7. Leseabschnitt: Sechstes Buch - Die Witwe und die Ehefrau (S. 707 - 843)

MRO1975

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Mit der Ehefrau ist Rosamond gemeint, deren teurer Lebensstil gemeinsam mit den Ausgaben für Haus und Möbel Lydgate in finanzielle Probleme stürzt. Es wird deutlich, dass sie sich nicht mehr leisten können, so weiterzumachen wie bisher.
Diese Szenen einer Ehe haben etwas. Die beiden laufen auf ihren Untergang zu und man kann einfach nicht wegsehen.
 

MRO1975

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Sehr gut an dem Abschnitt, als Fred zur Garth findet, haben mir die Gedanken über die Eisenbahn gefallen, wo deutlich wurde wie (manchmal auch zurecht) skeptisch Forschritt gesehen wird.
Den Abschnitt fand ich auch super. Man ersetze Eisenbahn durch Windräder oder Hochspannungsleitung und die Szenen hätten zum Teil heute spielen können.
 

MRO1975

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Fred "wollte - wie die meisten jungen Gentlemen - eine Beschfäftigung, die aller Unannehmlichkeiten bar war." (S. 751) Auch hier wieder eine "Weisheit", die die Zeiten überdauert hat.
Die Aussage habe ich auch markiert. Woher kommt die Einbildung, dass andere Leute einem Geld für etwas bezahlen, das nicht mit Mühe oder Unannehmlichkeiten verbunden ist? Das ist wie die teils zu beobachtende Vorstellung, dass Wasser aus der Wand kommt und Geld monatlich ohne weiteres Zutun auf dem Konto erscheint...
 

MRO1975

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Rosamond geht es doch IMMER und EINZIG um ihre eigenen Interessen, in diesem Fall der extremen Selbst-und Eigenliebe unter Mißachtung ALLER ANDEREN Gefühle, wie Rücksicht, Freundschaft, ja sogar ihre erste SS setzt sie leichtfertig auf`s Spiel, nur um ihren Kopf durchzusetzen... UND? zu welchem Preis? Es gibt eine Fehlgeburt, was soll´s... In diesem Fall würde ich jetzt mal vorsichtig das Wort Narzismus in den Mund nehmen wollen.
Dieses Wort hatte ich bzgl. Rosamond auch im Kopf. Wenn hier jemand nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, dann Rosamond. Sie hält sich für unantastbar und hat die Wahrheit gepachtet...
 

MRO1975

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Sie will ihren Schmuck hergeben
Wollte sie nicht. Sie hat den Schmuck nur angeboten, weil sei fest damit rechnete, dass Tertius ihn nicht nehmen würde. Ihre Frage, was sie denn tun könne, war ja wohl allenfalls rhetorisch gemeint und die Erzählerin merkt zu recht an, dass man diesen Satz mit sehr unterschiedlicher Intonation sprechen kann. R hat ihn neutral gesagt, also m.E. keine richtige Frage gestellt.
 

MRO1975

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In meinen Augen sind der Autorin nur wenige Figuren richtig gut gelungen. Viele sind gebrochen in ihrer Glaubwürdigkeit und sind für mich nur Kasperlefiguren. Die Stärke des Romans liegt woanders.
Das sehe ich völlig anders. Die Figuren sind sehr authentisch, gerade weil sie sich teils so schwer charakterlich einordnen lassen. Fast alle habe gute und schlechte Seiten in unterschiedlicher Gewichtung - wie im wahren Leben.
 

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wählt er dennoch den Weg der Wahrheit und der Wiedergutmachung.
... Ich habe so den Verdacht, dass er diesen Weg wählt, weil er glaubt, dass er dadurch öffentlicher Schande und vor Achtung aus dem Weg gehen kann. Und das scheint ja auch zu gelingen. Es sieht nicht danach aus, als würde Will mit seinem neuen Wissen hausieren gehen…
 

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Stolz - ist ein echter Hinderungsgrund in dieser Story.
Wie wertet ihr ihn ? Im Buch und generell?
... ich denke, Stolz ist etwas, das man durchaus manchmal überwinden sollte, weil er häufig aufgrund eines mangelnden Selbstbewusstseins entsteht und weil er einen oft zu Unrecht hemmt und hindert. Manche Menschen meinen, dass sie aufgrund ihres Stolzes nicht um Hilfe bitten können. Das ist natürlich völliger Quatsch und die waren Ursachen liegen woanders.

Mit Ehrgefühl, das ich eher mit Würde und Aufrichtigkeit verbinde, verhält es sich meines Erachtens anders.
Ein falsch verstandenes und falsch ausgelegtes Ehrgefühl ist aber gefährlich und kann zu falschen und schlimmen Taten führen (Ehrenmorde!).

Kurzum: Stolz und Ehrgefühl sind für mich nicht das gleiche und bei beiden gibt es gesund und richtig wie krankhaft und falsch verstanden.

Das muss meines Erachtens differenziert betrachtet werden. Allgemein gültige Aussagen sind da schwierig. Individuelle Betrachtungen sind unbedingt notwendig.

Was Will‘s Entscheidung anbelangt, das Geld nicht anzunehmen, habe ich Verständnis. Ich kann es nachvollziehen. Er will seine „weiße Weste“ mit diesem Geld nicht beschmutzen.
Auf Seite 817 gibt es einige Hinweise dafür, dass B. durchaus klar war, dass seine Geschäfte nicht sauber waren. Das hat er billigend in Kauf genommen. Für mich ist seine Gläubigkeit und Religiosität Heuchelei. Er wäre gerne gläubig und religiös, ist aber eher ein Heuchler und Opportunist.
 

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Eine schöne Metapher, die Caleb Garth verwendet: „Das Vieh mag eine schwere Last tragen, aber es hilft ihm nichts, sie in den Straßengraben zu werfen, wenn ein Teil dieser Last das eigene Futter ist.“ (Seite 743)... solche setze muss ich immer mehrfach lesen. Sie sind einfach wahr, einprägsam und schön.
 

SuPro

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Es war für mich so berührend, wie Mr. Garth sich für Fred und die Liebe zwischen Fred und Mary einsetzt.
„ Ich sage dir, das Seelenheil dieses jungen Mannes liegt in meiner Hand; und ich werde mein Bestes für ihn tun, so wahr mir Gott helfe! Es ist meine Pflicht, Susan.“ (S. 749)
Ich bewundere und mag Mr. Garth, den ich als tüchtigen, besonnenen, menschenfreundlichen und gerechten Mann einschätze.
 

SuPro

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Meine unterschwellige Sympathie für Fred wird im Verlauf deutlicher. Ein zunächst selbstbezogener, unbedachter, eigensinniger und verwöhnter Hitzkopf, der aufrichtig geliebt hat und liebt und nun aufgrund von Erfahrungen auf den rechten Weg gelangt. Eine Entwicklung die man nicht selten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen feststellen.

Dass Fred diesen Weg geht (nicht Priester sein, sondern Angestellter von Mr Garth, sich für Mary entscheiden) obwohl ihm die Missbilligung seines Vaters und der gesellschaftliche Abstieg bereits im Voraus bewusst waren, finde ich mutig und bewundernswert.

Ich bin echt gespannt, wie es mit ihm weitergeht. Und auf alles andere bin ich auch gespannt.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Für mich ist seine Gläubigkeit und Religiosität Heuchelei. Er wäre gerne gläubig und religiös, ist aber eher ein Heuchler und Opportunist.

Ja. Das stimmt. Mr. Bulstrode ist eine der Figuren, die ich als hingebrochen bezeichnen würde - damit es passt. Ich glaube ihr aber nicht (der Figur).