Weiter zu LA2:
Ich erlebe auch ein ziemliches Auf-&Ab der Gefühle, das Buch ist in jedem Fall mitreißend. Auf S.129 (Stichwort „Grundbedürfnisse“ des Mannes)hätte ich natürlich kotzen können (sorry), die „Mutter“ könnte ich permanent schütteln, das ist, von beiden Eltern aus natürlich, für mein Sozialarbeiterherz mitunter schwer zu ertragendes Versagen, emotionale Verwahrlosung, gepaart, wie die Kinder zum Glück richtig erkennen können, mit emotionaler Erpressung. Gut finde ich, dass dieses Elternversagen nicht wie sonst in der „Minderpriviligiertenschicht“ stattfindet, sondern im besten Viertel Salzburgs. Symbolisch einfach, aber zutreffend, dass im Notfall keiner der Elternteile, sondern nur der Bruder erreichbar ist. Dem ich eine glückliche Beziehung wünsche, was leider nicht sehr realistisch ist - das sah man bei Zoey & Stefan gut, sie ist völlig beziehungsunsicher, vor allem auch über ihre eigenen Bedürfnisse...immerhin macht sie Schluss. Nur, ob Jonathan der bessere Partner sein kann? Glaub ich eher nicht.
Mit Zoey kann man absolut mitleiden, wie sie am Abschnittende erkennt, dass Fred ihr „was genommen hat“, ja, sehr traurig...genau wie die Geschichte der Briefeschreiberin, die ja wohl auch das Thema Vergewaltigung beinhaltet. Wieso Zoey die Briefe liest, ist jetzt spätestens klar, wieso Wenger sie liest, kann man jetzt ahnen, erklärt wurde das bisher aber wenig, so, als lese er sie nur aus Langeweile?
Die Rollen von Eltern und Kinder sind vertauscht, (ein sich leider zunehmend verbreitendes Phänomen, da es immer öfter mit Jugendwahn und Erwachsenenegoismus gepaart ist) es geht aber wohl mehr um Mann-Frau als um Eltern-Kind, die Verwischung der Rollengrenzen finde ich interessant, vlt gibt es da ja real auch einen Zusammenhang...dann aber auch Parallelen zwischen Zoeys Erlebnis und den Erfahrungen der Briefeschreiberin, die als „gestandene Frau“ beschrieben wird. Insgesamt kommt da eine Palette an „Frauentypen/rollen“ zusammen, die in verschiedener Weise vom männlichen Machtgehabe verletzt werden können, das Mädchen, die Geliebte, die betrogene Ehefrau, die ältere Frau, die Youtuberin usw....in Nebensätzen streift die Autorin überdies noch alle möglichen Themen, bei der Bloggerin, die JojoM.-Romane mit Heißgetränken bloggt, musste ich ja grinsen, den Humor hier mag ich sehr. Und an anderen Stellen möchte ich protestieren, dass es so schlimm doch auch wieder nicht ist!
Mich persönlich erschreckt z.B. doch ein bisschen die All-Präsens der Medien im tgl.Leben der verschiedenen Agierenden. Ok, ich bin älter als die Protagonisten, und nutze SM sicher anders als Jüngere (und sehe es vlt auch besonders kritisch). Aber soll das Verhalten der Protagonisten typisch sein, ist SM wirklich schon so deutlich verankert im Alltag, wie es in dieser Familie geschildert wird? Bisher habe ich das doch für eher extrem gehalten, hier wirkt es wie der „Normalfall“.