1. Leseabschnitt: Anfang bis Seite 50

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
querleserin.blogspot.com
Der Papagei ist von Ronnies Mutter verkauft worden, obwohl er den Papagei mochte. Auch er musste gehen, wenn auch aus anderen Gründen. Da gibt es durchaus eine Verbindung, aber die kommt im nächsten Abschnitt...sorry.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Daran kann man auch das Verhältnis zwischen Ronnies Eltern ablesen. Der abwesende Vater, der seinem Sohn einen Papagei mitbringt. In den Augen der Mutter ein völlig unnötiges Geschenk. Ohne ihr Verhalten zu entschuldigen, sehe ich hier was ganz Typisches. Die im Grunde alleinerziehende Mutter, die ihren nicht leichten Alltag bewältigen muss und daneben ein Vater, der eigentlich nie da ist, sich aber die Liebe des Sohnes „ erkaufen“ möchte mit so einem Geschenk.
Wofür steht der Papagei? Für Buntheit, für etwas Farbe im Leben, für Exotik...
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Wie wirkt das Verhalten der Mutter auf Ronnie? Erstens verkauft sie ein Geschenk, das ihr Sohn erhalten hat. „..., aber er begriff, dass ihm hier eine deutliche Lektion erteilt wurde, wie es in der Welt zuging, und dass er viel zu wenig darüber wusste. Seine Hilflosigkeit machte aus ihm einen Niemand.“ Was hat er hier gelernt? Der Starke nimmt dem Schwachen dessen Eigentum weg? Es geht nicht um Gerechtigkeit?
Zweitens belügt sie den Vater. Für Kinder ist es befremdlich, die Eltern beim Lügen zu erwischen. Ihnen wurde beigebracht, man lügt nicht, aber für die Eltern gelten diese Gebote nicht. Außerdem macht ihn dieMutter damit zum Komplizen. Ronnie kann dem Vater nicht sagen, was tatsächlich geschah. Schwierig.
 

Barbara62

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19. März 2020
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In der Hoffnung, dass ich bei 13 TN nicht mit mir allein diskutieren muss, mache ich mal den Anfang. Schließlich ist dieses das Buch, auf das ich mich in dieser Saison am allermeisten gefreut habe. Zu gut ist mir noch Swifts letztes Buch "Ein Festtag" in Erinnerung :rolleyes:.

Ich steige etwas verspätet ein, tut mir leid, weil ich zu "Die Frau des Obersts" länger gebraucht habe als gedacht. Ohne zusätzliche Informationen über die finnische Geschichte ging es dort nicht, aber jetzt bin ich dabei.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Die Jahre in Evergrene bezeichnet Jack als seine Bildungsjahre. Darüber hinaus hat er Zugang zu seiner künftigen Karriere als Zauberer bekommen. Offensichtlich hält Eric auch regelmäßige Aufführungen als Zauberkünstler ab. Beschrieben wird eine wunderschöne Szene im Garten, als Eric vier weiße Kaninchen auftauchen und verschwinden lässt, was den Jungen natürlich sofort fasziniert, so dass er zum "Zauberlehrling" wird. Wie gerne würde er auch seine bevorstehende Rückkehr zur Mutter, er ist 1945 14 Jahre alt, mit magischen Kräften verhindern!

Das war für mich eine sehr überraschende Wendung. Normalerweise löst der Begriff "Kinderlandverschickung" bei mir eher Gänsehaut aus und ich denke an Heimweh, aber für Ronnie waren es seine schönsten Jahre. Ich kann verstehen, dass er das Ende des 2. WK fast als Bedrohung empfand. Sein ambivalenten Gefühle sind wundervoll beschrieben.
 
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Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Es ist weniger der Papagei. Eher findet sich immer wieder der Titel des Buches wieder, wenn auch in abgewandelter Form.
Der Papagei bspw. plappert "Da bin ich"
Penny Lawrence meint auf den Kommentar "Was für ein reizender kleiner Junge": "Ja, das ist er."
Oder "Immer wenn Mrs Lawrence etwas brachte, manchmal aber auch ohne Grund, sagte sie: 'Da wären wir'!

Ich kann noch nicht greifen, was hinter diesem banalen Sätzchen steckt.

Das war mir noch gar nicht aufgefallen, diese Variationen. Genau deshalb lese ich so gerne in Leserunden. Ich werde nun darauf explizit achten.
 
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parden

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13. April 2014
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Hach, hier ist schon so viel geschrieben worden! Es ist auch mein erster Roman von Graham Swift, und spätestens seit Beginn der Schilderungen von Ronnies Kindheit bin auch ich vollkommen in der Erzählung angekommen. Auch ich finde es beeindruckend, wie fein der Autor die oftmals so ambivalenten Gefühle des Jungen erfasst und auszudrücken vermag ohne viele Worte machen zu müssen. Tatsächlich ging über die Schilderungen von Ronnies Kindheit der Beginn der Erzählung fast verloren. Ich bin jedenfalls neugierig, wohin Ronnie wohl verschwunden ist - und weshalb...
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich bin jetzt auch in den Roman eingestiegen. Es ist mein erstes Buch des Autors, obwohl mir sein Name schon bekannt vorkommt.

Ich hatte einen etwas holprigen Start. Ich habe die ersten 50 Seiten nicht in einem Rutsch gelesen, weil ich am Anfang zweimal unterbrechen musste. Dieses Durcheinander von Rückblenden und Vorausdeutungen finde ich schon etwas verwirrend und anstrengend zu lesen. Diese teils verschachtelten Sätze machen es auch nicht einfach. Und dann finde ich es auch optisch etwas erschlagend, wenn es keine Kapitel, sondern nur Absätze gibt. Vielleicht hätte ich mit dem Buch nach den ersten Seiten ohne diese Leserunde sogar erst mal pausiert.
Aber als es mit Ronnies Kindheit losgeht und ein stetigerer Erzählfluss entsteht, hat mich der Roman dann doch noch erreicht. Und zum Ende des Abschnitts hin habe ich das Buch dann tatsächlich ungern zur Seite gelegt. Ich glaube, dass inhaltlich eine Menge drinsteckt. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
 
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MRO1975

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11. August 2018
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Sofort nach den ersten Seiten fühlte ich mich auch in diesem Buch sauwohl. Swift hat so eine Art zu erzählen, ich weiß nicht, wie ich das bechreiben soll. Da klingt etwas mit, so eine unterschwellige Bedeutung in den Sätzen, ich liebe diesen Stil!
Er ist wirklich ein großartiger Erzähler. Die Personen wirken so echt und ich war auch ganz schnell in der Geschichte drin.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Jack ist ein Varietekünstler, er führt durch das Programm der sommerlichen Seebadaufführung in Brighton, die Saison neigt sich dem Ende zu. Er reflektiert über seine Mutter, die ihn einst wie einen kleinen Hund für das Leben auf der Bühne dressierte und seiner Karriere stets auf die Sprünge half.
Das hat der Autor wunderbar gemacht. Den roten Faden bildet die Saison in Brighton. Dann gibt es ganz kleine Hinweise, was in Zukunft passieren wird. Die Sache mit dem Ring streut er mal eben so ein. Und dann die Rückblenden auf die Kindheit von Jack, Eve und Ronny, wobei Ronnys Geschichte schon wieder eine kleine Geschichte in sich ist. Mir gefällt‘s ausgesprochen gut.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Er schreibt nur kurze Postkarten nach Hause, weiß er doch, dass er seiner Mutter nicht die Wahrheit über seine neuen Umstände sagen kann - zu verschieden sind die beiden Welten. Die Mitteilung, dass sein leiblicher Vater als vermisst/tot gilt, berührt ihn nicht sehr. Erst als ihm klar wird, dass er die Eltern gerne tauschen würde, bricht er in nächtliche Tränen aus...
Da ist er als 8jähriger schon ziemlich weit. Soviel Feinfühligkeit lässt ihn recht erwachsen wirken.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Du sprichst mir aus der Seele. Genau so habe ich das auch empfunden. Es ist unglaublich, dass in nur 50 Seiten so viel passieren kann aber nicht nur im Sinne des konkret Erzählten, sondern auch, was die Gefühlswelt des Lesers anbelangt. Neugierde. Gespanntheit. Entrüstung. Empathie. Freude. Enttäuschung, Wut und Traurigkeit. Eine Meisterleistung, wenn man es genau betrachtet.
Das finde ich auch. Soviel Geschichte auf so wenig Seiten und trotzdem ist alles schön auserzählt und nichts wirkt oberflächlich.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Es ist weniger der Papagei. Eher findet sich immer wieder der Titel des Buches wieder, wenn auch in abgewandelter Form.
Der Papagei bspw. plappert "Da bin ich"
Penny Lawrence meint auf den Kommentar "Was für ein reizender kleiner Junge": "Ja, das ist er."
Oder "Immer wenn Mrs Lawrence etwas brachte, manchmal aber auch ohne Grund, sagte sie: 'Da wären wir'!

Ich kann noch nicht greifen, was hinter diesem banalen Sätzchen steckt.
Das hast du schön entdeckt. Dass der Satz bei Mrs. L auftauchte, war mir auch aufgefallen; bei den anderen aber nicht. Danke für den Hinweis. Bin jetzt erst recht gespannt, wohin das führt.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Mit dem Papagei verbindet Swift zwei Leitmotive seines Buchs. Auf die Frage“Wo ist Pablo?“ lernt der selbstbewusst zu antworten: „Da bin ich!“
und als der Vater fragt "Wo ist Pablo" antwortet die Mutter "Entflogen" Das stimmt allerdings nicht.
Auch Ronnies Verschwinden, sein Künstlername ist "The Great Pablo", wird wohl nicht so einfach zu beantworten sein.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ich werde nicht so richtig warm mit diesem Buch. Den ersten Abschnitt habe ich mehrmals angefangen, ich komme nicht so richtig in die Geschichte. Keine Ahnung an was dies liegt. Trotzdem bin ich sehr neugierig, was ich am Ende sagen werde. Denn die Dreiecksgeschichte hat etwas, hier könnte es sicher für mich interessanter werden. Ebenso geschickt gemacht sind die vielen Verbindungen, die hier immer wieder durchblitzen.

Interessant ist auch einiges auf Seite 19. "Seine Taschen waren leer. Doch kurz darauf starb Eric Lawrence, … " Bei Ronnies Entwicklung scheint sich einiges abgespielt zu haben, was den Jungen sicher vollkommen verändert hat. Und was sicher auch in der Dreiergeschichte eine Rolle spielen wird. Was ich mich aber frage, kann man als Achtjähriger nach und nach seine Mutter vergessen, geliebt hat sie ihn doch, das muss er doch gespürt haben und er müsste sie doch auch geliebt haben??? Die Sache mit dem Papagei wird vielleicht einen Riss im Vertrauen des Kindes hinterlassen haben, aber das kann doch nicht gänzlich alles zerstört haben. Die lange Zeit bei den Lawrences war sicher schwer für Ronnie, aber vergisst man da die eigene Mutter? Das erscheint mir etwas komisch. Die Mutter-Kind-Bindung ist doch beidseitig und auch tiefgehend. ...
 
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