1. Leseabschnitt: Kapitel 1 (Anfang bis S. 37)

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.803
5.061
49
Aber was ist Reversalismus? Google findet dieses Wort nur bei McEwan in diesem Roman - eine Wortneuschöpfung also.

Ich habe die Worte "Rückdreher" und "Vordreher" auch als Wortneuschöpfung interpretiert und war mir nicht sicher, ob das menschliche Sprache sein soll oder die Ausdrucksweise der Kakerlaken. Bin aber, ehrlich gesagt, nicht so firm mit den Termini der englischen Politiksprache.

Allein schon die Tatsache, das Ian McEwan dieses Insekt gewählt hat, löst in mir ja schon Spekulationen hervor.

Ja, das ist sehr bezeichnend, dass er ein Tier wählt, das gemeinhin als abstoßend angesehen wird. Das ist schon als Beleidigung (nicht bloß Satire) der englischen Politiker zu bewerten. Kakerlaken fressen Exkremente, leben im Unter- und Hintergrund usw. Man hätte wirklich ein schmeichelhafteres Tier wählen können. Ich hoffe, McEwan treibt es im Weiteren nicht allzu sehr auf die Spitze.

Ein wenig fremdele ich mit dieser allwissenden Kakerlake.

Da holpert es aus meiner Sicht: woher weiß das Insekt (oder der Käfer) das alles. Gibt es einen "göttlichen" Plan, nach dem nicht nur das Rasieren eingegeben ist, sondern auch politische Strategien?

Mir geht es auch so. Dass sie über aktuelle Geschehnisse im Bilde ist, weil sie im Westminister-Palast wohnte, erscheint mir noch schlüssig. Aber ansonsten läuft mir alles doch eindeutig zu glatt.
 

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.803
5.061
49
Nach dem ersten Kapitel bin ich mir, ehrlich gesagt, noch nicht so ganz sicher, was ich von der Novelle bisher halten soll. Die Grundidee gefällt mir gut. Und die Stelle mit der Schmeißfliege und dem Niesen fand ich einfach köstlich. Ansonsten gibt es bei mir aber noch viele offene Fragen und ich bin mir noch nicht sicher, wie schlüssig ich das Ganze finden soll. An manchen Stellen habe ich noch etwas Probleme mit dem Verständnis und mit der Logik. Ich hoffe, dass das eine und andere auf den folgenden Seiten noch klarer wird.
 

Amena25

Aktives Mitglied
23. Oktober 2016
695
882
44
Am Ende dieses LA muss ich sagen, dass mir darin vieles ein wenig zu schnell geht. Das Aufwachen der Kakerlake als Mensch, dem Kafka, an dessen "Verwandlung" man unweigerlich denken muss, hat seinem Gregor Samsa dabei sehr viel Zeit und Muße für das Erkennen eingeräumt. Bei McEwan muss der Mensch direkt ran. .

Das fand ich auch etwas schade und eine vertane Chance.
Die ersten Geh- und Sprechversuche sind noch sehr anschaulich und originell beschrieben, z.B. das erste Gespräch mit seiner persönlichen Referentin fand ich echt witzig! Doch dann ist Jim Sams von den echten Menschen nicht mehr zu unterscheiden.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Hhmm, da scheint aber jemand unzufrieden mit dem politischen Geschehen zu sein. … o_O

Ich würde jetzt gern einmal in die britischen Zeitungen schauen wollen, wäre direkt interessant wie dieses Buch wohl da ankommt. :p:D

Die Verbindung zu Kafka, die hier gezogen wird ist interessant. Bin gespannt wie die Geschichte weitergeht, um einen vollkommenen Vergleich zu wagen.

Interessant finde ich die scharfe Zunge, die hier durchschimmert. Und sie gefällt mir! Sehr sogar.

Ebenso interessant finde ich die Aussage, dass die meisten Politiker, wie auch der Premierminister, Kakerlaken sind. Außer der Außenminister, der Verräter an des Premierministers Seite. Wenn ich den Premier mit Johnson verbinde, wird der Außenminister wohl Jeremy Hunt sein, Dominic Raab entspringt doch wohl dem gleichen Lager wie Johnson und wird hier nicht gemeint sein. Es ist schade, dass man nicht alles politische sofort verbinden kann.

Ebenso interessieren mich die Erklärungen zu Reversalismus Vordreher und Rückdreher.

Ian McEwan macht hier sehr deutlich wie er zu einigem Geschehen in England steht, dies geschieht platt, ja, aber wenn ich mir so einiges Geschehen in England vor Augen führe, so ist auch dieses recht platt. Leider! Und hat Folgen. Nicht nur für England.

Die Ausführungen wie Sams erwacht und seinen neuen Körper erkundet und aus Kakerlakensicht beschreibt sind interessant. Wenn man bedenkt wie wir Menschen uns selbst wahrnehmen und über anderes Leben urteilen, ist diese Formulierung nur gerechtfertigt. Und wer weiß wie Tiere wirklich über uns denken? Dieses Beschreiben geht zwar sehr schnell, aber die Hauptbotschaft dieses Buches wird ja eine andere sein, mal sehen, was hier noch so kommt.

Bin neugierig, also auf zum zweiten Leseabschnitt!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ich fand die Idee der umgekehrten Verwandlung echt cool. Und dann noch im Körper des Premierministers. Und so sehr wohl fühlt er sich da erstmal nicht, aber das Kabinett ruft also reißt er sich am Riemen, um die Welt wie wir sie kennen zu retten.
Zwar verstehe ich das mit den Vordrehern und Rückdrehern noch nicht so richtig, aber das Konzept hat was. Das mit dem Reversalismus war mir auch fremd. Vielleicht wäre es für Leser, die nicht so eine genaue Kenntnis vom britischen System haben, nicht schlecht, einige Erklärungen zu bekommen. Oder die kommen im Buch noch.
Als dann auch noch rauskommt, dass die meisten Kollegen auch verwandelt sind, köstlich.
Kakerlaken an die Macht. :)
Das ging mir ähnlich! Auch ich fand diese Schilderung köstlich. Vor allem frage ich mich wie dieses Buch wohl in England aufgenommen wird/wurde.
 
  • Like
Reaktionen: parden
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Jedenfalls ist der Blick auf die Politik schon einmal kein guter.
Ja, das ist sehr bezeichnend, dass er ein Tier wählt, das gemeinhin als abstoßend angesehen wird. Das ist schon als Beleidigung (nicht bloß Satire) der englischen Politiker zu bewerten. Kakerlaken fressen Exkremente, leben im Unter- und Hintergrund usw. Man hätte wirklich ein schmeichelhafteres Tier wählen können. Ich hoffe, McEwan treibt es im Weiteren nicht allzu sehr auf die Spitze.
Das ist schon sehr heftig! Und sicher nicht vollkommen gerechtfertigt! Aber Kultur/Satire darf alles, dass darf man nicht vergessen. Und wenn man bedenkt, was in Großbritannien so getrieben wird, kann ich das durchaus verstehen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Bei dem Chaos was die da im Parlament die letzten Monate gemacht haben, ist das auch wahrlich kein Wunder, das er damit abrechnet. :)
Stimmt! Hier wird in keiner Weise an die Zukunft eines Landes gedacht! In einer Union ist man stärker und nicht allein, dass ist etwas, was jeder Mensch schon sehr früh lernt. Und dieses Geschehen verwundert und verärgert, wie man sieht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
  • Like
Reaktionen: Querleserin

ElisabethBulitta

Bekanntes Mitglied
8. November 2018
1.316
2.369
49
52
Das ist schon sehr heftig! Und sicher nicht vollkommen gerechtfertigt! Aber Kultur/Satire darf alles, dass darf man nicht vergessen. Und wenn man bedenkt, was in Großbritannien so getrieben wird, kann ich das durchaus verstehen.

Daas Wörtchen "fies" war von mir jetzt auch keinesfalls negativ gemeint, sondern einfach eine Feststellung. Dass Satire oder Spaß keine Grenzen haben (sollten), finde ich zwar nicht, aber an dieser Stelle ist es vollkommen legitim.

Hier habe ich auch kurz pausiert und mich gewundert.

Das fand ich im ersten Teil jetzt auch irgendwie verwirrend.
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Ihr habt vieles schon gesagt. McEwan rechnet hier eindeutig mit dem Politikbetrieb ab.

Mir hat außerdem gefallen, wie die Kakerlake den menschlichen Körper beschreibt. Die Beschreibungen sind köstlich, bspw. der feuchte Fleischkloß in der Mundhöhle, den man besser drin behält, damit er nicht tropft. Oder das verwundbare Fleisch, das widernatürlich außerhalb des Skeletts liegt. Viele Menschen meinen ja, Insekten, insbesondere Kakerlaken, wären eklig. Dabei ist es umgekehrt wahrscheinlich ganz genauso. :)

ja, und nachdem das Buch ja äußerst kurz konzipiert ist, muss die Gewöhnung an den menschlichen Körper sehr schnell erfolgen. Es wäre wohl zu viel Slapstick, wenn der Primeminister aufgrund unkoordinierter Bewegungen durch die Gegend torkelt. Das läge - denke ich - auch nicht in der Absicht des Autors. Deswegen wundert sich die zum Mann gewordenen Kakerlake wahrscheinlich auch nur über seine Zunge....! ;)
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Schon "Okidoki" als erstes menschliches Wort sagt doch sehr viel über das Niveau aus. "Cooler" geht's bald schon nicht mehr.
wer sagt denn überhaupt "okidoki"?
Das zum Beispiel ist eine Stelle, genau so wie bei den "Vordrehern", wo ich mir wünsche erstens besser englisch zu können und zweitens das Buch in der Originalsprache zu lesen.
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Ja, das ist sehr bezeichnend, dass er ein Tier wählt, das gemeinhin als abstoßend angesehen wird. Das ist schon als Beleidigung (nicht bloß Satire) der englischen Politiker zu bewerten. Kakerlaken fressen Exkremente, leben im Unter- und Hintergrund usw. Man hätte wirklich ein schmeichelhafteres Tier wählen können. Ich hoffe, McEwan treibt es im Weiteren nicht allzu sehr auf die Spitze.
Anderseits sagt man Kakerlaken auch extreme Anpassungsfähigkeiten an. Die einzige Spezies, die auch eine nukleare Katastrophe unbeschadet überlebt.
Tja und dann heißen sie auch noch "Cock"roach. Das ist schon sehr präzise und absichtlich.
 

ElisabethBulitta

Bekanntes Mitglied
8. November 2018
1.316
2.369
49
52
wer sagt denn überhaupt "okidoki"?
Das zum Beispiel ist eine Stelle, genau so wie bei den "Vordrehern", wo ich mir wünsche erstens besser englisch zu können und zweitens das Buch in der Originalsprache zu lesen.

Keine Ahnung wer das sagt (außer aus Jux). Aber für mich ist das so ein typisches Ich-will-cool/witzig-sein-Wort ... das einfach nur dämlich ist.
 

parden

Bekanntes Mitglied
13. April 2014
5.854
7.736
49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Ein schnell zu lesender Abschnitt, der dennoch einige Fragen offenlässt. Dass Politiker schlimmer sind als 'Ungeziefer' und besser durch diese ersetzt werden sollten ist schon harter Tobak - aber mir gefällt es. Zumindest allein aufgrund ihres Chitinpanzers haben die Kakerlaken wohl mehr Rückgrat als so mancher menschlicher Politiker... McEwans grimmig-schwarzer Humor trifft bei mir genau ins - Schwarze. Naja...

Ich bin jedenfalls gespannt, was sich der Autor noch so ausgedacht hat und worauf das wohl hinausläuft...
 

ElisabethBulitta

Bekanntes Mitglied
8. November 2018
1.316
2.369
49
52
Dass Politiker schlimmer sind als 'Ungeziefer' und besser durch diese ersetzt werden sollten ist schon harter Tobak -

Das lese ich aus diesem LA nicht heraus. Dass die Politiker durch "Ungeziefer" ersetzt werden sollten, meine ich.Denn dafür beginnt die Regierung der Kakerlake schon viel zu "dumm". Höchstens aus Sicht der Insekten sind die Insekten die besseren Regenten. Und da muss man sagen: Jede Sicht ist subjektiv.