Erzählhaltung am distanziertesten wirkt. Der Anfang ist stark raffend, im Schnelldurchlauf wird von einem eher auktorialen Erzähler, wie die beiden zusammenfinden. Fast schon eine Idylle, die auf mich eher unglaubwürdig gewirkt hat. Dann wechselt die Perspektive zu Bastian, der sich als liebevoller Vater entpuppt und mit Maras Coming Out sehr sensibel umgeht. Das hat mir gut gefallen, trotz unserer offenen Gesellschaft, ist das heute immer noch nicht einfach. Die vielen vergeblichen Versuche Maras schwanger zu werden, sind ebenfalls empathisch geschildert, viele Frauen leiden darunter.
Aber dann diese Lösung? Letztlich missbraucht Mara Bastian und sein Vertrauen. Nimmt Bastian Abschied von seiner geliebten Tochter, die nicht seine Tochter ist, davon, dass er nicht ihr echter Vater ist, sonst hätte sie ihn nicht „benutzen“ können. Etwas ratlos bin ich auch bzgl. der Botschaft der Geschichte.
Menschliche Abgründe...wie wahr.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Auch ich habe mit dieser Geschichte so meine Schwierigkeiten. Zuerst wird im Zeitraffer vom Idyll einer Patchwork Familie erzählt. Bastian, der verständnisvolle, immer bereit seiner Stieftochter zur Seite zu stehen. In der Schule, beim Coming Out usw. Das war mir zu glatt und gleichzeitig auch zu distanziert.

Dann Maras Leidensgeschichte mit den künstlichen Befruchtungen, warum hat es eigentlich Silvie nicht probiert, als die vielen Fehlversuche Mara immer mehr belasteten?

Das Skiwochenende, Maras Manipulation war dann der Wendepunkt, ab hier sprach mich die Erzählung nicht mehr so recht an. Auch verhält sich Bastian immer noch korrekt, aber kann er wirklich so einen Betrug einfach wegstecken?
 

Bibliomarie

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Ich bin bei dieser Geschichte auch etwas ratlos, aber nicht ärgerlich wie @RuLeka. Ich kann sie auch nicht mit dem Thema Abschied zusammenbringen und halte mich deshalb hier einfach mit Worten zurück. Stürze mich lieber in die nächste Geschichte.

Den Abschied finde ich in dieser Geschichte auch nicht.
 

Bibliomarie

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Er hat ein absolut gesundes Vater-Verhältnis zu ihr. Nirgends wird etwas anderes angedeutet. Das wird mit der einseitigen Aktion am Skiort von Mara missbraucht. Zumindest sie weiß, was sie tut, und das ist nicht richtig, auch wenn es lediglich dem Ziel dient, schwanger zu werden.

Ich nehme Bastian ab, dass er nicht Herr seiner Sinne war, dass er Mara für Theresa gehalten hat. Wer käme auch auf sowas !?!

Drastisch gesprochen war es eine Vergewaltigung und ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Verbindung nicht nachhaltig stören wird.
Wie kann er Mara noch vertrauen?
 

Circlestones Books Blog

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Eine eigenartige Geschichte, viele Varianten von Beziehungsthemen. Ähnlich wie schon die Geschwistermusik ist auch diese Erzählung für mich zu bewusst konstruiert, schon die idyllisch-glückliche Familie. Ich frage mich gar nicht, was genau diese Nacht war,sondern eher, ob Liebe, egal in welcher Konstellation, wirklich alles erklären und entschuldigen kann. Andererseits ist Mara ohnedies bestimmend und rücksichtslos und so war dies für sie eine praktische Lösung, mit deren Konsequenzen sie keine Probleme zu haben scheint. Insgesamt etwas too much.
 

SuPro

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Eine zunächst sehr idyllische Geschichte.
Bastian und Theresa verlieben sich auf einen Yogawochenende und verlassen ihre Partner.
Sie ziehen zusammen und Theresas Tochter Mara entwickelt eine äußerst harmonische Beziehung zu Bastian.
Im Sauseschritt macht Bernhard Schlink dem Leser klar, dass Mara immer mehr in den Mittelpunkt rückt, dass sie immer mehr Macht bekommt und dass es immer mehr nach ihren Willen geht. Such, dass sie immer jungenhafter und burschikoser auftritt.
Dann folgt eine sehr feinfühlige Darstellung der leichten inneren Ambivalenz Theresas bzgl. der potentiellen Homosexualität der Tochter Mara und anschließend
wird Maras Suche nach ihrer sexuellen Identität beschrieben - wiederum in Windeseile.

Bastian ist mir fast zu ideal in seinen Reaktionen und in seinem Verhalten.

Ich habe einerseits den Eindruck, dass mir die Geschichte zu schnell voranschreitet und zu ideal gezeichnet ist, andererseits sause ich gebannt und neugierig durch die Seiten.

Und dann das Unfassbare: Mara benutzt Bastian, den sie vorhin betrunken gemacht hat, als realen Samenspender. Das muss eine spontane Idee von ihr gewesen sein, als sie selbst immer beschwipster wurde...

Bastian verliert erstmal den Boden unter den Füßen, zweifelt an sich, stellt sich in Frage. Halt und Beruhigung geben ihm Recherche und Wissen.

Unfassbar, der Gedanke, dass die drei Frauen das eingefädelt haben könnten.

Und dann der Schlusssatz wie ein Paukenschlag.

Bravo! Wieder einmal.

Hier ist es weniger das ausgeprägte psychologische Gespür, dass mich fasziniert, als vielmehr seine Gabe, kurz, knapp und brillant eine Geschichte zu erzählen, die zum Nachdenken anregt.
 

SuPro

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Ton dieser Erzählung nicht gefallen, sie ist bisher, die von der Erzählhaltung am distanziertesten wirkt. Der Anfang ist stark raffend, im Schnelldurchlauf
... das alles fiel mir auch auf und es verwirrte mich auch zunächst, aber bald hatte ich das Gefühl, dass Schlink damit zeigt, wie unglaublich groß sein Spektrum zu erzählen ist. Völlig abwechslungsreich!
 

SuPro

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Was für eine haarsträubende und ärgerliche Geschichte. Was will uns Schlink damit sagen? Ohne Männer geht es nicht?
Und um diese unglaubwürdige Erzählung zu unterfüttern, muss er die Bibel, Thomas Mann und Max Frisch als Zeugen auftreten lassen. Ich bin gespannt auf eure Sichtweisen.
... vielleicht ist sie unrealistisch, aber in sich ist sie doch stimmig und wenn man sich drauf einlässt hat sie doch Potential. Sie erstaunt. Sie macht neugierig, sie überrascht. Ich ziehe den Hut vor seinen Ideen und vor seiner Phantasie. Also, mir hat sie mal wieder gefallen.
 
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Ich bin bei dieser Geschichte auch etwas ratlos, aber nicht ärgerlich wie @RuLeka. Ich kann sie auch nicht mit dem Thema Abschied zusammenbringen und halte mich deshalb hier einfach mit Worten zurück. Stürze mich lieber in die nächste Geschichte.
... Bastian muss sich verabschieden von der Beziehung, die er bis zu der besagten Nacht zu Mara hatte. Ein schwerer Abschied für ihn.