Ein Vater unterwegs mit seinem Sohn. Ihre Reise führt zurück in das Hügelland, aus dem der Vater stammt, zu den Schauplätzen seiner Kindheit. Da ist das Geburtshaus, dort die elterliche Hochzeitskirche, hier der Friedhof, auf dem der Freund Frieder begraben liegt. Ständiger Reisebegleiter ist das Schicksal der männlichen Vorfahren, die sich allesamt das Leben nahmen: "Urgroßvater, Großvater, Vater. Ertränkt, erschossen, erhängt." Der Vater muss erkennen, dass sein Wegzug, seine Bildung und sein Aufstieg keine Erlösung gebracht haben.
Vielleicht helfen die Rückkehr und das Erinnern. Doch warum bringt er seinen Jungen in Gefahr? Warum hat er keine Antwort auf dessen bange Frage: "Um was geht es?" Er weiß nur: Wer zurückfährt, muss alle Kurven noch einmal nehmen. Wenn er der dunklen Tradition ein Ende setzen will.Kaufen
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Der 1965 im Schwäbischen geborene Autor, der sich Bov Bjerg nennt, hatte mit seinem zweiten Roman „Auerhaus“ einen Riesenerfolg. Das Buch wurde verfilmt und ist mittlerweile Schullektüre geworden.
Sein neuer Roman „ Serpentinen“ knüpft an manches von damals an, ist aber völlig anders, härter, dusterer und noch besser.
Der Ich- Erzähler, ein Mann Mitte 40, reist zurück in die schwäbische Provinz, zurück in die eigene Vergangenheit. Mit dabei auf der Reise sind sein 7-oder 8-jähriger Sohn und als drohender Schatten das Familienerbe, das er mit sich schleppt. Die Furcht, so zu enden wie seine männliche Vorfahren: ( Zitat ) „Urgroßvater, Großvater, Vater. Ertränkt, erschossen, erhängt. Zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Pioniere. Ich war noch am Leben.“
Eigentlich könnte er zufrieden sein. Er hat seine provinzielle Heimat verlassen, lebt seit Jahren in Berlin. Auch beruflich ist ihm der Aufstieg geglückt. Er ist Soziologieprofessor, seine Frau erfolgreiche Juristin. Doch er fühlt sich fremd im akademischen Bürgertum, nicht zugehörig.
Nun unternimmt er mit seinem Sohn diese Reise, um ihm zu zeigen, wo er herkommt.
Aufgewachsen in einem kleinen Ort auf der schwäbischen Alb. Die Eltern hatte es nach dem Krieg hierher verschlagen. Die Mutter ist Sudetendeutsche, der Vater stammte aus Brandenburg. Heimisch geworden sind beide hier nicht.
Der Vater, einfacher Arbeiter, war Alkoholiker, der Frau und Kinder schlug. Der Autor sagt von ihm: ( Zitat ) „Der Vater war ein Nazi, bis zu seinem Ende. Keiner von denen, die den Massenmord abstritten. Er war ein richtiger Nazi. Einer, der den Mord gut fand.“
Und : „ Er war kein Rudolf Höß, er war kein Hans Frank, auch wenn er endete wie sie. Er hatte kein Nazi der Tat mehr sein können. Er musste ein Nazi der Meinung bleiben. Ein Mörder nur in der Fantasie und auf dem Wahlzettel.“
Danach folgt das Ergebnis der Landtagswahl in Baden- Württemberg von 1968, in dem die NPD 9,82 % der Stimmen erhielt.
Im Alter von 44 Jahren hat sich der Vater erhängt. Der kleine Sohn findet ihn im Badezimmer.
Schon länger belastet nun den Erzähler die Furcht, so zu enden wie die Männer in der Familie. Aber er will seinem Sohn das Schicksal ersparen, das er erlitten hat. Er würde ihn mitnehmen in den Tod.
Als Leser lebt man nun ständig in der Angst um das Kind.
Bov Bjerg hat mit „ Serpentinen“ einen Roman geschaffen, der manchmal schwer erträglich ist. Trotzdem liest man gebannt weiter und nach der letzten Seite lässt einem das Buch immer noch nicht los. Auch die Sprache und die motivische Struktur machen „ Serpentinen“ zu einem intensiven Leseerlebnis.
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