Rezension Rezension (4/5*) zu Die Altruisten von Andrew Ridker.

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Buchinformationen und Rezensionen zu Die Altruisten von Andrew Ridker
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Zynismus und Witz vom Feinsten

Der Roman „Die Altruisten“ ist das Debüt des Amerikanischen Autors Andrew Ridker, das er mit 25 Jahren schrieb und dem man weder den Erstling noch die Jugend des Autors anmerkt. Es ist ein dichter, schräger und lakonischer Roman um Arthur Alter und seine Familie.

Die Geschichte beginnt mit einem Paukenschlag, ein Hausbrand, der gleich zu Beginn zeigt, dass Streit um Nichtigkeiten essentieller ist als sinnvolles Handeln. Arthur Alter, dessen Name schon den Altruismus in sich trägt, strebt danach, ein guter Mensch zu sein. Doch wie bereits zu Beginn des Romans verstrickt er sich in Nichtigkeiten bis hin zur Lächerlichkeit, als er als junger Mann voller Idealismus in Simbabwe Entwicklungshilfe leistet. Ausgerechnet Toilettenhäuschen baut er in abgelegenen Dörfern, und anstatt zu helfen bringt er dadurch Krankheit und Tod. Ersteht damit als Sinnbild für Menschen, die dringend Bestätigung brauchen: wenn es vor der eigenen Haustür oder im normalen Job nicht klappt - ab ins Armenviertel und irgend etwas tun, Hauptsache Aktionismus, der bemerkt wird.
Gleichzeitig bettet Andrew Ridker Arthurs Narzismus äußerst kritisch in größere Zusammenhänge ein. Er bringt den Afrikanern eine tödliche Krankheit, indem er in bestehende und funktionierende Strukturen eingreift und sein System (Toilettenhäuschen) baut, ohne dass es ausgereift ist oder ohne Beachtung der Gegebenheiten. Das ist ein Paradebeispiel für die Überheblichkeit des Westens gegenüber alten Kulturen. Im Roman finden sich viele Beispiele, bei denen die Familiengeschichte für derartige kritische Ansätze herhält, die Schicksale und Befindlichkeiten der Einzelnen als zynische Kritik zu sehen ist.

Arthurs „Heldentat“ läßt ihn später mutlos und bitter werden, als Professor für Ingenieurwesen ohne Festanstellung, als wenig an seinen beiden Kindern Ethan und Maggie interessierter Vater. Und er hat seine als Psychiotherapeutin erfolgreiche Frau, die den Löwenanteil des Familiären Einkommens erbringt und Arthur sich dadurch noch mehr in die Versagerecke gedrängt fühlt. Die Ehe mit Francine zerbröckelt, und als sie frühzeitig an Krebs stirbt vererbt sie ihr Vermögen an die beiden Kinder.

Andrew Ridker erzählt die Familiengeschichte mit Rückblicken aufgehängt an Arthurs finanzieller Situation in der Gegenwart, die ihn auf seine Kinder hoffen läßt, um sein Haus erhalten zu können. Er lädt Maggie und Ethan zu sich ein, um sie um Geld zu bitten. Der Versuch, die beiden um den Finger zu wickeln scheitert kläglich und ebenso lächerlich. Ethan, früher erfolgreicher Unternehmensberater, der mittlerweile sein Geld durchgebracht und in Einsamkeit und Suff in einer viel zu teuren Wohnung in New York sitzt, wird von Arthur ins Ballett „Schwanensee“ geschleppt, um Verständnis für die Homosexualität seines Sohnes zu mimen. Ebenso komisch und berührend ist auch sein Versuch der Annäherung an seine Tochter Maggie, die trotz ihres geerbten Treuhandfonds geradezu ärmlich lebt und nur ethisch korrekte Arbeit ausführen möchte.

Letztlich überspitzt der Autor seine Figuren, insbesondere Arthur, mit viel Sarkasmus, der sich wie eine Decke über die Geschichte legt. Er kritisiert auf lächerlich komische Weise das schnöde Geld, an dem sich der Roman letztlich entlang hangelt, die Ungerechtigkeit gegenüber Frauen und das Leben jenseits jedes Maßes ohne Folgen, wie Arthur und Ethan es führen. Mir gefällt ganz ausgezeichnet, dass Ridker seinen Leser nicht direkt darauf stößt, sondern über den Umweg einer Familiengeschichte mit völlig überzeichneten und verrückten Figuren agiert.
Und für mich hat das ganz ausgezeichnet funktioniert, ich habe das Buch sehr gerne gelesen.


 
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