Rezension Rezension (3/5*) zu Verlorenes Vernègues von Cay Rademacher

Bibliomarie

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10. September 2015
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Die Wölfe kehren zurück

Das alte Vernègues ist nach einem Erdbeben eine Geisterstadt. Die Menschen haben sich längst eine neue Siedlung gebaut und doch geht von den Ruinen eine geheimnisvolle Faszination aus. Eine Seismologin streift regelmäßig durch die Ruinen, genau wie ein Ufologe, der hier seltsamen Lichterscheinungen nachgeht.

Aber auch Wölfe scheinen in diesen Teil der Provence zurückgekehrt und versetzen Bauern und Schäfer in Schrecken. In einer winterkalten Nacht wird Capitaine Blanc und sein Mitarbeiter Tonon ins alte Vernègues gerufen. Ein Schäfer meldet den Verlust von 12 Schafen, allesamt von einem Wolfsrudel gerissen. Sofort schließen sich die Jäger zusammen, die Wölfe müssen ausgerottet werden. Die schießwütigen Jäger machen Blanc mehr Angst als die Wölfe.

Der Krimi beginnt sehr gemächlich, aber auch stimmungsvoll. Rademacher erzählt viel über die Konflikte von Mensch und Wolf, lässt die Urängste bei den Menschen begreiflich werden. Mit einer Försterin, Madame Hulot, die engagiert für die Tiere eintritt, kommt eine Gegenspielerin ins Spiel. Hulot ist vielleicht sogar ein wenig naiv charakterisiert, wirkt aber gegen das Rudel der alten Männer, die nie ohne Waffe in den Wald gehen und ihr Recht auf die Jagd vehement verteidigen, erfrischend sympathisch. Es dauert lange, bis weit über die Hälfte des Buchs, bis der erste Mord geschieht und Blanc seine Stärken als Ermittler einsetzen kann.

Natürlich fehlt auch nicht ein machtbewußter Bürgermeister, bei dem man sofort an Vetternwirtschaft, wenn nicht gar Korruption denkt und der ständig versucht Blanc Steine in den Weg zu legen. Für ihn zählt allein die nächste Wahl, die er wie gewohnt gewinnen möchte.

Der Krimi ist ein totaler Gegensatz zum letzten Fall Blancs, wo er fast atemlos mit seiner Affäre, der Madame le Juge, durch Arles hetzte. Überhaupt wird das Privatleben von Roger Blanc ein wenig familiärer, seine Tochter ist zu Besuch, er pflegt auch außerhalb allmählich Kontakte. Das seltsam unterkühlte, nur in einer Beziehung leidenschaftliche Verhältnis zu Aveline Vialaron-Allègre nimmt weniger Raum ein, als in früheren Bänden. Was ich durchaus positiv finde, denn ich fand diesen Handlungsstrang ein wenig ausgereizt.

Mir hat der Krimi ganz gut gefallen, er spielt geschickt mit den Urängsten und dem Aberglauben der Menschen, bis es nach einem langen Vorlauf ein sehr schnell zur Auflösung kommt. Ich mag Rademachers Stil und auch die Einbeziehung der Provence in die Handlung. Allerdings war es für mich nicht der beste Band aus der Reihe.
3,5 Sterne

 

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