Rezension Rezension (5/5*) zu Wie die Freiheit schmeckt: Wie ich einer Sekte entkam und das Leben entdeckte .

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
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22.133
49
Brandenburg
Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.
Befreiungsgeschichte, komprimiert.

Kurzmeinung: Liest sich wie Butter. Beeindruckend, schockierend. Offen.



Wer die Komikerin mit der rauchigen Stimme auf youtube erlebt, möchte auf den ersten Blick nicht vermuten, dass diese Frau schon im frühen Kindesalter einige wirklich harte Lebenserfahrungen machen musste, Erfahrungen, die dazu angetan sind, Persönlichkeit(en) zu zerstören. Auch Tamika ist nachhaltig von dieser Zeit gepägt und nahm/nimmt die Hilfe von diversen Therapeuten in Anspruch, um klar zu kommen. Vor allem aber ist sie einfach eine starke Person! Eine mutige Frau, die dazu steht, dass sie durch die Hölle ging.

Tamika wurde in die Ansaaru Allah Community, die damals in New York ihren Anfang nahm, hineingeboren und hermetisch von der Außenwelt abgeschottet. Sektenführer ist Dwight York, der sich gottähnlich verehren läßt, der an Ufos glaubt und daran, der Nachkomme von Außerirdischen zu sein. Die weiblichen Sektenangehörigen betrachtet und behandelt er als seinen persönlichen Harem, sexuelle Übergriffe Kindern gegenüber sind Alltag. Sektensprache ist arabisch, deshalb ist auch Tamikas Muttersprache Arabisch, erst mit dem Schulzwang, der zum Glück auch in den Staaten herrscht, war es ihr möglich, englisch zu lernen und sich behutsam vom Brainwashing der Sekte zu lösen. Als sie schließlich nach Irrungen und Wirrungen in Berlin landet, sagt sie, Deutsch zu lernen wäre zu mühsam gewesen, um nicht zu bleiben und die Sprache täglich zu benutzen. Da kommt die Komikerin durch!

In dem komprimierten Lebensbericht, kaum mehr als zweihundert Seiten, kann nicht jede Station im bewegten Leben Tamika Campells ausführlich durchleuchtet werden. Denise Link, die es übernommen hat, die Story in Form zu bringen, hat gleichwohl einen ausgezeichneten Job gemacht. In mehr als nur lesbarer Art fügt sie die Dinge zu einer Einheit zusammen, der Fokus liegt im ersten Teil auf der Zeit in der Sekte, danach streift der Leser durch einige Lebensstationen. Allein die Jobs, in denen Campbell unterwegs war, hätten Stoff für ein weiteres Buch gegeben.

Tamika war lange Zeit unstet, umständebedingt, durch ihre Prägung und ihren persönlichen Hintergrund fällt es ihr schwer, Wurzeln zu schlagen. In Berlin scheint dies endlich gelungen. Tamika ist angekommen.

Man hätte in der Bewertung unter fünf Sterne gehen können, wenn man zum Vergleich "Unorthodox" von Deborah Feldman heranzieht, dessen Lektüre den Leser mehr mitnimmt. Doch die Machart beider Bücher ist völlig unterschiedlich. Ich mochte die Herangehensweise von Campbell/Linke ebenfalls sehr gerne.


Fazit: Auch wenn man einige Stationen nur blitzschnell vorüberziehen sieht und das Buch die emotionalen Tiefen nur andeutet, durch die Tamika Campbell gegangen ist, ist der Bericht beeindruckend, aufdeckend und schockierend.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen.

Kategorie: Autobiografie.
Berlin Verlag, 2020

 
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Reaktionen: kingofmusic

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
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Morenga ist mir zu anstrengend. Und Balzano hab ich schon gelesen. Ds wird dir gefallen. Es kann gar nicht anders, als zu gefallen. Ich lese hier : Das wirkliche Leben und dann das mit der Frau in New York.
Dann hoffe ich mal auf die ein oder andere Leserunde im 2. Halbjahr ;). Oder willst du mit mir "Der Prozess" von uns Franz lesen? :p:D