Elaine verändert sich im Verlauf. Während Sie sich am Anfang, um zu gefallen, stetig anpasst und unterwirft, beginnt sie schließlich, sich zu schützen. Sie macht die Schotten dicht. Nach außen, indem sie sich emotional nicht mehr voll auf Beziehungen einlässt, nach innen, indem sie nur noch einen erschwerten Zugang zu ihren Gefühlen hat. Aus diesem Grund wird sie kühl, und empathisch, funktionierend und fast roboterhaft. Das schützt sie davor, immer wieder in die Opferrolle zu geraten, beziehungsweise, sie zunächst auszuhalten, um sich dann schließlich wieder aus ihr frei zu strampeln.
Elaine spricht von Liebe (S. 384). Aber ich kann es nicht recht glauben und schon gar nicht spüren, dass da LIEBE im Spiel ist. Es klingt eher berechnend. „Josef bietet mir…“ (S. 384) und „was John betrifft, so weiß ich, was er mir bietet…“. Ich glaube, dass sie Schwierigkeiten hat, sich wirklich, d. h. liebend, auf eine Beziehung einzulassen, da es o. g. Risiken birgt (Selbstverlust...)
„ Ich beschließe, dass ich ihn liebe.“ (Seite 394). Das sagt doch alles, oder? Kann man wirklich BESCHLIESsEN, zu lieben?!
Sie beschließt also, sich auf ihn festzulegen.
Und was passiert? Genau das, wovor sie eigentlich Angst hatte. Sie gerät wieder in eine Rolle, in der sie zunächst die schwächere Position hat. Er hat Affären. Sie duldet es. Sie begnügt sich.
Sie zieht sich zurück, hört auf zu malen, wird depressiv - „Ich bin untauglich und dumm, ohne Wert. Ich könnte genauso gut tot sein.“
Sie sieht ihr Leben als Scherbenhaufen. (S. 455)
Sie macht einen erfolglosen Siuzidversuch - weil es ihr eine kindliche Stimme befielt. (S. 457)
Sie hat Angst, dass die Stimme ihr immer wieder befehlen wird, Suizid zu begehen... solange bis es klappt... und meint, deshalb Jon und Toronto verlassen zu müssen. (S. 458).
Aber sie ist nicht psychotisch! Die Überzeugung der realen Präsenz fehlt. Es sind eindringliche und intensive, laut gewordene Gedanken: „Ich weiß, dass sie nicht wirklich da war. Ich weiß auch, dass ich sie gehört habe“. (S. 457)
Ich stolpere immer wieder über Elaines Emotionslosigkeit. Wir lesen Beschreibungen und Gedanken, aber wir erfahren nichts oder kaum etwas über Elaines Innenleben oder Gefühle.
Die Autorin vermittelt uns so wieder ganz deutlich, um was es geht:
Innere Leere.
Kaum Kontakt zur eigenen Gefühlswelt.
Funktionieren.
Elaine sagt zwar, dass sie Sara „liebt wie wild“ und dass sie oft wütend ist auf sie. Man liest es, aber man kann es nicht wirklich spüren. Also mir geht’s zumindest so. Elaine wirkt auf mich leblos und maskenhaft.