Rezension Rezension (5/5*) zu Dort dort von Tommy Orange.

sursulapitschi

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18. September 2019
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Eindrucksvoll, melancholisch und toll erzählt

Puh, vorbei, sehr schade. Dieses Buch hätte ich ewig weiterhören können, auch wenn es wirklich bedrückend und tieftraurig ist.

Es geht um Indianer, die im heutigen Amerika ein Nischendasein führen. In Oakland ist man natürlich aufgeklärt, tolerant und alle geichberechtigt, frei von rassistischen Vorurteilen. Trotzdem finden sich nur sehr wenige Menschen indianischer Abstammung in der Oberschicht.
Unterschiedlichste Familien und ihre Geschichte lernt man hier kennen. Da sind die Bear Shields, die Red Feathers und die Oxendenes und alle haben irgendwie miteinander zu tun. Ihre Geschichten sind problembeladen. Drogen, Vernachlässigung, Alkohol, Gewalt und Missbrauch trifft jeden irgendwann in irgendeiner Form. Und alle bereiten sich vor auf das große Powwow, das jedes Jahr einmal stattfindet.

In einem wunderbar lakonischen Erzählstil setzt Tommy Orange all diese Menschen in Szene. Man verfolgt unterschiedlichste Schicksale, fiebert mit und rätselt gleichzeitig, wie sie denn nun alle in Beziehung zueinander stehen. Er erzählt mit einigem Humor aber auch mit tiefer Melancholie und zeigt, wie ein Volk noch Generationen später darunter leidet, dass ihm die Wurzeln genommen und eine fremde Kultur aufgezwungen wurde.

Es ist ein wunderbares, aber auch sehr verzwicktes Buch. Man muss sehr konzentriert zuhören, damit einem nichts entgeht. Tatsächlich habe ich fast alles zweimal gehört. Vielleicht sollte man dieses Buch lieber lesen statt es zu hören, selbst wenn Christian Brückner wirklich fantastisch liest. Seine Stimme gibt dem Geschehen noch eine zusätzliche Dimension. Wirklich toll!