Rezension Rezension (3/5*) zu Meine Schwester, die Serienmörderin: Roman von Oyinkan Braithwaite.

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
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49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Familienbande...

Zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Ayoola ist das Lieblingskind, unglaublich schön -- und sie hat die Angewohnheit, ihre Männer umzubringen. Korede ist eher praktisch veranlagt und dafür zuständig hinter ihrer Schwester aufzuräumen: die Krankenschwester kennt die besten Tricks, um Blut zu entfernen, und ihr Kofferraum ist groß genug für eine Leiche. Dann verknallt sich natürlich auch Tade, der hübsche Arzt aus dem Krankenhaus, in Ayoola, der doch eigentlich für Korede bestimmt ist. Jetzt muss die sich fragen, wie gefährlich ihr Schwester wirklich ist -- und wen sie hier eigentlich vor wem beschützt.

Der Einstieg in den Roman ist fulminant und humorvoll - der Leser springt mitten hinein in eine bluttriefende Szene, denn Ayoola, die jüngere Schwester der Familie, hat (mal wieder) einen Liebhaber umgebracht. Für das Aufräumen ist Korede zuständig, die ältere Schwester, die aufgrund ihrer Tätigkeit als Krankenschwester genau weiß, wie man sämtliche Spuren beseitigt - auch Blut.

Diesem spritzigen Einstieg können die nachfolgenden und allesamt kurzen Kapitel nicht standhalten. Bedeutsam ruhiger gerät die Erzählung fortan, stets beschränkt auf die Perspektive von Korede. Durch Zeitsprünge und Ortswechsel erfährt der Leser allmählich etwas mehr über das Leben und die Vergangenheit der wohlhabenden Schwestern, die gemeinsam mit ihrer Mutter in einem großen Haus in Lagos, Nigeria, leben und von einem Dienstmädchen versorgt werden.

Während Ayoola sich auf ihre Schönheit beschränkt und die Tage mit Mode, Sozialforen und Männerbekanntschaften verbringt, arbeitet Korede als Krankenschwester in einem Krankenhaus. Dort arbeitet auch der hübsche Arzt Tade, in den Korede heimlich verliebt ist. Doch bevor sich da etwas anbahnen könnte, trifft Tade auf Ayoola, und schon ist es um ihn geschehen. Eine unerträgliche Situation für Korede, die es nie schafft, aus dem Schatten ihres Mauerblümchendaseins herauszutreten.

Freunde haben beide Mädchen nicht - der einzige, dem Korede etwas anvertraut, liegt in einem der Krankenzimmer seit Monaten im Koma. Immer wieder schüttet sie dem teilnahmslos Daliegenden ihr Herz aus, was jedoch nie jammernd oder mitleidheischend erscheint, sondern einfach ein Ventil für Korede darstellt, die sonst nicht weiß wohin mit ihren Gedanken und Gefühlen. Dumm nur, dass dieser Patient eines Tages ganz wider Erwarten aufwacht...

»Ein Granatenbuch: scharf, explosiv, wahnsinnig komisch« steht im Klappentext - und nein, das trifft es für mich definitiv nicht. Ob es tatsächlich ein Thriller ist, sei auch einmal dahingestellt. Etwas Spannung entsteht dadurch, dass lange unklar ist, wie Korede mit den widrigen Faktoren umgeht, ob sie sich wie bisher immer für ihre Schwester Ayoola entscheidet oder ob sie sich endlich frei macht von den sie hemmenden Familienbanden. Ansonsten ließ die Spannung für mein Empfinden zu wünschen übrig.

Ein wenig Gesellschaftskritik (Nigeria) sowie ein erfrischender feministischer Ansatz (durch die starken Frauenfiguren) blitzen hier durch, wobei ich gerne noch mehr über die Verhältnisse in Nigeria erfahren hätte als das wenige, das hier zwischen den Zeilen vermittelt wird (Macht der Männer, Korruption der Polizei). Auch die Charaktere bieten nicht die erhoffte Tiefe - über die Motive, die Ayoola zum ständigen Abmurksen ihrer Liebschaften bewegen, ist hier z.B. nichts zu erfahren. Selbst der Humor blitzt hier nur ab und zu durch, da hätte ich deutlich mehr erwartet.

Das Ende dann - passte irgendwie, mir aber nicht... Mehr kann ich hier nicht verraten ohne Spoilergefahr, aber ich hätte mir einfach etwas anderes gewünscht.

Alles in allem hielt der Roman nicht ganz, was ich mir von ihm aufgrund des derzeitigen Hypes versprochen hatte. Er ist erfrischend anders, war aber weniger spritzig, tiefgründig und humorvoll als ich erwartet habe.


© Parden