3. Leseabschnitt: Seite 110 bis Ende

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ronnie muss zwei weitere Nächte bleiben. Die waren die schlimmsten Tage seines Lebens, aber es würde noch schlimmer kommen, dafür gibt es verschiedene Hinweise.
[zitat]Auf der Fahrt nach Brighton blickte er auf sein Leben zurück, fast als wäre es zu Ende. S.111[/zitat]
Dazu passt auch der Erste-Klasse-Fahrschein und vor allem das Stürmische Wetter. Dürfen wir den Sonnenschein am Ende als Metapher dafür sehen, dass es auch in Ronnies Leben Licht am Ende des Horizonts gibt?

Seine Gedanken treiben nach Evergrene zu seiner ersten richtigen Zaubervorstellung. Man kann die Liebe des Jungen fühlen, als er seinen "Eltern" die Rosen überreicht... "Er war selbst ein anderer Mensch geworden".

Parallelsprung zu Jack nach Brighton: "Da sieht man es, verehrtes Publikum, manchmal müssen Zauberer selbst verschwinden."
Jack erklärt Evie seine Liebe. Interessant, dass Evie bereits damit gerechnet hat. Aus ihren Erinnerungen wird deutlich, dass sie sich im Grunde schon für Jack entschieden hatte, als sie es ablehnte, mit Ronnie nach London zu fahren. Da steckt schon eine Berechnung dahinter. Andererseits bin ich auch nicht überzeugt davon, dass Evie für Ronnie die große, allumfassende Liebe war. Die Beziehung hat sich irgendwie ergeben.
Dennoch hat auch Evie ambivalente Gefühle: Sie hat das erste Federkostüm heimlich aufbewahrt, die Spinnweben greifen eine Erinnerung an vergangene Vorstellungen mit Ronnie auf.
Eine andere Erinnerung bringt sie an den Pier von Brighton, wo sie dereinst den Verlobungsring ins Wasser warf, vom Aberglauben beseelt, dass das Meer ihr etwas Wertvolles zurückbringen würde... Auch überlegt sie, Jacks Asche genau dort ins Meer zu streuen.

Evie hatte ein paar Geheimnisse vor Jack. Jahre, nachdem Ronnie verschwunden war, hat sie seine Spuren aufgenommen, sein völliges, plötzliches Verschwinden hat ihr keine Ruhe gelassen. Es erscheint mir nicht verwunderlich, dass Evie latent unter einem schlechten Gewissen Ronnie gegenüber gelitten hat. Es muss bitter sein, wenn einfach so ein Schlusspunkt gesetzt wird und es keine Möglichkeit gibt, Verzeihung zu erbitten oder sich zu erklären.

Wunderbar wird der letzte Zaubertrick der Saison geschildert! Am Ende ist der Papagei zunächst frei und dann weg. Können wir das als Symbol für Ronnie werten? Auch er war nach dieser letzten Vorstellung völlig befreit - von Verpflichtungen, von seiner Liebe... Ich möchte das so verstehen. Als Magier war er so genial, bestimmt hat er woanders neu angefangen, wo Evie und Jack nie hingekommen sind (Amerika?).
[zitat]Er war verschwunden. Er wurde nie wieder gesehen. Privileg und letzte Zuflucht des Zauberers? (S. 157)[/zitat]

Ich finde das Ende des Romans wunderbar gelöst. Im Nachgang habe ich den Klappentext gelesen. Zum Glück im Nachgang! Dort steht doch tatsächlich, dass Ronnie im Anschluss an einen Auftritt verschwindet!! Gehts noch?! Das ist doch das Geheimnis des Buches: Was ist mit Ronnie passiert? Muss man nicht verstehen.

Tatsächlich taucht der Papagei immer wieder auf, das Verschwinden ist ein Motiv, ebenso der Satz "Da sind wir", in unterschiedlichen Ausführungen. Die Mütter spielen eine Rolle. Hier bitte ich @RuLeka um eine Erläuterung, sie hat sich da gewiss schon Gedanken drüber gemacht;)

Es wäre schön, wir kämen über diesen kleinen Roman noch etwas intensiver ins Gespräch. Ich finde, er ist ein wunderbares Stück Literatur!
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Ich finde das Ende des Romans wunderbar gelöst. Im Nachgang habe ich den Klappentext gelesen. Zum Glück im Nachgang!
Ich hatte ihn zu Beginn gelesen, es wird tatsächlich viel verraten. Allerdings werden auf den ersten Seiten viele Andeutungen gemacht, die man dadurch besser einordnen kann. Nichtsdestotrotz sollte ein Klappentext inhaltlich zurückhaltender sein.

Das Wesentliche hast du zusammengefasst: Das unausgesprochene Ende der Beziehung zwischen Ronnie und Evie, auch das Ende der Freundschaft zwischen Jack und Ronnie, das nur angedeutet wird und das Show-Finale, in dem Ronnie verschwindet - für immer. Ich denke auch, dass er sich nach Übersee aufgemacht hat, der Bruder in Kanada wird mehrfach erwähnt.

Am Ende ist der Papagei zunächst frei und dann weg. Können wir das als Symbol für Ronnie werten?
Das würde ich auch so interpretieren.
Schön fand ich, dass am Ende ein Rückblick auf Ronnies erste Zauberaufführung erfolgt - Eric und Penny sind aus die wichtigsten Menschen in seinem Leben, sie haben sein Leben letztlich geprägt. „Da sind wir!“ (151) Das ist ihr Glück und auch Ronnies?
Auch eine kurzen Rückblick auf Pennys Vergangenheit erhaschen wir...

Evie denkt auch nach 50 Jahren immer noch an Ronnie zurück. Schlechtes Gewissen? Ungewissheit - das Kapitel ist nicht abgeschlossen für sie. Es scheint fast so, als hoffe sie, er werde noch auftauchen. Und trotzdem denkt sie beim Einschlafen an Jack, an sein vertrautes Gewicht neben ihr.
Wirklich ein wunderbarer Roman, in dem mit wenig Worten viel ausgesagt wird.
 

Literaturhexle

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Und trotzdem denkt sie beim Einschlafen an Jack, an sein vertrautes Gewicht neben ihr.
Wirklich ein wunderbarer Roman, in dem mit wenig Worten viel ausgesagt wird
Die Schilderungen der verwitweten Evie sind sehr glaubwürdig. Offensichtlich hatte sie ihr ganzes Leben auch noch Gefühle für Ronnie... Ich kann dir nur voll und ganz zustimmen: Ein wunderbarer Roman!!!
 

Renie

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Ich wage es kaum zu schreiben. Aber dieses Zusammenspiel der 3 Protagonisten war für mich nicht so interessant wie für Euch. Diese Dreier-Konstellation war gut gemacht und psychologisch ausgefeilt. Aber dennoch habe ich die Beziehung der drei Personen zueinander nicht als etwas Besonderes empfunden: 2 Männer, die eng befreundet sind und eine Frau, die sich erst für den einen, dann den anderen entscheidet und Schluss ist's mit der Freundschaft. Aus diesem Stoff sind schon viele Romane entstanden.
Für mich standen andere Dinge im Vordergrund. Ich werde den Verdacht nicht los, dass Swift seinen Roman wie die Zaubershow in Brighton aufgezogen hat. Und das ist mein Problem. Um diesen Gedanken zu verifizieren müsste ich den Roman nochmal lesen. Hier nenne ich ein paar Punkte, warum sich diese Idee bei mir eingeschlichen hat:
- der Titel (der englische, nicht der deutsche)
- diese krassen Wechsel in Perspektive und Zeitebene haben etwas von "Vorhang zu, Vorhang auf, der nächste Künstler hat seinen Auftritt)
- bei einer dieser altmodischen Zaubershows, kennt man die einzelnen Tricks (Kartentricks, Tauben, zersägte Jungfrau). Das ist ähnlich mit der Handlung in diesem Roman. Man weiß, wo die Reise hingeht. Schließlich war gleich früh am Anfang klar, dass Ronnie auf der Strecke bleiben wird. Nur das wie, war nicht bekannt (wie bei einem Zaubertrick: man weiß, dass die Jungfrau am Ende zersägt sein wird, aber wie der Zauberer es gemacht hat, wissen nur die Wenigsten)
- Und dann bin ich zum Schluss über Farben gestolpert: Schwarz und Weiß. Wenn ich an diese Farben denke, sehe ich den Frack und Zylinder eines Zauberers vor mir. Der Zauberstab ist doch auch schwarz-weiß, oder? Evie heißt mit Mädchennamen "White"; ihr Kostüm ist weiß; Pablos Augen sind schwarz (darauf wird mehrfach hingewiesen); die weißen Taschentücher und natürlich die weiße Taube.

Letztendlich bin ich mir aber nicht sicher. Vielleicht überinterpretiere ich auch. Ich möchte aber gern glauben, dass Swift seinen Roman als Zaubershow angelegt hat. Denn das hat für mich die Faszination dieses Romans ausgemacht. Und schließlich ist Swift Booker Prize Gewinner. Der müsste doch so etwas können.;):cool:
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Am Ende ist der Papagei zunächst frei und dann weg. Können wir das als Symbol für Ronnie werten? Auch er war nach dieser letzten Vorstellung völlig befreit - von Verpflichtungen, von seiner Liebe... Ich möchte das so verstehen. Als Magier war er so genial, bestimmt hat er woanders neu angefangen, wo Evie und Jack nie hingekommen sind (Amerika?).
Schöne Analogie. Ich denke, hoffe auch, dass Ronnie irgendwo ein neues Leben begonnen hat. Die Beziehung zu Evie ist vorbei, seine Freundschaft mit Jack findet damit auch ein Ende, die Mutter ist tot, die Saison zu Ende ( das Ende von dieser Art Unterhaltung ist auch abzusehen). Was hält ihn hier noch ? Und was wäre spektakulärer für einen Magier, als so zu verschwinden ? Nichts spricht in meinen Augen für einen Selbstmord, eine Leiche wurde auch nie gefunden.
 

RuLeka

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Ich wage es kaum zu schreiben. Aber dieses Zusammenspiel der 3 Protagonisten war für mich nicht so interessant wie für Euch. Diese Dreier-Konstellation war gut gemacht und psychologisch ausgefeilt. Aber dennoch habe ich die Beziehung der drei Personen zueinander nicht als etwas Besonderes empfunden: 2 Männer, die eng befreundet sind und eine Frau, die sich erst für den einen, dann den anderen entscheidet und Schluss ist's mit der Freundschaft. Aus diesem Stoff sind schon viele Romane entstanden.
Für mich standen andere Dinge im Vordergrund. Ich werde den Verdacht nicht los, dass Swift seinen Roman wie die Zaubershow in Brighton aufgezogen hat. Und das ist mein Problem. Um diesen Gedanken zu verifizieren müsste ich den Roman nochmal lesen. Hier nenne ich ein paar Punkte, warum sich diese Idee bei mir eingeschlichen hat:
- der Titel (der englische, nicht der deutsche)
- diese krassen Wechsel in Perspektive und Zeitebene haben etwas von "Vorhang zu, Vorhang auf, der nächste Künstler hat seinen Auftritt)
- bei einer dieser altmodischen Zaubershows, kennt man die einzelnen Tricks (Kartentricks, Tauben, zersägte Jungfrau). Das ist ähnlich mit der Handlung in diesem Roman. Man weiß, wo die Reise hingeht. Schließlich war gleich früh am Anfang klar, dass Ronnie auf der Strecke bleiben wird. Nur das wie, war nicht bekannt (wie bei einem Zaubertrick: man weiß, dass die Jungfrau am Ende zersägt sein wird, aber wie der Zauberer es gemacht hat, wissen nur die Wenigsten)
- Und dann bin ich zum Schluss über Farben gestolpert: Schwarz und Weiß. Wenn ich an diese Farben denke, sehe ich den Frack und Zylinder eines Zauberers vor mir. Der Zauberstab ist doch auch schwarz-weiß, oder? Evie heißt mit Mädchennamen "White"; ihr Kostüm ist weiß; Pablos Augen sind schwarz (darauf wird mehrfach hingewiesen); die weißen Taschentücher und natürlich die weiße Taube.

Letztendlich bin ich mir aber nicht sicher. Vielleicht überinterpretiere ich auch. Ich möchte aber gern glauben, dass Swift seinen Roman als Zaubershow angelegt hat. Denn das hat für mich die Faszination dieses Romans ausgemacht. Und schließlich ist Swift Booker Prize Gewinner. Der müsste doch so etwas können.;):cool:
Dein Beitrag ist ein sehr gutes Argument für Leserunden. Da gibt es meistens Teilnehmer, die über andere Dinge stolpern als man selbst. Ich denke nicht, dass Du überinterpretierst. Swift ist ein zu guter Autor, um solche Dinge wie die Namen der Figuren, den Aufbau usw. dem Zufall zu überlassen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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An verschiedenen Stellen des Romans wird auf die Mütter eingegangen. Gleich zu Beginn wird erwähnt, dass Jack immer einen ordentlichen Stups braucht vor seinem Bühnenauftritt. „ Das konnte einzig und allein seine Mutter.“ Später entdeckt Evie Parallelen zwischen sich und Jack. „ ...dass auch Jack eine Mutter hatte, die ihn, wie ihre es getan hatte, vom frühesten Alter an wie einen kleinen Hund für ein Leben auf der Bühne abgerichtet hatte.“ Auch interessant, welche Lehren Evies Mutter für ihre Tochter hatte: Das Leben ist nicht gerecht, immer lächeln, du hast ein schönes Gesicht...Also setze Deinen Körper als Dein Kapital ein. Dagegen will Ronnies Mutter von einer Bühnenlaufbahn ihres Sohnes garnicht wissen. So ein Leben ist ihr völlig fremd. Ronnie hat auch ein sehr zwiespältiges Verhältnis zu seiner Mutter. Während und nach seiner Zeit in Evergrene hat er ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, weil er hier viel glücklicher ist, sich mit Penny besser versteht als mit ihr. Als Ronnie nach dem Krieg nach London zurückkehrt, ist seine Mutter noch verhärteter als sie es eh schon war.
Aufgrund dieser zwiespältigen Gefühle spricht er auch nicht mit Evie über seine Mutter, bringt die beiden nicht zusammen. Bezeichnend für das Verhältnis zwischen Ronnie und Evie ist, dass er sie nicht darum bittet, ihn zum Krankenbett seiner Mutter zu begleiten und sie ebenfalls kein Interesse an einem Besuch zeigt. Das wäre doch für ein verlobtes Paar gar keine Frage gewesen.
So, das ging jetzt etwas wirr durcheinander. Jedenfalls spielen die Mütter für alle drei Protagonisten eine wesentliche Rolle, während alle Väter abwesend sind.
 

Literaturhexle

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Dagegen will Ronnies Mutter von einer Bühnenlaufbahn ihres Sohnes garnicht wissen. So ein Leben ist ihr völlig fremd. Ronnie hat auch ein sehr zwiespältiges Verhältnis zu seiner Mutter. Während und nach seiner Zeit in Evergrene hat er ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber,
Dieses zwiespältige Verhältnis besteht auf beiden Seiten. Die Mutter hat sich schon früher nicht sehr um die Gefühle ihres Sohnes gekümmert. Natürlich waren die Zeiten hart und das Geld knapp. Doch den einzigen Freund Ronnies, den Papagei, an einen Tierhändler zu verhökern - ohne Erklärung - das zeugt schon von Gefühlsarmut. Dieses Erlebnis hat bleibende Spuren hinterlassen, so richtig verziehen hat er es vielleicht nie.

Die Mutter hat nach seiner Rückkehr die Entfremdung auch gespürt. Ich wette, sie wusste, dass ihr Sohn "andere Eltern" gefunden hat. Die Zauberei stammte aus diesem anderen Leben. Da war folglich eine Menge Eifersucht im Spiel. Sie hat sich schon für das Kind nicht besonders interessiert. Warum sollte sie es für den erwachsenen Mann tun?

Oder tue ich ihr Unrecht?
Dafür sprechen würde ihr Name (95): Agnes (Die Reine oder das Lamm) Dolores (Schmerz).
Swift hat ja nichts zufällig gewählt ;)
Dazu aber Evies Überlegungen auf S. 97: demnach sieht auch sie zwei gegensätzliche Mütter.
 
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Literaturhexle

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Ursprünglich hatte Ronnies Mutter heere Ziele mit ihrem Sohn: sie wollte ein besseres Leben für ihn und brachte ihn deshalb täglich zur Schule. Später, wenn sie an diese Schulwege zurückdachte, "kamen sie ihr als die wenigen hellen Momente in ihrem Mutterleben vor". Doch es dauerte nicht lange, (...) bis sie ihn woanders hinbrachte und abgab. (S. 23)
Damit ist wohl der Zug gemeint.

Eine Vollblutmutter war Agnes auf keinen Fall, trotz guter Vorsätze. Aber aufrichtig getrauert hat sie, als der Zug weg gefahren war. Danach nahm sie sich aber vor, nicht mehr zu weinen.

Man müsste das ganze Buch nochmal lesen:rolleyes:!
 

Querleserin

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Nur das wie, war nicht bekannt (wie bei einem Zaubertrick: man weiß, dass die Jungfrau am Ende zersägt sein wird, aber wie der Zauberer es gemacht hat, wissen nur die Wenigsten)
Deine Argumentation finde ich sehr einleuchtend. Dazu passt auch, dass wir nicht erfahren, wie Ronnie verschwunden ist. Auch dies bleibt eine ungelöste Illusion. Zudem hat der Roman starke Zensuren/ Zeitsprünge/ Perspektivwechsel, das passt zu Vorhang auf, Vorhang zu und viele Kommentare in Klammern, wie ein :Operator“ einer Show sie liefern könnte ;)
 

Renie

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19. Mai 2014
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Deine Argumentation finde ich sehr einleuchtend. Dazu passt auch, dass wir nicht erfahren, wie Ronnie verschwunden ist. Auch dies bleibt eine ungelöste Illusion. Zudem hat der Roman starke Zensuren/ Zeitsprünge/ Perspektivwechsel, das passt zu Vorhang auf, Vorhang zu und viele Kommentare in Klammern, wie ein :Operator“ einer Show sie liefern könnte ;)
Ich bin erleichtert, dass Du (oder Ihr?) meinen Ansatz nachvollziehen könnt. Ich hatte schon die Befürchtung, dass die Interpretationspferde mit mir durchgehen. :D
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich hatte ihn zu Beginn gelesen, es wird tatsächlich viel verraten. Allerdings werden auf den ersten Seiten viele Andeutungen gemacht, die man dadurch besser einordnen kann. Nichtsdestotrotz sollte ein Klappentext inhaltlich zurückhaltender sein.

Ja, mit Klappentexten ist es immer ein Kreuz. Man kommt oftmals nicht umhin, sie zu lesen, weil man sonst nicht weiß, ob der Roman was für einen ist. Andererseits ist es auch doof, wenn man dadurch schon den halben Inhalt kennt und nicht mehr so überrascht wird.

Ich habe mich für diese Leserunde erst angemeldet, als der Klappentext da war, da ich vom Autor vorher noch nichts gelesen hatte.

Die Schilderungen der verwitweten Evie sind sehr glaubwürdig. Offensichtlich hatte sie ihr ganzes Leben auch noch Gefühle für Ronnie...

Meinst du romantische Gefühle? Das bleibt eben offen. Aber sie hat ihn definitiv nicht vergessen. Schuldgefühle, dass sie ihn betrogen hat, hat sie aber allemal. Auch sein Verschwinden ist ihr nach wie vor nicht egal.

Aber dieses Zusammenspiel der 3 Protagonisten war für mich nicht so interessant wie für Euch. Diese Dreier-Konstellation war gut gemacht und psychologisch ausgefeilt. Aber dennoch habe ich die Beziehung der drei Personen zueinander nicht als etwas Besonderes empfunden

Das stimmt. Ein solche Dreiergeschichte ist auf jeden Fall nicht originell oder besonders - außer vielleicht das Umfeld (Theaterwelt usw.). Ich finde es aber auch nicht schlimm, denn wie viele Liebesromane und -filme erzählen im Grunde immer wieder die gleiche Story und werden dennoch begeistert konsumiert? Aber ich weiß schon, worauf du hinaus willst: Die eigentliche Stärke des Romans liegt woanders. Ich finde es super, dass du dich von der Liebesgeschichte nicht hast ablenken lassen und stattdessen auf so viele Details geachtet hast. ;)
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Meinst du romantische Gefühle? Das bleibt eben offen. Aber sie hat ihn definitiv nicht vergessen. Schuldgefühle, dass sie ihn betrogen hat, hat sie aber allemal. Auch sein Verschwinden ist ihr nach wie vor nicht egal.
Das hast du wunderbar zusammengefasst. Da habe ich nichts zu ergänzen. So die ganz heiße Liebe habe ich zwischen Evie und Ronnie sowieso nicht gesehen, zumindest war ein gutes Stück Zweckbündnis dabei.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich bin jetzt auch am Ende angelangt und sehr froh, dass ich den Roman hier in einer Leserunde gelesen habe. Sonst hätte ich wahrscheinlich verfrüht damit aufgehört und mir wäre ein tolles Buch entgangen.

Zum Inhalt wurde schon viel geschrieben. Mich beschäftigt auch momentan der Erzählstil mehr. Er ist schon sehr ungewöhnlich, aber auch gewöhnungsbedürftig. Einerseits finde ich ihn super, denn man merkt, dass jedes Wort wohlüberlegt ist und so viel drinsteckt. Andererseits brauchte ich etwas, um in der Geschichte anzukommen, und fand das Lesen vor allem zu Beginn durch die Zeitsprünge und Perspektivwechsel auch ziemlich anstrengend. Man muss sich schon darauf einlassen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Die Schilderungen der verwitweten Evie sind sehr glaubwürdig. Offensichtlich hatte sie ihr ganzes Leben auch noch Gefühle für Ronnie... Ich kann dir nur voll und ganz zustimmen: Ein wunderbarer Roman!!!
In einer Hinsicht hält Evie Ronnie ihr Leben lang die Treue. Sie verrät niemandem, auch Jack nicht, Ronnies Zaubertricks.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Dazu passt auch der Erste-Klasse-Fahrschein und vor allem das Stürmische Wetter. Dürfen wir den Sonnenschein am Ende als Metapher dafür sehen, dass es auch in Ronnies Leben Licht am Ende des Horizonts gibt?
Diese Zugfahrt soll uns sicher einiges sagen. Interessant fand ich, dass Ronny offenbar ein schlechtes Gewissen hat. Er stellt immer wieder fest, dass seine Mutter tot ist, und er fährt erster Klasse nach Brighton oder stellt fest, dass er eine glückliche Kindheit hatte und eigentlich glücklich ist. Dabei fand ich das gar nicht schlimm. Der Tod eines nahestehenden Menschen bringt uns oft dazu festzustellen, was man am eigenen Leben hat, dass das Leben kurz ist und genossen werden sollte. Ronnys schlechtes Gewissen ist wahrscheinlich mehr davon getrieben, dass er feststellt, dass er zu seiner Mutter nicht die Beziehung hatte, die er - nach welchen Maßstäben eigentlich? - hätte haben sollen.

Interessant, dass Evie bereits damit gerechnet hat. Aus ihren Erinnerungen wird deutlich, dass sie sich im Grunde schon für Jack entschieden hatte, als sie es ablehnte, mit Ronnie nach London zu fahren. Da steckt schon eine Berechnung dahinter.

Das war schon sehr deutlich, dass sie nicht einmal angeboten hat, mitzukommen. Als ob sie darauf spekuliert hätte, dass Jack die Gelegenheit nutzen würde.

Es muss bitter sein, wenn einfach so ein Schlusspunkt gesetzt wird und es keine Möglichkeit gibt, Verzeihung zu erbitten oder sich zu erklären.

Was hat sie eigentlich gedacht, wie das weitergehen soll? Ronny hat die Affäre entdeckt, aber sie sprechen nicht darüber. Machen weiter als sei nichts geschehen. Ronny hat dann die Initiative ergriffen und hat Evie und Jack mit einem Knall verlassen. So herum hatte sie sich das vielleicht nicht vorgestellt. Einer starker Schachzug von Ronny!

Wunderbar wird der letzte Zaubertrick der Saison geschildert! Am Ende ist der Papagei zunächst frei und dann weg. Können wir das als Symbol für Ronnie werten? Auch er war nach dieser letzten Vorstellung völlig befreit - von Verpflichtungen, von seiner Liebe... Ich möchte das so verstehen. Als Magier war er so genial, bestimmt hat er woanders neu angefangen, wo Evie und Jack nie hingekommen sind (Amerika?).

Einfach toll gemacht. Da hätte ich fast applaudiert. Die Symbolik mit dem Papagei war einfach zu schön. Und ich glaube auch oder will glauben, dass Ronny sich davon gemacht hat und sehr glücklich geworden ist.

Ich finde das Ende des Romans wunderbar gelöst. Im Nachgang habe ich den Klappentext gelesen. Zum Glück im Nachgang! Dort steht doch tatsächlich, dass Ronnie im Anschluss an einen Auftritt verschwindet!! Gehts noch?! Das ist doch das Geheimnis des Buches: Was ist mit Ronnie passiert? Muss man nicht verstehen.

Ich hatte den Klappentext vorher gelesen, war aber dennoch gefesselt, warum und wie genau Ronny verschwindet.

Verschwinden ist ein Motiv

Das sehe ich auch so. Im realen Leben sind Menschen da und auch nicht da - wie die Mutter, andere sind weg oder tot, wobei fraglich bleibt, ob das dasselbe ist. Und auch auf der Bühne verschwinden Menschen zeitweilig oder für immer. Schön!
 
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