Rezension Rezension (4/5*) zu Die drei Leben der Hannah Arendt von Ken Krimstein.

ulrikerabe

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14. August 2017
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Wien
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die drei Leben der Hannah Arendt von Ken Krimstein
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Biographie und Philosopie kompakt

Philosophin, Deutsche, Jüdin: es sind drei Leben die Ken Krimstein in eine Graphic Novel über die „Jahrhundertdenkerin“ Hannah Arendt erzählt. Vor, während, nach dem Krieg. Über die Kindheit, die Flucht 1933 über mehrere Länder nach Frankreich ins Exil und ihrem Leben in den Vereinigten Staaten. Es ist ein Leben vieler Widersprüche und Wandlungen. „zu früh, zu wütend, auf so einschüchternde Weise klug, zu jüdisch, nicht jüdisch genug.“
Der Autor, Dozent und Cartoonist Ken Krimstein zeichnet Hannah Arendts Geschichte mit leichtfüßigen oft skizzenhaften Bildern, die mit der Verbindung zum Text oft an Tiefe und Schärfe gewinnen. Typisch für eine Graphic Novel ist die Sprache oft lapidar, süffisant, ironisch. Unaufgeregt, selbst bei den schwierigsten Entscheidungen und Bedingungen.
Für wen ist diese Graphic Novel gemacht, fragte ich mich. Ist es ein bisschen „Philosophie für Dummies“, eine Einführung in das Denken Hannah Arendts? Da steigt man schon aufgrund der Fülle an erwähnten Zeitgenossen, Wegbegleitern, Richtungsweisenden Hannah Arendts aus, die man ohne Vorwissen nicht immer einzuordnen weiß. Ist es dann ein Gustostückchen für Kenner und Kennerinnen, die neben der Philosophie an Trivialia interessiert sind? Ganz einordnen kann ich das Buch noch immer nicht am ehesten als unterhaltsamen Abriss der Biographie und Philosophie Hannah Arendts. Oder wie der Autor es selbst bezeichnet: Eine „Interpretation des Lebens und biografische Fiktion…“
Was mich eigentlich verwundert bis gestört und den Unterhaltungsfaktor geschmälert hat, war rückwirkend die Bezeichnung des ersten Kapitels „Das Leben der kleinen Hannah“, das sich wohl zunächst mit der Kindheit Hannah Arendts beschäftigte, aber bis zu ihrem Studium und ihrer Heirat führte. Die „kleine“ Hannah war da schon längst erwachsen. Überhaupt ist es eine sehr männliche Sicht auf Hannah, die sich auch sehr stark auf ihren Lehrer Martin Heidegger richtet. Heidegger, hier, Heidegger da. Heidegger im Supermankostüm, während Frau Arendt mit zerzaustem Haar im Unterkleid abgebildet ist.
Der letzte Teil der Graphic Novel beschäftigt sich unter anderem mit Hannah Arendts Rolle im Prozess gegen Eichmann. „Die Banalität des Bösen“ umstritten, kontrovers und viel diskutiert.
Dieser Teil konnte mich wiederum für die Graphic Novel einnehmen und war für mich Anlass genug, ein wenig mehr über Hannah Arendts Werk und Denken erfahren zu wollen.


von: Florian Illies
von: Bernhard Schlink
von: Alfons Schweiggert
 
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