Die Hauptakteurin Anellia in
Ausgesetzt, dem beklemmenden Roman der US-amerikanischen Autorin Joyce Carol Oates, ist wieder einmal eine echte Anti-Heldin. Aufgewachsen im Amerika der sechziger Jahre, wird sie von ihrer Umwelt kaum wahrgenommen, ihre Geschwister verachten sie. Dazu kommt, dass die 19-jährige Protagonistin ständig durch Ungeschicklichkeit oder selbstzerstörerische Taten bei ihren Mitmenschen aneckt. So bleibt die Protagonistin ein Außenseiter, der auch auf den Leser beängstigend einfältig und labil wirkt. Doch unermüdlich startet die junge Frau immer wieder neue Anläufe, um ihr persönliches Glück zu finden -- nur um letztendlich wieder zu scheitern. Das macht
Ausgesetzt zu einem melancholischen und tragischen Buch und lässt die Geschichte so tief unter die Haut gehen.
In der Hauptperson, die es nicht einmal schafft, dass sich Mitmenschen ihren Namen merken, kann sich der Leser selbst ein Stück weit wieder finden. Schließlich muss sich jeder Mensch tagtäglich neu behaupten -- sei es im Berufs- oder Privatleben. So wird der Roman der inzwischen 66-jährigen und für ihr Werk mehrfach ausgezeichneten Oates zu einem sehr persönlichen, aber auch sehr lebensweisen Buch, dass aber wahrlich keine leichte Lektüre ist -- zu abgehoben und philosophisch angehaucht wirken bisweilen die Gedankengänge der selbstzweiflerischen Hauptfigur, die aus der stickigen Atmosphäre eines Frauencolleges nicht zuletzt durch die Zuneigung zum Philosophiestudenten Verner und seiner Ideenwelt zu entfliehen sucht.
Mit Ausgesetzt hält der Leser endlich wieder ein Buch in der Hand, über das es sich auch nach dem Durchlesen lohnt, noch einmal über seine Handlung, die Akteure und ihre Ideen nachzudenken. Und das kann man inzwischen von immer weniger Romanen sagen. --Rüdiger TeutschKaufen