Rezension Rezension (4/5*) zu Ein wenig Glaube: Roman von Nickolas Butler.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Glaube, Fanatismus und die Instrumentalisierun

Peg und Lyle Hovde sind schon lange verheiratet, haben gemeinsam Höhe und Tiefen erlebt. Als ihre Adoptivtochter Shiloh mit ihrem fünfjährigen Sohn Isaak zurück nach Hause zieht, beginnen sie auch ihr Großelterndasein zu genießen. Doch dann zieht es Shiloh immer mehr zu einer dubiosen Glaubensgemeinschaft, dem Bund der Flusstäler, und verfällt dem charismatischen Prediger Steven. Doch als dieser Isaak zum Glaubensheiler erklärt, müssen Peg und Lyle eine schwierige Entscheidung treffen.
Glaube, Fanatismus und die Instrumentalisierung der Kleinsten und Schwächsten einer Gemeinschaft. Nickolas Butler hat sich hier eines ungeheuer sensiblen Themas angenommen. Der Glaube als privates Ereignis, und die Herausforderung, Selbstbestimmtheit zu achten und diejenigen zu beschützen, die (noch) nicht selbst in der Lage sind für sich einzutreten.
Nickolas Butlers Stärke liegt in der großartigen Charakterisierung seiner Figuren. Allen voran Lyle, einem großherzigen, aufmerksamen und liebevollem Ehemann, Vater und Großvater. Butlers Stärke in die Herzen der Männer zu schauen ist gleichzeitig ein bisschen seine Schwäche, denn neben Lyle verblassen die anderen Personen, vor allem die Frauen in dieser Geschichte. Lyle ist ein sehr erdverbundener Mann, steht treu zu seiner Frau, ist unverdrossen trotz seines Alters fleißig, steht mit beiden Beinen in der Realität. Seit dem Tod seines Sohnes Peter, der als Baby verstarb, hat Lyle den Glauben an einen Gott verloren. Trotzdem versucht er seine Tochter zu verstehen, sucht Rat bei seinem Kindheitsfreund, der der Priester seiner Heimatgemeinde ist. Er fühlt große Liebe zu seiner Familie, zu Shiloh und vor allem zu Isaak. Doch letztlich sind ihm die Hände gebunden, wenn er das kleine Kind aus den Fängen der Sekte befreien will.
Ein wenig Glaube ist ein Buch, das nachdenklich stimmt, bedrückt, berührt und auch zornig macht. Es ist keine abwegige Geschichte, die Butler hier erzählt. Charismatische Anführer, die genau die Sorgen und Ängste derer, die sich Hilfe und Trost erhoffen, zu eigenen Zwecken ausnutzen, sich bereichern und auf deren Kosten sich profilieren, gab und gibt es immer wieder. Dieses Thema aufzugreifen war eine gute Entscheidung.


 

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