Rezension Rezension (5/5*) zu Lockendes Gold, von Jack London.

Tiram

Bekanntes Mitglied
4. November 2014
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Die Geschichte lockt uns in das Yukon Territory, nach Kanada. Mitten hinein in das Goldfieber im Jahre 1893. Daylight, mit richtigem Namen Elam Harnish, ist ein sympathischer Kerl. Alle mögen ihn. Wenn er feiert, macht er die ganze Nacht zum Tag und schmeißt Runde um Runde. Es scheint, als wenn er alles könnte. Er ist stärker als jeder andere Mann und gewinnt jede Tanzwette. Die Frauen mögen ihn, doch er lässt sich nicht einfangen. Jedermann vertraut ihm. Als er in das Goldgeschäft einsteigt und sich seine ersten Claims zulegt, hat er ein glückliches Händchen. Er schaut voraus – sieht, was an Infrastruktur nötig ist, wenn der Goldrausch so richtig beginnt und die Massen an Goldsuchern hier auflaufen. Er leiht sich Geld, investiert und während ihn einige noch für verrückt halten, macht er mehr und mehr Gewinn.

Eine einzige Frau, Freda, war Daylight richtig sympathisch, weil sie ihre Finger nicht nach ihm ausstreckte. Ausgerechnet sie trieb eines Tages im Fluss und als er sie gerettet hat, fragte sie ihn zornig, warum er das getan habe.
In der Folgezeit erfuhr er, dass sie sich wegen eines Mannes, den sie mal geliebt hatte, umbringen wollte:

„Das war der Grund – die Liebe. Sie war an allem Übel schuld. Sie war schrecklicher als die Kälte und die Hungersnot. An sich waren die Frauen ganz gut, nett anzuschauen und liebenswert; aber dann kam diese sogenannte Liebe und traf sie bis ins Mark, machte sie so unvernünftig, daß man nicht wußte, was sie als Nächstes tun würden. Diese Freda war eine prächtige Frau, wohlgewachsen, schön und beileibe keine Närrin; aber dann war die Liebe gekommen und hatte ihr die Welt verleidet, hatte sie hierher an den Klondike verschlagen und mit solcher Gewalt zum Selbstmord getrieben, daß sie den Mann über alles haßte, der ihr das Leben gerettet hatte.“ –Seite 135/136

Dann kam der Tag, an dem Daylight der langen arktischen Jahre überdrüssig wurde. Er war auf die Außenwelt gespannt, „die große Welt, von der er andere Männer hatte reden hören und von der er so wenig kannte wie ein Kind“ (Seite 141).
Er machte alles zu Geld, er besaß mittlerweile Millionen, und gab seinen Abschied, bei dem die Nacht wieder zum Tag gemacht wurde.

Und so kam er in San Francisco an. Niemand kannte ihn. Monate beobachtete er, wie das Spiel ums Geld funktionierte. Das System begriff er schnell und er schaute, wie die Mitspieler miteinander umgingen. Und obwohl er gut aufgepasst hat, wurde er von dreien so richtig aufs Glatteis geführt und in die Pleite gestürzt. Doch Daylight wäre nicht Daylight, wenn er sich nicht zu wehren wüsste, und so ersann er einen Plan und war wieder mit im Spiel.
Er führte ein eigenes Büro und nahm sich eine Sekretärin, in die er sich mit der Zeit verliebte. Wie das geschah, auf was für eine Geduldsprobe er von ihr gestellt wird und ob sie wirklich ein Pärchen werden, das lest selbst. Sie ist jedenfalls eine harte Nuss für ihn.

Jack London ist mir richtig sympathisch, er hat das Herz am rechten Fleck. Und was er über Angestellte und Arbeitnehmer, über Arm und Reich schreibt, zeigt mir, dass sich im Prinzip in der Welt nichts geändert hat. Bei all den Siegen, die wir vielleicht zu meinen erreicht haben, es ist immer noch dasselbe Spiel.

Ein Blick in die Originalausgabe: https://archive.org/details/burningdaylight00lond/page/n7


 
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