3. Leseabschnitt: Seite 110 bis Ende

SuPro

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28. Oktober 2019
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Dieses zwiespältige Verhältnis besteht auf beiden Seiten. Die Mutter hat sich schon früher nicht sehr um die Gefühle ihres Sohnes gekümmert. Natürlich waren die Zeiten hart und das Geld knapp. Doch den einzigen Freund Ronnies, den Papagei, an einen Tierhändler zu verhökern - ohne Erklärung - das zeugt schon von Gefühlsarmut. Dieses Erlebnis hat bleibende Spuren hinterlassen, so richtig verziehen hat er es vielleicht nie.

Die Mutter hat nach seiner Rückkehr die Entfremdung auch gespürt. Ich wette, sie wusste, dass ihr Sohn "andere Eltern" gefunden hat. Die Zauberei stammte aus diesem anderen Leben. Da war folglich eine Menge Eifersucht im Spiel. Sie hat sich schon für das Kind nicht besonders interessiert. Warum sollte sie es für den erwachsenen Mann tun?

Oder tue ich ihr Unrecht?
Dafür sprechen würde ihr Name (95): Agnes (Die Reine oder das Lamm) Dolores (Schmerz).
Swift hat ja nichts zufällig gewählt ;)
Dazu aber Evies Überlegungen auf S. 97: demnach sieht auch sie zwei gegensätzliche Mütter.
... Ich glaube, dass Ronnys Mutter wie alle Mütter und alle Menschen mehrere Seiten und Facetten hatte. Auf ihre Art hat sie ihn sicherlich geliebt. Aber sie war wenig empathisch und nicht besonders gefühlvoll. Trotzdem war sie nachvollziehbar eifersüchtig.
Das finde ich so klasse: der Autor zeigt die Personen in ihrer Komplexität. Sie sind nicht Eindimensional oder einfach gestrickt. Sie sind genauso wie im Leben: kompliziert, komplex, multidimensional… Es sind nicht zwei gegensätzliche Mütter in einer Mutter. Alle Mütter und alle Menschen haben dich auch widersprüchliche oder gegensätzliche Gefühle in sich.
Klasse, wie Swift das herausarbeitet… Und noch durch die Namen unterstreicht.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Also kurzum: ich glaube nicht, dass sie (bewusst) gedacht hat: ich fahre nicht mit, sondern gehe stattdessen mit Jack ins Bett.
Da bin ich bei dir. Aber in ihren nachträglichen Reflexionen gibt sie uns selbst diese Erklärung. Sie selbst glaubt, die Entscheidung für Jack bereits in dem Moment getroffen zu haben, da sie nicht anbot, mit nach London zu fahren.
Außerdem muss man ihr zugute halten, dass sie von ihrer Mutter stark geprägt wurde. Viele Frauen jener Zeit wurden darauf erzogen, eine möglichst passable Partie zu machen. Selbst wenn man das bewusst ablehnt, kann man eine derartige Erziehung nicht völlig abstreifen.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Letztendlich bin ich mir aber nicht sicher. Vielleicht überinterpretiere ich auch. Ich möchte aber gern glauben, dass Swift seinen Roman als Zaubershow angelegt hat. Denn das hat für mich die Faszination dieses Romans ausgemacht. Und schließlich ist Swift Booker Prize Gewinner. Der müsste doch so etwas können.;):cool:
Ich habe mir ehrlich gesagt auch Gedanken darüber gemacht, ob es phonetisch im Englischen einen Unterschied zwischen parrot (Papagei) und Pierrot (dem weißen ernsten Clown im Zirkus/Variete) gibt.

und warum es evergrene und nicht evergreen heißt...
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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und weil sich quick so schön auf trick reimt, ich hatte die ganze Zeit einen Ohrwurm beim Lesen (Ich würde gerne wissen was Mr Swift so für einen Musikgeschmack hat :) )

[zitat]I don't know how it happened
It all took place so quick
But all I can do is hand it to you
And your latest trick[/zitat]
aus Your latest Trick, Dire Straits
 
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parden

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Da hat Ronnie sich mit seinem größten Trick und einem großen Knall verabschiedet. Die letzten Tricks hat er Evie nicht mehr verraten.

Ich finde es toll, was hier alles in den Text interpretiert wird - dafür sind Leserunden gut. Ich hätte nicht die Hälfte davon entdeckt, auch wenn anderes wieder offensichtlich ist. Die Rezension wird nicht einfach - ich muss das Gelesene erst einmal sacken lassen...
 
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Ich bin durch mit der Geschichte. Ich bin mir etwas mit meinen Gefühlen unsicher. Einerseits schön erzählt. Ja. Aber andererseits?!?!
Aber was wird mir hier erzählt?
Ein Junge verliert durch den Krieg, durch seine Abwesenheit seine Mutter. Eine Mutter, die durch ihre spanische Herkunft gefühlsüberfrachtet geschildert wird, aber im Beziehungskontext zu ihrem Sohn eher recht kalt und hölzern daherkommt.
Sie scheint schon mit ihrem Mann etwas gestraft zu sein, bekommt eigenwillige Geschenke. Sie wirkt nicht so als wäre sie reich, was soll sie also mit einem Papagei? Den verkauft sie, das trifft ihren Sohn. Warum? Warum hat der keine Freunde? Warum erscheinen hier alle irgendwie sehr einsam?
Der Sohn gewinnt Ersatzeltern. Warum? Seine Mutter hat versucht ihm eine Bildung zu verschaffen, ihn in Schulen geschleppt. Das hat doch sicher etwas gekostet. Macht man das wenn man nicht liebt? Und wenn man das tut, muss dass doch der Herr Sohn gemerkt haben.
Wie kommt der Sohn dann dazu, Ersatzeltern zu suchen und zu finden? Er findet dort die Zauberei, glüht und brennt, okay.
Aber er ist traurig seine Ersatzeltern wieder zu verlassen. Okay, das kann ich verstehen. Aber seine Mutter vermisst er nicht. Das verstehe ich nicht. Das Verhökern des Papageis kann doch dafür nicht der Grund sein.
In der Armee lernt er einen Freund kennen, Jack, über die Zauberei lernen sie sich kennen, aber auch hier merkt man wenig von einer Freundschaft.
Dieser Freund/Nichtfreund Jack gibt ihm den Tipp mit einer Stelle in Brighton, allerdings mit einer Assistentin. Und hier kommt Evie ins Spiel. Evie und Jack haben Gemeinsamkeiten, sind eher rational denkende, von ihren Müttern getriggerte Menschen. Wobei ich mich frage, können solche Charaktere überhaupt zu Ronnie durchdringen, ihn erreichen? Die Dreiecksgeschichte wird gesponnen und es kommt zum Showdown, bei dem Ronnie verschwindet. ???
Das kann ja wohl nicht alles sein. ...
Den Farben wird in der Geschichte viel Platz eingeräumt,
Schwarz/Weiß = der dunkle Zauberer mit den dunklen durchdringenden Augen und die weiße/blonde/silbrige Evie
Bunt/Regenbogenfarben = der Papagei, der auftauchende Regenbogen,
alles passt zu einem gewissen Showcharakter, hier kann ich dir beipflichten @Renie
Ebenso erscheint die Dramaturgie der Geschichte recht eigenwillig, aber definitiv konstruiert/durchdacht, interessant aufgebaut.
Aber insgesamt betrachtet erreicht mich dieser Roman nicht und wirft in mir zu viele Fragen auf und es gibt auch einiges, was in meinen Augen nicht zusammen passt.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Aber was wird mir hier erzählt?
Ein Junge verliert durch den Krieg, durch seine Abwesenheit seine Mutter. Eine Mutter die durch ihre spanische Herkunft gefühlsüberfrachtet geschildert wird, aber im Beziehungskontext zu ihrem Sohn eher recht kalt und hölzern daherkommt.
Sie scheint schon mit ihrem Mann etwas gestraft zu sein, bekommt eigenwillige Geschenke. Sie wirkt nicht so als wäre sie reich, was soll sie also mit einem Papagei? Den verkauft sie, das trifft ihren Sohn. Warum? Warum hat der keine Freunde? Warum erscheinen hier alle irgendwie sehr einsam?
Der Sohn gewinnt Ersatzeltern. Warum? Seine Mutter hat versucht ihm eine Bildung zu verschaffen, ihn in Schulen geschleppt. Das hat doch sicher etwas gekostet. Macht man das wenn man nicht liebt? Und wenn man das tut, muss dass doch der Herr Sohn gemerkt haben.
Wie kommt der Sohn dann dazu, Ersatzeltern zu suchen und zu finden? Er findet dort die Zauberei, glüht und brennt, okay.
Aber er ist traurig seine Ersatzeltern wieder zu verlassen. Okay, das kann ich verstehen. Aber seine Mutter vermisst er nicht. Das verstehe ich nicht. Das Verhökern des Papageis kann doch dafür nicht der Grund sein.
Spätestens mit diesem Abschnitt war ich voll in dem Buch. Ein Junge wächst in ärmlichen Verhältnissen in London auf. Der Vater ist als Seemann ständig unterwegs, die Mutter versucht mit Putzstellen die Familie durchzubringen. Sicher liebt sie ihren Sohn, kümmert sich, versucht ihm durch Bildung ein besseres Leben zu verschaffen. Gleichzeitig ist sie aber nicht in der Lage, dem Sohn ihre Liebe zu zeigen. Das war zu früheren Zeiten nicht ungewöhnlich. Da hat man nicht ständig seine Kinder umarmt, geküsst usw. Außerdem scheint sie mit ihrem Leben unzufrieden zu sein. Die Ehe war keine Liebesheirat. Sie wurde schwanger und er hat sie aus Pflichtgefühl geheiratet. Der Papagei war in ihren Augen ein völlig unnützes Geschenk, das Geld kostet und womöglich Dreck macht. Natürlich ist der Junge unglücklich, als die Mutter einfach sein Geschenk verkauft und dann dem Vater eine Lüge auftischt.
Dann kommt der Krieg und sehr viele Kinder werden aus Sicherheitsgründen aufs Land evakuiert. Vom Kopf her hat es Ronnie vielleicht verstanden, trotzdem ist es für Kinder zuerst einmal traurig und befremdlich, wenn einem die Mutter zu fremden Menschen weggibt.
Aber hier auf dem Land gefällt es dem Jungen, die Umgebung, das große Haus und vor allem liebevolle Ersatzeltern. Natürlich vergisst er seine leibliche Mutter nicht. Doch die ist weit weg , die Beziehung war nie so herzlich, dass er hier was vermisst. Stattdessen hat Ronnie ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, weil er sich hier so wohlfühlen. Ich finde, Swift hat dieses Gefühlsdilemma sehr eindrücklich geschildert.
 

Literaturhexle

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Natürlich vergisst er seine leibliche Mutter nicht. Doch die ist weit weg , die Beziehung war nie so herzlich, dass er hier was vermisst. Stattdessen hat Ronnie ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, weil er sich hier so wohlfühlen. Ich finde, Swift hat dieses Gefühlsdilemma sehr eindrücklich geschildert.
Sehr gut erläutert, @RuLeka
Wenn er sie nicht lieben würde, hätte er auch kein schlechtes Gewissen. Er schämt sich ja seiner allzu positiven Gefühle den Lawrences gegenüber. Die Ziehfamilie ist viel freier, hat keine finanziellen Sorgen, Zeit für das Zaubern, man hat Zeit für ihn... Ein ganz anderes Leben! Jedes Kind würde da schwach werden.
 
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Spätestens mit diesem Abschnitt war ich voll in dem Buch. Ein Junge wächst in ärmlichen Verhältnissen in London auf. Der Vater ist als Seemann ständig unterwegs, die Mutter versucht mit Putzstellen die Familie durchzubringen. Sicher liebt sie ihren Sohn, kümmert sich, versucht ihm durch Bildung ein besseres Leben zu verschaffen. Gleichzeitig ist sie aber nicht in der Lage, dem Sohn ihre Liebe zu zeigen. Das war zu früheren Zeiten nicht ungewöhnlich. Da hat man nicht ständig seine Kinder umarmt, geküsst usw. Außerdem scheint sie mit ihrem Leben unzufrieden zu sein. Die Ehe war keine Liebesheirat. Sie wurde schwanger und er hat sie aus Pflichtgefühl geheiratet. Der Papagei war in ihren Augen ein völlig unnützes Geschenk, das Geld kostet und womöglich Dreck macht. Natürlich ist der Junge unglücklich, als die Mutter einfach sein Geschenk verkauft und dann dem Vater eine Lüge auftischt.
Dann kommt der Krieg und sehr viele Kinder werden aus Sicherheitsgründen aufs Land evakuiert. Vom Kopf her hat es Ronnie vielleicht verstanden, trotzdem ist es für Kinder zuerst einmal traurig und befremdlich, wenn einem die Mutter zu fremden Menschen weggibt.
Aber hier auf dem Land gefällt es dem Jungen, die Umgebung, das große Haus und vor allem liebevolle Ersatzeltern. Natürlich vergisst er seine leibliche Mutter nicht. Doch die ist weit weg , die Beziehung war nie so herzlich, dass er hier was vermisst. Stattdessen hat Ronnie ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, weil er sich hier so wohlfühlen. Ich finde, Swift hat dieses Gefühlsdilemma sehr eindrücklich geschildert.
Stimmt, so kann man das sicher sehen. Ich schaffe das aber nicht. Irgendetwas in mir sträubt sich. :)
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

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Sehr gut erläutert, @RuLeka
Wenn er sie nicht lieben würde, hätte er auch kein schlechtes Gewissen. Er schämt sich ja seiner allzu positiven Gefühle den Lawrences gegenüber. Die Ziehfamilie ist viel freier, hat keine finanziellen Sorgen, Zeit für das Zaubern, man hat Zeit für ihn... Ein ganz anderes Leben! Jedes Kind würde da schwach werden.
Bei Ronnie sehe ich die Gefühle. Nur bei seiner Mutter sehe ich sie nicht. Obwohl da ja ein spanisches Temperament zu finden sein soll. Wenn eine spanische, temperamentvolle Mutter merkt, dass ihr ihr Kind entgleitet/entrissen wird, würde die doch zur Furie mutieren. Oder nicht?
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

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Spätestens mit diesem Abschnitt war ich voll in dem Buch. Ein Junge wächst in ärmlichen Verhältnissen in London auf. Der Vater ist als Seemann ständig unterwegs, die Mutter versucht mit Putzstellen die Familie durchzubringen. Sicher liebt sie ihren Sohn, kümmert sich, versucht ihm durch Bildung ein besseres Leben zu verschaffen. Gleichzeitig ist sie aber nicht in der Lage, dem Sohn ihre Liebe zu zeigen. Das war zu früheren Zeiten nicht ungewöhnlich. Da hat man nicht ständig seine Kinder umarmt, geküsst usw. Außerdem scheint sie mit ihrem Leben unzufrieden zu sein. Die Ehe war keine Liebesheirat. Sie wurde schwanger und er hat sie aus Pflichtgefühl geheiratet. Der Papagei war in ihren Augen ein völlig unnützes Geschenk, das Geld kostet und womöglich Dreck macht. Natürlich ist der Junge unglücklich, als die Mutter einfach sein Geschenk verkauft und dann dem Vater eine Lüge auftischt.
Dann kommt der Krieg und sehr viele Kinder werden aus Sicherheitsgründen aufs Land evakuiert. Vom Kopf her hat es Ronnie vielleicht verstanden, trotzdem ist es für Kinder zuerst einmal traurig und befremdlich, wenn einem die Mutter zu fremden Menschen weggibt.
Aber hier auf dem Land gefällt es dem Jungen, die Umgebung, das große Haus und vor allem liebevolle Ersatzeltern. Natürlich vergisst er seine leibliche Mutter nicht. Doch die ist weit weg , die Beziehung war nie so herzlich, dass er hier was vermisst. Stattdessen hat Ronnie ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, weil er sich hier so wohlfühlen. Ich finde, Swift hat dieses Gefühlsdilemma sehr eindrücklich geschildert.
Wenn man in dem Papagei ein Symbol sehen würde und dieses Symbol in Zusammenhang zum Verschwinden Ronnies setzt, gewinnt dieser Papagei wieder einen ganz anderen Sinn.
 

Literaturhexle

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Bei Ronnie sehe ich die Gefühle. Nur bei seiner Mutter sehe ich sie nicht. Obwohl da ja ein spanisches Temperament zu finden sein soll. Wenn eine spanische, temperamentvolle Mutter merkt, dass ihr ihr Kind entgleitet/entrissen wird, würde die doch zur Furie mutieren. Oder nicht?
An einer Stelle schwadroniert Evie über den Namen der Mutter. Sie hat ja einen Doppelnamen. Darin sehe ich die zwei Seiten dieser Mutter: sie will das Beste (Schule), aber sie kann nicht über ihren Schatten springen, ist ein Kind ihrer Zeit. Meine Oma (*1914) war auch ein ganz harter Knochen und wurde erst im Alter milde. Für Ronnies Muttèr war es der zweite Krieg, das zweite Leid....
 
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Mikka Liest

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Ich habe mir ehrlich gesagt auch Gedanken darüber gemacht, ob es phonetisch im Englischen einen Unterschied zwischen parrot (Papagei) und Pierrot (dem weißen ernsten Clown im Zirkus/Variete) gibt.

Gibt es! "Pierrot" spricht man im britischen Englisch eher "Piii (lang) – eh (kurz) – row (engl. Aussprache)" mit drei Silben und im Amerikanischen "Pii – row" mit zwei Silben, ohne das "eh" in der Mitte. Beide haben nicht den harten "rott"-Laut am Ende wie "Parrot".
 

Mikka Liest

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@Literaturhexle

Immer wieder spiegelt sich in Ronnies Leben diese Zugfahrt in die Landverschickung wieder. Immer wieder folg darauf ein Bruch in seinem Leben. Als er sich an seine erste Vorstellung erinnert, konnte ich richtig nachempfinden, dass er sich an diesem Ort und bei diesen Leuten angenommen und zuhause fühlte, wie zuvor noch nirgends...
"Manchmal müssen Zauberer selbst verschwinden", was für ein prophetischer Satz.

Ich hatte schon das Gefühl, dass Evie echte Gefühle für Ronnie hatte – nur eben nicht die ganz große romantische Liebe, eher eine Art dankbarer Freundschaft.

Der letzte Zaubertrick wird grandios geschildert, und ich habe gefeiert, dass der (bzw. EIN) Papagei nochmal eine Rolle spielte. Da kann man so viel hinein interpretieren. Ronnie besinnt sich auf sich selbst zurück, oder er nimmt sich etwas zurück, das ihm genommen wurde, oder er lässt etwas los, was ihn verfolgt hat...

@Querleserin

Ich denke auch, dass Ronnie vor dem Auftritt schon alles geplant hatte, um ganz woanders neu anzufangen. Ein Selbstmörder hätte nicht all das mitgenommen, das er mitnahm...

Irgendwie dachte ich am Schluss, es sei mehr als ein Einschlafen – ich habe es als Evies Sterbeszene gelesen, und das Gewicht neben ihr als Vermischung beider Männer in ihrem Leben.

@Renie

Normal kann ich solche Dreiecksgeschichten nicht ausstehen, weil sie meist unsäglich ausgelutscht sind... Hier fand ich sie interessant, weil es eigentlich gar nicht so sehr um die Romanzen ging, sondern um die Leben der Protaonisten und die Beziehungen im Allgemeinen, zum Beispiel zu den Müttern.

Stimmt, wenn man mal darauf achtet, sieht man da die Parallelen zu einem Zaubertrick! Ich vermute, dass manche Szenen, die für die Handlung nicht strikt notwendig sind, auch Ablenkung von leisen Zwischentönen sind – wie Evies Scharwenzeln die Zuschauer davon abhalten soll, zu genau auf Ronnies Hände zu gucken.

@RuLeka

Das stimmt, das ist das Tolle an Leserunden!

Ja, Mütter sind hier ein Leitmotiv. Immer wieder Mütter und die schwierigen Beziehungen zu ihnen. Dass Evie Ronnie nicht zu seiner Mutter begleitet, sagt wirklich alles... An ihrer Stelle hätte ich sofort und auf der Stelle angeboten, ihn zu begleiten – und sei es nur als moralische Unterstützung während der Zugfahrt.

@Literaturhexle

Wenn du Ronnies Mutter Unrecht tust, dann tue ich das auch... Ich hege wenig Sympathien für sie.

@milkysilvermoon

Oje, so wenig hat der Roman dich begeistert? Wie schade... Aber manchmal passt ein Buch einfach nicht zu einem.

@MRO1975

Oh ja, Ronnie trägt auf der Zugfahrt schwer an seinem Gewissen, aber man spürt in seinen Gedanken auch sehr die passiv-aggressive Art seiner Mutter.

Ronnie ist definitiv mit Stil abgetreten und hat sich nicht davongeschlichen wie ein getretener Hund. Ich hatte den Eindruck, dass auch der Papagei dafür stehen soll: Seht her, da bin ich, und ich muss mich vor niemandem schämen oder verstecken.

Ich glaube, hätten sie sich einfach nur getrennt, hätte Evie Ronnie sicher bald vergessen – ob ihm wohl klar war, dass sie sich so viel länger an ihn erinnern würde?

@Barbara62

Ja, Ronnie war auch von Anfang an meine Sympathiefigur... Mit Evie kann ich noch halbwegs mitfühlen, Jack bleibt für mich eher unnahbar.
Ich denke, Evie wird bei den einfacheren Tricks sicher wissen, wie die gingen – bei dem Schwerttrick musste sie ja wissen, wie sie rechtzeitig aus der Kiste rauskommt –, aber bei den komplexeren vielleicht nicht.
Kurioserweise hält sie dem Zauberer Ronnie viel eher die Treue als dem Mann Ronnie.

@SuPro

Das war auch immer mein Eindruck, dass es bei Evie erst eher unterbewusste Entwicklungen waren, keine bewusste Täuschung.
Ja, Überinterpretationen gibt es eigentlich nicht... Ich habe mich da vor einer Weile auf Instagram darüber unterhalten. Da ging es zwar um Kunst, aber das Prinzip ist das selbe: meine Gesprächspartnerin meinte, als Künstlerin müsse man seine Bilder loslassen und akzeptieren, dass jeder Betrachter seine eigene Interpretation einbringt, und ich stimme ihr da zu.

Du hat sicher recht, Ronnies Mutter hat ihn wahrscheinlich mehr geliebt, als es bei ihm und beim Leser ankam...

@Literaturhexle

Das stimmt, Mädchen wurde wohl oft eingetrichtert, dass es eine Träumerei und ein Hirngespinst sei, aus Liebe heiraten zu wollen, und dass sie doch froh sein sollen, wenn sie einen Mann kriegen, der sie versorgen kann.

@renee

Als Erwachsener denkt man sich: das muss der Sohn doch gemerkt haben, aber er war noch ein kleiner Junge. Hat er denn gewusst, was seine Erziehung kostet? Hat er verstanden, dass die Mutter ihre Gefühle vielleicht nur nicht so gut ausdrücken kann und warum sie den Papagei verkauft hat? In seiner Gefühlswelt war das wahrscheinlich nur "Ich liebe diesen Papagei und sie nimmt ihn mir weg, also liebt sie mich nicht wirklich". Noch schlimmer, der Papagei war ein Geschenk des Vaters, also nahm sie ihm in gewisser Weise auch eine Verbindung zum Vater weg.

Und wenn sich das einmal unterbewusst festgesetzt hat, kann das schon auf lange Sicht die Beziehung vergiften, gerade weil sie ja lange Jahre weg war und dem nicht entgegenwirken konnte. Und als sie wieder zusammen waren, hat ihre Verbitterung verhindert, dass sie emotional auf ihn zugeht.

Ronnies Mutter erinnert mich an meine Großmutter. Die ist in harten Zeiten aufgewachsen und hat im Krieg viel Schlimmes erlebt, so dass sie sich lange Jahre nur um das Überleben ihrer Familie kümmern konnte – und ihren Kindern und Enkelkindern später eher Geld gab als emotional Liebe zeigte. Ich glaube, viele Frauen, die in harten Zeiten leben mussten, beginnen irgendwann damit, ihre Liebe eher durch praktische Dinge zu zeigen, was bei Kindern nur nicht immer so ankommt, wie es sicher gemeint ist.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Die Schilderungen der verwitweten Evie sind sehr glaubwürdig. Offensichtlich hatte sie ihr ganzes Leben auch noch Gefühle für Ronnie... Ich kann dir nur voll und ganz zustimmen: Ein wunderbarer Roman!!!
Wobei es mich um ehrlich zu sein doch überrascht hat, dass ihre Gefühle für Ronnie doch noch so stark waren. Allein schon die Tatsache, dass sie Evergreen besucht hat und Jack nichts erzählt hat. Auch das Aufbewahren des Kostüms lassen erkennen, dass sie sich von diesem Abschnitt ihres Lebens nicht wirklich gelöst hat. Frage mich ob Jack es wirklich nicht wusste, oder ob es doch geahnt hat und ihr zugestanden hat?
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Schöne Analogie. Ich denke, hoffe auch, dass Ronnie irgendwo ein neues Leben begonnen hat. Die Beziehung zu Evie ist vorbei, seine Freundschaft mit Jack findet damit auch ein Ende, die Mutter ist tot, die Saison zu Ende ( das Ende von dieser Art Unterhaltung ist auch abzusehen). Was hält ihn hier noch ? Und was wäre spektakulärer für einen Magier, als so zu verschwinden ? Nichts spricht in meinen Augen für einen Selbstmord, eine Leiche wurde auch nie gefunden.
Sehe ich auch so, stimme dir in allen Punkten zu.
Was mir allerdings nicht aus dem Kopf geht, mich zweifeln lässt, ist die Tatsache, dass Ronnie am Ende für sich immer die Magie in den Vordergrund stellte. Was bedeutet für ihn Magie? Ist es nicht vielleicht ein Teil der Show gewesen, so zu verschwinden, dass er wirklich nie wieder auftaucht?
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Der Roman regt zum nachdenken an, gerade weil einiges offen bleibt. Im Grunde kann jeder für sich überlegen, was wohl mit Ronnie geschehen ist.
Zu Beginn des Romans dachte ich nicht, dass die Lebensgeschichte von Evie White einen so großen Raum einnehmen wird. Evie und Jack, damit wurde ich ebenso überrascht, alles in allem ein Roman der Überraschungen. Ein einziger Showakt an sich!
 
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Sassenach123

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Bei Ronnie sehe ich die Gefühle. Nur bei seiner Mutter sehe ich sie nicht. Obwohl da ja ein spanisches Temperament zu finden sein soll. Wenn eine spanische, temperamentvolle Mutter merkt, dass ihr ihr Kind entgleitet/entrissen wird, würde die doch zur Furie mutieren. Oder nicht?
Vielleicht hat sie gedacht, dass Ronnie gar keine Gefühle mehr für sie hat. Ihr wird bewusst gewesen sein, dass es ihm dort in Oxford besser als je zuvor ging. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass er das gemeinsame Leben mit ihr vermissen könnte. Sie hat vielleicht nicht verstanden, dass Ronnie da durchaus differenzieren konnte, und er zwar erkannt hat, dass es ihm dort besser geht, er habe trotzdem Gefühle für sie hat, ihr dankbar ist, dass sie dies für ihn getan hat. Verbitterung kann hart sein, denke das trifft auf Agnes zu.
 
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