Rezension Rezension (4/5*) zu Das wirkliche Leben: Roman von Dieudonné, Adeline.

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Anders als erwartet

Anders als erwartet

Das wirkliche Leben von Adeline Dieudonné

In diesem Roman geht es um ein zu Beginn zehnjähriges Mädchen, dessen Namen wir als Leser nie erfahren. Ein Mädchen, das in einer Familie groß wird, die geprägt wird von den Launen des Vaters. Der Vater jagt leidenschaftlich gern, hat sogar ein eigenes Zimmer, in dem die ausgestopften Jagdtrophäen ausgestellt sind. Für das Mädchen und ihren jüngeren Bruder Gilles ein absolutes Tabu.
Gilles und das Mädchen haben am Anfang des Romans eine sehr innige Bindung, die zwei verbringen viel Zeit zusammen, streifen durch die angrenzenden Wälder. Doch nach einem schrecklichen Unfall, den die beiden Kinder miterleben müssen, verändert sich Gilles. Das Geschmeiß, wie es das Mädchen nennt, hat Besitz von ihm ergriffen. Als diese Veränderung in Gilles stattfindet, wird er mehr und mehr für den Vater interessant. Das Mädchen sieht die Gefahr und möchte alles daransetzen, um ihren Bruder zu retten. In ihrer kindlichen Naivität, ausgerüstet mit dem einzigen was sie hat, ihrem herausragenden Verstand, versucht sie eine Zeitmaschine zu bauen.

Dies ist das Grundgerüst der Geschichte, die natürlich noch einige andere Facetten aufgreift. Unter anderem geht es auch um die Mutter, die sich sehr devot verhält und ihrem Mann nichts entgegen setzten kann. Es geht auch um die beginnenden Gefühle eines jungen Mädchens dem anderen Geschlecht gegenüber. Das Hauptaugenmerk liegt für mich allerdings eher darin, wie das Mädchen sich mit der Situation arrangiert. Sie will für sich und ihren Bruder etwas anderes, lässt sich nicht in die Opferrolle drängen und zeigt, dass auch Kinder Helden sein können. Hört sich vielleicht etwas abgedroschen an, aber genau dies scheint die Autorin als Botschaft im Gepäck zu haben, für das, entsprechend der Zielgruppe des Romans, jüngere Publikum.
Die Zeitreiseidee des Mädchens gab mir bis zum Ende Rätsel auf. Ein weiterer Pluspunkt der Habdlung, da er zum Schluss sehr viel Spielraum für die eigenen Schlussfolgerungen zu lässt.
Die Sprache ist eher schlicht gehalten, mir erschien sie nicht funkelnd, wie auf dem Klappentext angepriesen, allerdings passt der Stil gut zur Handlung.
Einige Passagen sind sehr von Gewalt geprägt, doch sie werden recht neutral beschrieben, das ist gut so, denn ein detailreiches ausschmücken wäre definitiv zu viel gewesen.
Nun stelle ich mir die Frage wie ich diesen Roman bewerten soll! Er ist anders, hat eine tolle Message für den Leser, aber er hat mich oft auch etwas irritiert. Volle 5 Sterne möchte ich daher nicht vergeben und beschränke mich auf 4 Sterne.