Rezension Rezension (3/5*) zu 1965 - Der erste Fall für Thomas Engel von Thomas Christos.

Renie

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19. Mai 2014
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Buchinformationen und Rezensionen zu 1965 - Der erste Fall für Thomas Engel von Thomas Christos
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Lokalkolorit im Fokus

1965: Malcolm X wird in New York ermordet; Der erste Mensch bewegt sich außerhalb einer Raumkapsel im All; Ludwig ERhard wird Bundeskanzler Deutschlands; die deutsche Band "Scorpions" wird gegründet und die Queen besucht Düsseldorf.
In Düsseldorf spielt auch der Kriminalroman "1965 - Der erste Fall für Thomas Engels" von Thomas Cristos.

Thomas Engels ist ein junger Kriminalbeamter, der 1965 aus der Provinz nach Düsseldorf kommt, um frisch von der Polizeischule, seinen Dienst bei der Kripo antreten wird. Befreit von dem Einfluss seines strengen Vaters stürzt er sich in das pulsierende Großstadtleben. Einer der ersten Fälle, an deren Aufklärung er mitarbeiten soll, ist der Mord an einem kleinen Mädchen. Merkwürdigerweise haben seine Vorgesetzten und Kollegen eine andere Sichtweise als er, was die Todesumstände des Mädchens angehen. Und auch das Engagement der Kollegen ist nicht mit seinem Eifer vergleichbar. Tatsächlich gibt es Verbindungen zu einem Todesfall, der in den 30er Jahren stattgefunden hat. Und auf einmal findet sich Thomas in einem Nest von Intrigen und Verschleierungen wieder, deren Anfänge bis in die Zeit des Nationalsozialismus zurückreichen und an deren Aufklärung das Interesse der älteren Kollegen verschwindend gering ist.

Auch wenn ich sonst ein gestörtes Verhältnis zu Regionalkrimis habe, musste ich diesen Roman einfach lesen. Denn ich bin selbst zur damaligen Zeit in Düsseldorf und Umgebung aufgewachsen. Daher habe ich mir ein originalgetreues Bild dieser Zeit versprochen sowie einen Haufen Lokalkolorit. Und hier muss ich sagen, dass meine Erwartungen voll erfüllt worden sind. Tatsächlich wurde ich sogar überrascht, da der historische Fokus auf dem Umgang mit der Nazizeit und dem 2. Weltkrieg lag. Die Vergangenheitsbewältigung, wie sie heutzutage in den Schulen betrieben wird, steckte zum damaligen Zeitpunkt noch in den Anfängen. Menschen, die während des Nationalsozialismus Täter bzw. Mittäter waren, waren in den 60er Jahren Teil unserer Gesellschaft, selbstverständlich unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit. Sie waren in allen Bereichen unserer Gesellschaft zu finden, natürlich auch bei der Polizei.
Insofern war für mich dieser Aspekt dieses Kriminalromans interessanter als der fiktive Mordfall. Daher fällt es mir schwer, die Qualität des Krimis hinsichtlich kriminaler Spannung und Verbrechensaufklärung, zu beurteilen. Denn der Fokus meines Interesses lag für mich auf dem Lokalkolorit sowie dem Vergangenheitsaspekt hinsichtlich Nachwehen des Nationalsozialismus. Und dieser Fokus hat auch dafür gesorgt, dass ich diesen Roman verschlungen habe.
Was man diesem Roman leider nicht absprechen kann, sind die sprachlichen Schwächen. Ich bin über viele Ausdrucksweisen gestolpert, die man weder in der damaligen Zeit noch in der Altersklasse desjenigen, der sie verwendet hat, gefunden hätte.
Das habe ich als störend empfunden, genauso wie die Beigabe einer Liebesgeschichte zwischen Thomas Engels und einer jungen Dame, die ihm per Zufall über den Weg läuft und sich als wichtig für den Fortlauf der Handlung erweist. Dieses gekünstelte Liebesgeplänkel, das der Autor seinen Protagonisten andichtet, senkt das Niveau dieses Romans stellenweise um einiges. Was hat der Autor sich nur dabei gedacht?

Mein Fazit:
Und wieder stellt sich für mich die entscheidende Frage: Habe ich diesen Roman gern gelesen?
Ja, habe ich. Aber ich muss zugeben, dass meine Sympathie für diesen Roman ausschließlich auf Lokalkolorit und Historie zurückzuführen sind. Ich bin sicher, dass jemand, der nicht mit meinen Voraussetzungen an dieses Buch herangeht, diesen Kriminalroman bestenfalls als durchschnittlich empfinden wird. Also nichts, woran man sich positiv erinnern wird. Und ich werde auch keinen weiteren Roman aus dieser Reihe lesen. Denn mit dem ersten Teil habe ich meinem Wunsch nach Nostalgie genüge getan.

© Renie

 
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