Rezension Rezension (5/5*) zu Der unsichtbare Roman von Christoph Poschenrieder.

Renie

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19. Mai 2014
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Buchinformationen und Rezensionen zu Der unsichtbare Roman von Christoph Poschenrieder
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Es waren die Freimaurer

Das kann doch nicht wahr sein: Die Geschichte, die Christoph Poschenrieder in seinem Buch "Der unsichtbare Roman" erzählt, klingt so verrückt, dass sie ein Hirngespinst sein muss. Ist sie aber nicht. Denn der Autor macht in seinem aktuellen Roman das, was er immer macht und bis zur Perfektion beherrscht: er greift ein historisches Ereignis auf, und nimmt es zum Thema für ein Buch. Dabei hält er sich streng an die historischen Vorgaben, die sich aus seiner Recherchearbeit ergeben haben.
Bei Poschenrieder muss es kein Großereignis sein. Auch die kleinen Dinge, die am Rand der großen Ereignisse stattfinden, können unglaublich spektakulär sein. Wie Poschenrieder in "Der unsichtbare Roman" unter Beweis stellt.
Diesmal wird ein Schuldiger für den 1. Weltkrieg gesucht und gefunden. Nichts einfacher als das. Ein Bevollmächtigter der deutschen Regierung sucht den Kontakt zu dem Bestseller-Autoren Gustav Meyrink. Er beauftragt ihn damit, einen Roman zu schreiben, der die Schuldigen für den Ausbruch des 1. Weltkriegs benennt: die Freimaurer. Einer muss schließlich schuld sein. Und die Riege der Freimaurer, deren Mitglieder einflussreiche Positionen in Politik, Wirtschaft und sonst wo bekleiden, bieten sich an. Denn die Freimaurer waren schließlich immer in irgendeiner Weise in irgendwelche Themen involviert, die die Welt bewegen. Warum nicht auch dieses Mal?
Auch wenn Meyrink sofort begreift, dass diese Anschuldigung jeglicher Grundlage entbehrt und seine literarische Kunst für Propagandazwecke der Regierung missbraucht werden soll, nimmt er das Angebot an. Schließlich gilt es, seinen teuren Lebensunterhalt und den seiner Familie zu finanzieren. Da muss man als ernsthafter Schriftsteller auch mal über seinen Schatten springen.
Doch dem ernsthaften Schriftsteller stehen sein Gewissen und seine Schriftsteller-Ehre im Weg. Meyrink fällt es schwer, eine passende Geschichte aus dem Ärmel zu schütteln. Und so quält er sich durch die Wochen und hält seine Auftraggeber hin. Doch am Ende wollen diese Ergebnisse sehen.

Christoph Poschenrieder lässt die Geschichte um den "unsichtbaren Roman" in den Jahren 1917 und 1918 stattfinden. Der 1. Weltkrieg ist in vollem Gange. Aber das Deutschland von Poschenrieder bekommt nicht viel davon mit. Man sollte meinen, dass der Krieg woanders stattfindet. Wären da nicht diese kleinen Momente in diesem Buch, die wachrütteln. Das kann z. B. eine Zugfahrt neben einem Soldaten sein, der seinen Heimaturlaub beendet hat und nun wieder an die Front muss, oder ein Krankentransport auf der Durchreise. Durch diese kleinen Dinge holt Poschenrieder den Krieg in seine Geschichte und macht den ernsten Hintergrund seiner Possengeschichte überdeutlich.
Apropos Possengeschichte: Poschenrieders Sprachstil trägt dazu bei, dass man diesen Roman als unglaubliche Posse wahrnimmt. Denn er erzählt die Geschichte um Meyrink und seinen Nöten um seine Auftragsarbeit mit einem herzerfrischenden schelmischen Augenzwinkern.
Das macht einfach nur Spaß.

Mein Fazit:
Bei dem Poschenrieder kannst du was lernen, und es macht auch noch Spaß!

Leseempfehlung!

© Renie