Rezension Rezension (4/5*) zu All unsere Jahre (Quartbuch) von Kathy Page.

Literaturhexle

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Ein sensibles Portrait über ein langes Eheleben

Dieser haptisch außerordentlich ansprechende Roman aus dem Hause Wagenbach handelt von einer langjährigen Ehe.

Wir lernen Harry bereits als Schüler kennen. Er stammt aus einem Handwerkerhaushalt und hat ein ausgeglichenes Wesen. Seine Eltern freuen sich an seinen Erfolgen und möchten, dass er sich durch Bildung hocharbeitet. In der Schule zeigt er bereits einen fried- und gerechtigkeitsliebenden Charakter. Kriegsveteran und Lehrer Whitehorse erkennt Harrys Neigungen zur Literatur und vor allem zur Poesie. Der Lehrer hinterlässt bleibende Eindrücke bei seinem Schüler. Harry erhält Stipendien und lernt in der Bibliothek die couragierte und willensstarke Evelyn kennen. Evelyn kommt ebenfalls aus einfachen Verhältnissen. Allerdings hadert sie mit ihren Eltern: Der Vater ist ein tuberkulöser Alkoholiker und die Mutter ordnet sich ihm völlig unter. Ein Verhalten, das dauerhaften Einfluss auf die Tochter haben wird. Harry verliebt sich in Evelyn. Diese Liebe wird sein Leben lang halten.

Der Zweite Weltkrieg bringt Harry von seinem geplanten College-Besuch ab, er meldet sich freiwillig zum Wehrdienst. Kurz vor Kriegsbeginn wird geheiratet, schnell kommt Tochter Lillian zur Welt. Es folgen schwere Kriegsjahre, deren Schrecken und Ängste dem Lesenden sehr nah kommen – auch und insbesondere durch die intensiven Briefwechsel der beiden Eheleute.

Harry überlebt die Front. Beide Partner müssen sich anschließend neu finden, was ihnen mehr oder weniger gut gelingt. Es folgen Jahre des Aufstiegs. Harry arbeitet fleißig, Evelyn kümmert sich um die Familie, sie bauen sich ein Haus, zwei weitere Töchter werden geboren…

Wir verfolgen Harry und Evelyn ihr gesamtes Leben lang über einzelne bezeichnende Episoden aus ihrem Leben, die uns ihre Charaktere veranschaulichen und erklären. Die einzelnen Kapitel sind zwar chronologisch angeordnet, es liegen aber unterschiedliche Zeiträume dazwischen. Evelyn stellt sich meistens als die Fordernde heraus, Harry bemüht sich, sie zufrieden zu stellen und ihre Wünsche zu erfüllen. Lange Jahre scheint dieses Konzept nach außen hin zu funktionieren. Erst im Alter kommt es zu ernsthaften Konsequenzen…

Der Autorin gelingt es mit viel Einfühlungsvermögen die unterschiedlichen Facetten ihrer Protagonisten auszuleuchten. Während der rund 70 Jahre, die wir sie begleiten, nehmen sie verschiedene Entwicklungen, die man anhand ihrer Biografie und der beschriebenen familiären Episoden sehr gut nachvollziehen kann.

„All unsere Jahre“ ist ein Buch der ruhigen Töne, das sich aber flott lesen lässt und eine eigene Spannung zu erzeugen vermag. Es ist das Portrait eines Ehepaares, das sich im Grunde durch den bevorstehenden Krieg sehr früh aneinander gebunden hat. Beide Partner sind zwar nie fremd gegangen, sind sich aber zunehmend fremd geworden. Ein Roman, der nachhallt und den ich allen Leser/innen ans Herz legen möchte, die sich gerne auf familiäre Charakterstudien einlassen. Erwähnenswert sind auch die zahlreichen Literaturbezüge.


 

SuPro

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Ein sensibles Portrait über ein langes Eheleben


Dieser haptisch außerordentlich ansprechende Roman aus dem Hause Wagenbach handelt von einer langjährigen Ehe.

Wir lernen Harry bereits als Schüler kennen. Er stammt aus einem Handwerkerhaushalt und hat ein ausgeglichenes Wesen. Seine Eltern freuen sich an seinen Erfolgen und möchten, dass er sich durch Bildung hocharbeitet. In der Schule zeigt er bereits einen fried- und gerechtigkeitsliebenden Charakter. Kriegsveteran und Lehrer Whitehorse erkennt Harrys Neigungen zur Literatur und vor allem zur Poesie. Der Lehrer hinterlässt bleibende Eindrücke bei seinem Schüler. Harry erhält Stipendien und lernt in der Bibliothek die couragierte und willensstarke Evelyn kennen. Evelyn kommt ebenfalls aus einfachen Verhältnissen. Allerdings hadert sie mit ihren Eltern: Der Vater ist ein tuberkulöser Alkoholiker und die Mutter ordnet sich ihm völlig unter. Ein Verhalten, das dauerhaften Einfluss auf die Tochter haben wird. Harry verliebt sich in Evelyn. Diese Liebe wird sein Leben lang halten.

Der Zweite Weltkrieg bringt Harry von seinem geplanten College-Besuch ab, er meldet sich freiwillig zum Wehrdienst. Kurz vor Kriegsbeginn wird geheiratet, schnell kommt Tochter Lillian zur Welt. Es folgen schwere Kriegsjahre, deren Schrecken und Ängste dem Lesenden sehr nah kommen – auch und insbesondere durch die intensiven Briefwechsel der beiden Eheleute.

Harry überlebt die Front. Beide Partner müssen sich anschließend neu finden, was ihnen mehr oder weniger gut gelingt. Es folgen Jahre des Aufstiegs. Harry arbeitet fleißig, Evelyn kümmert sich um die Familie, sie bauen sich ein Haus, zwei weitere Töchter werden geboren…

Wir verfolgen Harry und Evelyn ihr gesamtes Leben lang über einzelne bezeichnende Episoden aus ihrem Leben, die uns ihre Charaktere veranschaulichen und erklären. Die einzelnen Kapitel sind zwar chronologisch angeordnet, es liegen aber unterschiedliche Zeiträume dazwischen. Evelyn stellt sich meistens als die Fordernde heraus, Harry bemüht sich, sie zufrieden zu stellen und ihre Wünsche zu erfüllen. Lange Jahre scheint dieses Konzept nach außen hin zu funktionieren. Erst im Alter kommt es zu ernsthaften Konsequenzen…

Der Autorin gelingt es mit viel Einfühlungsvermögen die unterschiedlichen Facetten ihrer Protagonisten auszuleuchten. Während der rund 70 Jahre, die wir sie begleiten, nehmen sie verschiedene Entwicklungen, die man anhand ihrer Biografie und der beschriebenen familiären Episoden sehr gut nachvollziehen kann.

„All unsere Jahre“ ist ein Buch der ruhigen Töne, das sich aber flott lesen lässt und eine eigene Spannung zu erzeugen vermag. Es ist das Portrait eines Ehepaares, das sich im Grunde durch den bevorstehenden Krieg sehr früh aneinander gebunden hat. Beide Partner sind zwar nie fremd gegangen, sind sich aber zunehmend fremd geworden. Ein Roman, der nachhallt und den ich allen Leser/innen ans Herz legen möchte, die sich gerne auf familiäre Charakterstudien einlassen. Erwähnenswert sind auch die zahlreichen Literaturbezüge.



...hmmm... eig. wollte ich mich nur noch für 5-Sterne-Bücher interessieren, um den Zuwachs an Büchern etwas geringer zu halten. Aber trotz seiner „nur“ 4 Sterne klingt es einfach toll. was soll ich denn jetzt tun:D:D:D:);)
 

Literaturhexle

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Ich glaube, dass das Buch bei dir auch 5 Sterne bekommen würde. Ich lese sehr langsam. Dadurch habe ich im Mittelteil etwas "Zug" vermisst...
Das Ende ist dann aber wieder so unglaublich, dass man alles nochmal überdenkt....
Ein Buch der leisen Töne. Kein Pageturner im engen Sinn. Aber es wird bei mir bleiben und ich werde es in 20 Jahren (so Gott will) noch einmal lesen.
 
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Ich glaube, dass das Buch bei dir auch 5 Sterne bekommen würde. Ich lese sehr langsam. Dadurch habe ich im Mittelteil etwas "Zug" vermisst...
Das Ende ist dann aber wieder so unglaublich, dass man alles nochmal überdenkt....
Ein Buch der leisen Töne. Kein Pageturner im engen Sinn. Aber es wird bei mir bleiben und ich werde es in 20 Jahren (so Gott will) noch einmal lesen.
...okay, das war jetzt das entscheidende Plädoyer. „ich glaube, bei Dir würde...“
und
„es bleibt im Regal“
:D:D:D
Ich bin auch eine Langsamleserin... dann hat man mehr davon :)
 

KrimiElse

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Ich glaube, dass das Buch bei dir auch 5 Sterne bekommen würde. Ich lese sehr langsam. Dadurch habe ich im Mittelteil etwas "Zug" vermisst...
Das Ende ist dann aber wieder so unglaublich, dass man alles nochmal überdenkt....
Ein Buch der leisen Töne. Kein Pageturner im engen Sinn. Aber es wird bei mir bleiben und ich werde es in 20 Jahren (so Gott will) noch einmal lesen.
Bitte lache jetzt nicht:
Ich habe mir das richtige Buch bestellt, weil du so von der Haptik geschwärmt hast...zum ebook dazu. Auch wenn ich es vielleicht in (gefühlt) 20 Jahren zum ersten Mal lesen werde.
 
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@KrimiElse
Da ich es mit dem Reader nicht so habe, bevorzuge ich ja immer das gebundene Buch. Weiterer Vorteil: sobald es gelesen ist und nicht des Aufbewahrens für würdig befunden wurde: Ab zu Tauschticket!
Nachteil: die Bestandsbibliothek wächst. Auch weil die erworbenen Tickets sicher nicht in Wolle oder Schuhe investiert werden....:confused:
 

Literaturhexle

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Hier muss man niemand erklären, warum man ein Buch nochmals kauft, nur weil der Schutzumschlag fehlt.
Aber man müsste erklären, wie es sein kann, dass der Schutzumschlag überhaupt wegkommt:confused:....

Ich weiß, was du meinst: ich hatte ein Buch von Jonas Lüscher ("Kraft") gebraucht gekauft. Angeblich nur einmal gelesen und sehr gut erhalten...
ABER: kein Wort davon, dass der SU fehlt!!!
Sowas kann man sich nicht vorstellen. Jetzt steht es hier nackig im Regal. Da ich es aber in einer LR gelesen und mit Anmerkungen versehen habe, bleibt es hier...
Wir schön, hier auf Verständnis zu treffen:rolleyes:
 
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